Uns Deutschen droht schlimmes Ungemach. Wie Sat1 meldet, "warnte" der Vorsitzende der Gewerkschaft Nahrung- Genuss- Gaststätten (NGG), Franz Josef Möllenberg, daß Deutschland sich "lächerlich machen" könne. Der Präsident der Ärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe, verwendete für das drohende Chaos gar das Wort "aberwitzig".
Laut FAZ sagte der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff, man wolle alles daran setzen, "einen Flickenteppich zu vermeiden". Und sein nördliches Nachbarland sieht, wie die Lübecker Nachrichten melden, die Lage ähnlich ernst: ""Wenn Deutschland jetzt in die Kleinstaaterei zurückfallen würde, ... dann wäre das wirklich peinlich", so die schleswig- holsteinische Ministerin für Gesundheit.
Der geneigte Leser, die geneigte Leserin, wird längst erraten haben, welches Schreckens- Szenario diese Funktionäre und Politiker an die Wand malen: Es könnte passieren, daß das Rauchverbot in Gaststätten in den deutschen Ländern unterschiedlich geregelt wird.
Das entspricht der Gesetzeslage nach der ersten Stufe der Reform des Föderalismus. Die die Gaststätten betreffende Gesetzgebung ist durch sie zur Ländersache geworden.
Die Föderalismus- Reform war weithin begrüßt worden. Aber jetzt, da wir diese Reform haben, scheint vielen erst aufzugehen, was wir mit ihr Schreckliches bekommen haben: Was wir tun und lassen dürfen, ist vielleicht demnächst von Bundesland zu Bundesland verschieden. Jedenfalls, sobald wir uns am Tisch eines Restaurants niedergelassen oder den Hocker am Tresen erklommen haben.
Die Angst vor dieser fürchterlichen Perspektive geht um, und sie scheint zuzunehmen.
Vor ein paar Tagen habe ich einen TV-Bericht gesehen, in dem zu diesem Thema der Gast einer Kneipe im Thüringischen befragt wurde. Er saß am Tresen vor seinem Bier und sinnierte darüber, daß er dann ja vielleicht in Thüringen in der Kneipe rauchen dürfe und ein paar Kilometer entfernt, schon im Hessischen, nicht. Und wie solle man immer wissen, ob man nun gerade in Thüringen sei oder in Hessen?
Tja, wie soll man?
Ähnliche Sorgen scheinen die meisten Bundesbürger umzutreiben. Laut gestrigem Politbarometer sprachen sich 80 Prozent der Befragten für eine bundeseinheitliche Regelung des Rauchverbots aus.
In Deutschland, so wird oft behauptet, gebe es eine historisch tief verwurzelte föderalistische Tradition. Das stimmt insofern, als Deutschland buchstäblich über ein Jahrtausend ein Land der Stämme mit ihren Herzögen und Königen, dann ein Land der Kleinstaaten gewesen ist; in der Tat ein "Flickenteppich".
Auch das Bismarck-Reich, auch die Weimarer Republik waren ja in Länder gegliedert. Es gab überhaupt nur zwei Episoden eines deutschen Einheitsstaates; und das waren die beiden schlimmsten in der deutschen Geschichte: Den Nazi-Staat, der die Länder faktisch (aber nicht eigentlich formal) abgeschafft hatte, und den SED-Staat, der sie vollkommen beseitigt hatte.
Woher also dieses blanke Entsetzen angesichts des Gedankens, daß man im einen Bundesland am Tresen seine Camel rauchen darf, im anderen nicht? Ich weiß es nicht; aber es kommt mir so vor, als habe sich, gewissermaßen als Unterströmung, in Deutschland längst ein einheitsstaatliches Denken durchgesetzt. Mir scheint, daß auch hier das gemeinsame Erbe der Nazis und der Kommunisten nicht nur nicht überwunden, sondern noch sehr virulent ist.
"Wozu eigentlich diese Länder? Die kosten uns doch nur Geld. Wir müssen sechzehn Parlamente und Regierungen bezahlen. Die Lehrpläne in den Schulen sind verschieden. Die einen Länder sind reich und die anderen arm. Ohne die Länder ginge es gerechter zu in Deutschland." Ich kenne keine Umfrage, die die Meinung zu solchen Statements gemessen hätte. Aber ich vermute, daß die Zustimmungsquote sehr hoch wäre.
Mit anderen Worten, ich vermute und fürchte, daß wir Deutschen im Grunde keine Föderalisten (mehr) sind. Vielleicht mit Ausnahme der Bayern.
Reden wir nicht vom Föderalismus allgemein und historisch. Reden wir vom Föderalismus in Bezug auf das Rauchverbot. Und erheben wir den Blick, lassen wir ihn schweifen und richten wir ihn auf die USA. Hier ist eine Liste der Rauchverbots- Regelungen in den USA.
In Citronelle, Alabama, ist seit dem 1, März 2006 das Rauchen am Arbeitsplatz, in Restaurants, in Bars, in Tagesstätten und in öffentlichen Parks verboten. In Pell City, immer noch Alabama, ist hingegen das Rauchen seit April 2006 in Restaurants, aber nicht in Bars verboten. In Restaurants ist es erlaubt, wenn der Raucherbereich von dem der Nichtraucher getrennt ist und er eine eigene Abluftanlage hat.
Das war jetzt Alabama; und ich habe es aus Faulheit ausgesucht, weil es oben auf der alphabetischen Liste steht. Der Leser, die Leserin ist eingeladen, die Liste durchzugehen. Bis, sagen wir, West Virginia. Dort gibt es Einschränkungen des Rauchen in unterschiedlichem Umfang, außer in Mingo County, Pocahontas County und Monroe County, wo weiter alle überall rauchen dürfen. Oder bis zu Wisconsin, wo in der Stadt Madison seit dem ersten Juli 2005 Rauchverbote gelten. Aber man ist dort doch so raucherfreundlich, daß "Zigarrenbars" zugelassen bleiben.
So funktioniert Demokratie. Die Bürger selbst entscheiden, was in ihrer Gemeinschaft gilt und was nicht.
Und wem es in einer Gemeinde nicht gefällt, wer deren Gesetze nicht mag, der zieht eben dorthin, wo er sich mehr wohlfühlt.
Kleinstaaterei? Ja, natürlich. Oder, wenn wir es europäisch- gestelzt audrücken wollen: Subsidiarität!
Laut FAZ sagte der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff, man wolle alles daran setzen, "einen Flickenteppich zu vermeiden". Und sein nördliches Nachbarland sieht, wie die Lübecker Nachrichten melden, die Lage ähnlich ernst: ""Wenn Deutschland jetzt in die Kleinstaaterei zurückfallen würde, ... dann wäre das wirklich peinlich", so die schleswig- holsteinische Ministerin für Gesundheit.
Der geneigte Leser, die geneigte Leserin, wird längst erraten haben, welches Schreckens- Szenario diese Funktionäre und Politiker an die Wand malen: Es könnte passieren, daß das Rauchverbot in Gaststätten in den deutschen Ländern unterschiedlich geregelt wird.
Das entspricht der Gesetzeslage nach der ersten Stufe der Reform des Föderalismus. Die die Gaststätten betreffende Gesetzgebung ist durch sie zur Ländersache geworden.
Die Föderalismus- Reform war weithin begrüßt worden. Aber jetzt, da wir diese Reform haben, scheint vielen erst aufzugehen, was wir mit ihr Schreckliches bekommen haben: Was wir tun und lassen dürfen, ist vielleicht demnächst von Bundesland zu Bundesland verschieden. Jedenfalls, sobald wir uns am Tisch eines Restaurants niedergelassen oder den Hocker am Tresen erklommen haben.
Die Angst vor dieser fürchterlichen Perspektive geht um, und sie scheint zuzunehmen.
Vor ein paar Tagen habe ich einen TV-Bericht gesehen, in dem zu diesem Thema der Gast einer Kneipe im Thüringischen befragt wurde. Er saß am Tresen vor seinem Bier und sinnierte darüber, daß er dann ja vielleicht in Thüringen in der Kneipe rauchen dürfe und ein paar Kilometer entfernt, schon im Hessischen, nicht. Und wie solle man immer wissen, ob man nun gerade in Thüringen sei oder in Hessen?
Tja, wie soll man?
Ähnliche Sorgen scheinen die meisten Bundesbürger umzutreiben. Laut gestrigem Politbarometer sprachen sich 80 Prozent der Befragten für eine bundeseinheitliche Regelung des Rauchverbots aus.
In Deutschland, so wird oft behauptet, gebe es eine historisch tief verwurzelte föderalistische Tradition. Das stimmt insofern, als Deutschland buchstäblich über ein Jahrtausend ein Land der Stämme mit ihren Herzögen und Königen, dann ein Land der Kleinstaaten gewesen ist; in der Tat ein "Flickenteppich".
Auch das Bismarck-Reich, auch die Weimarer Republik waren ja in Länder gegliedert. Es gab überhaupt nur zwei Episoden eines deutschen Einheitsstaates; und das waren die beiden schlimmsten in der deutschen Geschichte: Den Nazi-Staat, der die Länder faktisch (aber nicht eigentlich formal) abgeschafft hatte, und den SED-Staat, der sie vollkommen beseitigt hatte.
Woher also dieses blanke Entsetzen angesichts des Gedankens, daß man im einen Bundesland am Tresen seine Camel rauchen darf, im anderen nicht? Ich weiß es nicht; aber es kommt mir so vor, als habe sich, gewissermaßen als Unterströmung, in Deutschland längst ein einheitsstaatliches Denken durchgesetzt. Mir scheint, daß auch hier das gemeinsame Erbe der Nazis und der Kommunisten nicht nur nicht überwunden, sondern noch sehr virulent ist.
"Wozu eigentlich diese Länder? Die kosten uns doch nur Geld. Wir müssen sechzehn Parlamente und Regierungen bezahlen. Die Lehrpläne in den Schulen sind verschieden. Die einen Länder sind reich und die anderen arm. Ohne die Länder ginge es gerechter zu in Deutschland." Ich kenne keine Umfrage, die die Meinung zu solchen Statements gemessen hätte. Aber ich vermute, daß die Zustimmungsquote sehr hoch wäre.
Mit anderen Worten, ich vermute und fürchte, daß wir Deutschen im Grunde keine Föderalisten (mehr) sind. Vielleicht mit Ausnahme der Bayern.
Reden wir nicht vom Föderalismus allgemein und historisch. Reden wir vom Föderalismus in Bezug auf das Rauchverbot. Und erheben wir den Blick, lassen wir ihn schweifen und richten wir ihn auf die USA. Hier ist eine Liste der Rauchverbots- Regelungen in den USA.
In Citronelle, Alabama, ist seit dem 1, März 2006 das Rauchen am Arbeitsplatz, in Restaurants, in Bars, in Tagesstätten und in öffentlichen Parks verboten. In Pell City, immer noch Alabama, ist hingegen das Rauchen seit April 2006 in Restaurants, aber nicht in Bars verboten. In Restaurants ist es erlaubt, wenn der Raucherbereich von dem der Nichtraucher getrennt ist und er eine eigene Abluftanlage hat.
Das war jetzt Alabama; und ich habe es aus Faulheit ausgesucht, weil es oben auf der alphabetischen Liste steht. Der Leser, die Leserin ist eingeladen, die Liste durchzugehen. Bis, sagen wir, West Virginia. Dort gibt es Einschränkungen des Rauchen in unterschiedlichem Umfang, außer in Mingo County, Pocahontas County und Monroe County, wo weiter alle überall rauchen dürfen. Oder bis zu Wisconsin, wo in der Stadt Madison seit dem ersten Juli 2005 Rauchverbote gelten. Aber man ist dort doch so raucherfreundlich, daß "Zigarrenbars" zugelassen bleiben.
So funktioniert Demokratie. Die Bürger selbst entscheiden, was in ihrer Gemeinschaft gilt und was nicht.
Und wem es in einer Gemeinde nicht gefällt, wer deren Gesetze nicht mag, der zieht eben dorthin, wo er sich mehr wohlfühlt.
Kleinstaaterei? Ja, natürlich. Oder, wenn wir es europäisch- gestelzt audrücken wollen: Subsidiarität!