Unlängst schätzte Rocco Landesman bei einer Rede Barack Obama folgendermaßen ein: "This is the first president that actually writes his own books since Teddy Roosevelt and arguably the first to write them really well since Lincoln." Obama sei der erste Präsident seit Theodore Roosevelt, der tatsächlich seine eigenen Bücher schreibt, und man könne sogar die Meinung vertreten, er sei der erste seit Lincoln, der sie wirklich gut schreibt.
Im Ostblock kursierten zu Zeiten des Sozialismus "Radio Eriwan"-Witze. Die Prämisse war, dass bei einem Radiosender (fiktive) Höreranfragen beantwortet wurden - und zwar zunächst mit "im Prinzip ja", gefolgt von Einschränkungen, die dieses ursprüngliche Ja in sein Gegenteil verkehrten. Ein schönes Beispiel:
Was hat Radio Eriwan mit Rocco Landesmans Einschätzung von Barack Obama zu tun?
Leider vieles. John Steele Gordon hat die obige Passage genüsslich auseinandergenommen, und heraus kommt eine Ergebnis wie eine Antwort von Radio Eriwan. Nur ohne das einleitende "im Prinzip ja".
Erstens impliziert Landesman, die Präsidenten Clinton, Bush 41, Reagan, Carter, Ford, Nixon, Johnson, Kennedy, Eisenhower, Truman, Hoover, Coolidge und Wilson hätten dann ja wohl ihre Memoiren, Autobiographien usw. nur von Ghostwritern schreiben lassen, wenn Obama der erste Präsident seit Theodore Roosevelt war, der seine Bücher selbst schreibt. Das ist ein bisschen weit hergeholt, insbesondere in Anbetracht dessen, dass beispielsweise Hoover sechzehn Bücher geschrieben hat, darunter eine Übersetzung der "De re metallica" aus dem Lateinischen. Woodrow Wilson war ein Collegeprofessor, der sein Congressional Government: A Study in American Politics auch nicht von einem Ghostwriter schreiben ließ.
Zweitens erklärt Landesman, wenn er Obama für den ersten guten Autoren unter den Präsidenten seit Lincoln hält, Leute wie Theodore Roosevelt für zweitklassig. Allerdings schrieb Theodore Roosevelt einen ganzen Schwung Bücher, und sein Buch über die Seekriegsaspekte des Krieges von 1812 zwischen Großbritannien und den USA, The Naval War of 1812, wird auch heute noch gedruckt. Wie Gordon so schön fragt: wird The Audacity of Hope auch in 125 Jahren noch verlegt werden?
Dem kann ich nur noch hinzufügen, dass Obama seine Autobiographie Dreams from My Father 1995 schrieb. Es ist ja schön, wenn er das selbst geschafft hat, aber wenn man seine Autobiographie im zarten Alter von 34 Jahren niederschreibt, dann offenbart das nicht unbedingt eine begnadete Feder, aber auf jeden Fall recht deutlich ein gut entwickeltes Selbstbewusstsein. Man könnte auch von Chuzpe sprechen.
Später schreibt dann Herr Landesman noch: "If you accept the premise, and I do, that the United States is the most powerful country in the world, then Barack Obama is the most powerful writer since Julius Caesar. That has to be good for American artists." Wenn man die Prämisse akzeptiere - und das tue er - dass die USA das mächtigste Land der Erde seien, dann sei Barack Obama der mächtigste Autor seit Julius Cäsar. Und das müsse für amerikanische Künstler gut sein.
Das kann man so sehen. Man kann natürlich auch ein mulmiges Gefühl bekommen, wenn Barack Obama mit Julius Cäsar verglichen wird.
Nun können Sie natürlich sagen, das sei doch alles nicht so schlimm. Nicht jeder kann die literarischen Werke der US-Präsidenten im Kopf haben, und ein Redner versteigt sich schon einmal, besonders wenn er nicht vom Fach ist.
Aber Rocco Landesman ist vom Fach. Er ist der frisch von Obama eingesetzte Vorsitzende des National Endowment for the Arts, der Nationalen Kunststiftung, die in den USA Künstler verschiedenster Ausrichtungen finanziell unterstützt. Und selbst wenn Herr Landesman sich als theater guy, als Theatermann bezeichnet, könnte er sich mit dem literarischen Schaffen der US-Präsidenten beschäftigen, bevor er Obama in diese Reihe einzuordnen versucht.
Aber vielleicht ist schriftstellerische Quellenarbeit nicht Herrn Landesmans Hauptqualifikation für den Vorsitz des National Endowment for the Arts. Immerhin muss man in dieser Stellung eher Gelder organisieren. Und das kann Herr Landesman: für Obamas Wahlkampf sammelte er zwischen 50.000 und 100.000 Dollar.
Oh, und Abraham Lincoln? Lincoln hat zwar vieles geschrieben - aber keine Bücher.
Im Ostblock kursierten zu Zeiten des Sozialismus "Radio Eriwan"-Witze. Die Prämisse war, dass bei einem Radiosender (fiktive) Höreranfragen beantwortet wurden - und zwar zunächst mit "im Prinzip ja", gefolgt von Einschränkungen, die dieses ursprüngliche Ja in sein Gegenteil verkehrten. Ein schönes Beispiel:
Frage an Radio Eriwan: Stimmt es, dass Genosse Parteifunktionär Iwan Iwanowitsch unlängst ein Auto in der Lotterie gewonnen hat?
Radio Eriwan antwortet: Im Prinzip ja. Allerdings war es nicht Genosse Iwan Iwanowitsch, sondern Genosse Pjotr Petrowitsch. Und er ist nicht Parteifunktionär, sondern Hausmeister. Und es ging nicht um ein Auto, das er gewonnen hat, sondern um ein Fahrrad, das ihm gestohlen wurde.
Was hat Radio Eriwan mit Rocco Landesmans Einschätzung von Barack Obama zu tun?
Leider vieles. John Steele Gordon hat die obige Passage genüsslich auseinandergenommen, und heraus kommt eine Ergebnis wie eine Antwort von Radio Eriwan. Nur ohne das einleitende "im Prinzip ja".
Erstens impliziert Landesman, die Präsidenten Clinton, Bush 41, Reagan, Carter, Ford, Nixon, Johnson, Kennedy, Eisenhower, Truman, Hoover, Coolidge und Wilson hätten dann ja wohl ihre Memoiren, Autobiographien usw. nur von Ghostwritern schreiben lassen, wenn Obama der erste Präsident seit Theodore Roosevelt war, der seine Bücher selbst schreibt. Das ist ein bisschen weit hergeholt, insbesondere in Anbetracht dessen, dass beispielsweise Hoover sechzehn Bücher geschrieben hat, darunter eine Übersetzung der "De re metallica" aus dem Lateinischen. Woodrow Wilson war ein Collegeprofessor, der sein Congressional Government: A Study in American Politics auch nicht von einem Ghostwriter schreiben ließ.
Zweitens erklärt Landesman, wenn er Obama für den ersten guten Autoren unter den Präsidenten seit Lincoln hält, Leute wie Theodore Roosevelt für zweitklassig. Allerdings schrieb Theodore Roosevelt einen ganzen Schwung Bücher, und sein Buch über die Seekriegsaspekte des Krieges von 1812 zwischen Großbritannien und den USA, The Naval War of 1812, wird auch heute noch gedruckt. Wie Gordon so schön fragt: wird The Audacity of Hope auch in 125 Jahren noch verlegt werden?
Dem kann ich nur noch hinzufügen, dass Obama seine Autobiographie Dreams from My Father 1995 schrieb. Es ist ja schön, wenn er das selbst geschafft hat, aber wenn man seine Autobiographie im zarten Alter von 34 Jahren niederschreibt, dann offenbart das nicht unbedingt eine begnadete Feder, aber auf jeden Fall recht deutlich ein gut entwickeltes Selbstbewusstsein. Man könnte auch von Chuzpe sprechen.
Später schreibt dann Herr Landesman noch: "If you accept the premise, and I do, that the United States is the most powerful country in the world, then Barack Obama is the most powerful writer since Julius Caesar. That has to be good for American artists." Wenn man die Prämisse akzeptiere - und das tue er - dass die USA das mächtigste Land der Erde seien, dann sei Barack Obama der mächtigste Autor seit Julius Cäsar. Und das müsse für amerikanische Künstler gut sein.
Das kann man so sehen. Man kann natürlich auch ein mulmiges Gefühl bekommen, wenn Barack Obama mit Julius Cäsar verglichen wird.
Nun können Sie natürlich sagen, das sei doch alles nicht so schlimm. Nicht jeder kann die literarischen Werke der US-Präsidenten im Kopf haben, und ein Redner versteigt sich schon einmal, besonders wenn er nicht vom Fach ist.
Aber Rocco Landesman ist vom Fach. Er ist der frisch von Obama eingesetzte Vorsitzende des National Endowment for the Arts, der Nationalen Kunststiftung, die in den USA Künstler verschiedenster Ausrichtungen finanziell unterstützt. Und selbst wenn Herr Landesman sich als theater guy, als Theatermann bezeichnet, könnte er sich mit dem literarischen Schaffen der US-Präsidenten beschäftigen, bevor er Obama in diese Reihe einzuordnen versucht.
Aber vielleicht ist schriftstellerische Quellenarbeit nicht Herrn Landesmans Hauptqualifikation für den Vorsitz des National Endowment for the Arts. Immerhin muss man in dieser Stellung eher Gelder organisieren. Und das kann Herr Landesman: für Obamas Wahlkampf sammelte er zwischen 50.000 und 100.000 Dollar.
Oh, und Abraham Lincoln? Lincoln hat zwar vieles geschrieben - aber keine Bücher.
© Gorgasal. Quelle: Craig Newmark. Für Kommentare bitte hier klicken.