23. Oktober 2009

Zitat des Tages: Thilo Sarrazin und ein Käfig voller Feiglinge. Peter Sloterdijk und der Zeitgeist

Denken wir an den entlarvenden Vorgang, der sich vor wenigen Wochen anlässlich einiger kantiger Formulierungen des ehemaligen Berliner Finanzsenators Thilo Sarrazin entwickelt hat: Weil er so unvorsichtig war, auf die unleugbar vorhandende Integrationsscheu gewisser türkischer und arabischer Milieus in Berlin hinzuweisen, ging die ganze Szene der deutschen Berufsempörer auf die Barrikaden, um ihm zu signalisieren: Solche Deutlichkeiten sind unerwünscht. Man möchte meinen, die deutsche Meinungs-Besitzer- Szene habe sich in einen Käfig voller Feiglinge verwandelt, die gegen jede Abweichung von den Käfigstandards keifen und hetzen.

Peter Sloterdijk im November- Heft von "Cicero", auszugsweise zitiert in "Cicero- Online".

Kommentar: Bemerkenswert ist nicht das, was in dieser Passage gesagt wird. Viele haben es so oder ähnlich gesagt; einige dieser Stimmen - die von Hans-Olaf Henkel, Fatina Keilani, Bettina Röhl und Volker Zastrow - habe ich hier vor drei Wochen zusammengestellt (Der "Fall" Thilo Sarrazin: Einige Fakten und Materialien. Über die Freiheit des Wortes und die Liberalität unserer Gesellschaft; ZR. vom 6. 10. 2009).

Bemerkenswert erscheint mir aber, daß es Peter Sloterdijk ist, der das sagt. Kaum jemand hat so ein feines Gespür für den Zeitgeist, für Stimmungen und Trends wie Peter Sloterdijk.

Ich hatte schon in der akuten Phase der Sarrazin- Debatte zunehmend den Eindruck, daß die, wie Sloterdijk sie nennt, "Szene der deutschen Berufsempörer" es nicht mehr so recht fertigbrachte, Andersdenkende mittels dafür geeigneter Etikettierungen hinaus aus dem öffentlichen Diskurs zu befördern.

Wenn jetzt Sloterdijk, der Mann mit dem feinen Sensorium, sich gegen die Sarrazin- Kritiker stellt, dann deutet das wohl wirklich auf einen Wandel des Zeitgeists hin.

Vielleicht war es doch eine List der Vernunft, daß wir uns gerade jetzt eine liberalkonservative Regierung gewählt haben.



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