18. Februar 2009

Kurioses, kurz kommentiert: Kanzler Westerwelle? Nebst Zettels Wahlaussage

Die SPD hat dieses Jahr die besten Chancen, sich weiter an der Regierung zu beteiligen, wenn sie die Flucht in die Offensive antritt und der FDP die Kanzlerschaft anbietet. Westerwelle wird Merkel dann schneller einen Korb geben, als andere bis 18 zählen können. Steinmeier kann Vizekanzler bleiben. Und Klaus Wowereit kann sich warmlaufen für 2013.

Michael Schlieben heute in "Zeit- Online" in einem als "Glosse" rubrizierten Artikel.

Kommentar: Mit "Glossen" ist das so eine Sache. Anders als bei einer Satire kann es sein, daß der Autor ernst meint, was er schreibt. Anders als bei einem richtigen Artikel legt er sich aber nicht fest, ob er es denn ernst meint. Kein unpassendes Format für einen Autor, der sich mit den Fakten schon einmal schwertut.

Wie dem auch sei - natürlich wird Guido Westerwelle, einst im Mai (dem des Jahres 2002) schon einmal "Kanzlerkandidat", so wenig Kanzler werden wie Peter Sodann Bundespräsident.

Derlei Kurioses wie damals diese Kanidatur hat er hinter sich gelassen, zusammen mit dem Guidomobil und den bemalten Schuhsohlen. Guido Westerwelle ist jetzt seriös geworden; so seriös, daß er nicht mit der Wimper zuckte, als Frank (vormals Frank- Walter) Steinmeier ihn bei der kürzlichen Buchvorstellung an jene Zeit der Allotria erinnerte. Nun ja, man war doch auch einmal jung.

Also Spaß beiseite. Hinter der von Schlieben an die Wand gepinselten Kuriosität steckt ein ernsthaftes Problem; vielleicht das ernsthafteste der kommenden Wahlen: Was wird, wenn Schwarzgelb die Mehrheit verfehlt?

Die SPD-Linke wird dann, Steinmeier hin, Müntefering her, die Volksfront versuchen. Sie wird sie versuchen, weil die "Basis" sie ebenso fordern wird, wie sie nach den Wahlen 1998 nach Rotgrün gerufen hat. So laut und so schnell, daß schon in der Wahlnacht die Option einer Großen Koalition, über die Schröder mit Rühe und Schäuble gesprochen hatte, vom Tisch war.

Ob freilich die SPD-Linke stark genug und ihre Spitze entschlossen genug ist, die Volksfront durchzusetzen, ist eine andere Frage. Wowereit hat Zeit; erst recht kann Andrea Nahles gut bis 2013 warten; warum nicht auch bis 2017. Vielleicht wird also die SPD lange schwanken, wird sie Avancen nach dieser und jener Seite machen, wird sie "Schnittmengen ausloten", wie man das in einer seltsam schiefen Metapher gern nennt.



Und was dann? Dann wird sie heranschleichen an die FDP, die Versuchung. Darf man Deutschland der Volksfront überlassen? Muß nicht vielmehr die FDP sich für das Gemeinwesen opfern, über ihren Schatten springen, nolens volens in eine Koalition mit Rot und Grün gehen? In Gottes Namen, um Schlimmeres zu verhüten?

Nein, sie muß nicht. Denn wenn es nicht zu Schwarzgelb reichen sollte, dann wird es zur Fortsetzung der Großen Koalition reichen. Zu einer Koalition, in der CDU und SPD nicht mehr zwei gleichstarke Partner sein würden, sondern in der - falls sich in der Stimmung der Wähler bis zum September nicht noch Dramatisches vollzieht - die CDU der eindeutig stärker Partner wäre.

Die Große Koalition wäre dann die Alternative zur Volksfront. Es wäre die SPD, die gefordert wäre, um des Gemeinwohls willen in eine Koalition zu gehen, die sich nicht gewollt hat. Und nicht die FDP.

Viel wird davon abhängen, ob die FDP sich entschließen kann, eine eindeutige Wahlaussage zu machen: Daß sie nur unter Führung der CDU in eine Regierung eintreten wird. Bevorzugt natürlich als deren einziger Partner. Falls das Ergebnis das nicht erlauben sollte, dann unter Einbeziehung der Grünen.

Wenn die FDP sich so festlegt, dann hat sie am 27. September meine Stimme. Wenn sie in diesem Punkt wackelt, dann werde ich sie nicht wählen. Denn eine Große Koalition unter einer gestärkten Kanzlerin Merkel ist mir entschieden lieber als eine "Ampel" unter dem Kanzler Steinmeier, in der zwei linke Parteien die Richtung vorgeben und in der die FDP allenfalls im Bremserhäuschen hocken würde.



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