Der Geschäftsmann Gerhard Schröder, beschäftigt bei dem russischen Staatskonzerns Gazprom, als dessen Vertreter er dem Aktionärsausschuß der Nord Stream AG vorsitzt - dieser, wie man in Rußland sagt, Businessman also, früher auch einmal als Politiker in Deutschland tätig, hat sich zu Afghanistan geäußert.
Er hat das im gedruckten "Spiegel" dieser Woche getan (7/2009, S. 100f). Der als "Essay" präsentierte Artikel ist im Original im Internet nicht frei zugänglich; aber wie Vieles aus dem gedruckten "Spiegel" kann man ihn in englischer Übersetzung bei Spiegel Online International lesen.
Wäre der Autor nicht einmal ein einflußreicher deutscher Politiker gewesen, dann hätte die Redaktion des "Spiegel" diesen Essay schwerlich zur Publikation angenommen; denn er reiht Platitüde an Platitüde.
Kein einziger origineller Gedanke, keine irgendwie neue oder interessante Information. Das Wissen eines Zeitungslesers, das Räsonnement eines Stammtisch- Strategen ("Ohne Frieden ist Entwicklung nicht möglich"; "Notwendig ist ein übergreifender Ansatz, eine aufeinander abgestimmte Anstrengung in der Sicherheits- und Aufbaupolitik"; "Keiner dieser Konflikte kann isoliert betrachtet werden" - ja, wer hätte das gedacht?).
Was die Redaktion des "Spiegel" veranlaßt hat, für dieses dürftige Werklein Geld zu bezahlen, ist die eine Sache. Interessanter ist die Frage, was den in russischen Diensten stehenden Geschäftsmann Schröder, bisher nicht eben durch publizistischen Ehrgeiz aufgefallen, veranlaßt hat, zur für ihn ungewohnten Feder zu greifen.
Man kann da nur spekulieren. Schauen wir uns immerhin einmal die Tendenz des Artikels an und fragen wir uns: Cui bono?
Die Tendenz ist eindeutig: Schröder plädiert für weniger militärisches Engangement in Afganistan. Erstens allgemein ("... ein Zeitfenster für den Übergang in die Eigenverantwortlichkeit festzulegen, mit dem auch ein beginnender Abzug der internationalen Truppen verbunden ist"). Zweites speziell, was Deutschland angeht ("... kann vor einem Bundeswehreinsatz im Süden Afghanistans nur gewarnt werden").
Was will er stattdessen? "Eine Regionalkonferenz unter Einbeziehung aller Nachbarstaaten Afghanistans, der zentralasiatischen Staaten ebenso wie Chinas, Irans und Pakistans".
Da fehlt doch noch einer? Ja, richtig. Unmittelbar nach dem obigen Satz geht es so weiter: "Auch Russland hat ein elementares Interesse an einem stabilen Afghanistan und zeigt sich kooperativ gegenüber Nato- Anliegen, wie etwa dem sicheren Transport von Material über russisches Territorium nach Afghanistan".
Ja, gewiß doch hat Rußland Interesse an einem stabilen Afghanistan. Vor allem aber hat es Interesse an einem Afghanistan, in dem es seinen alten Einfluß zumindest teilweise wieder zurückgewonnen hat. Also einem Afghanistan, aus dem sich die Nato zurückgezogen hat und in dem dafür Rußland, China, der Iran und Pakistan mitreden. Im deutschen Interesse, im Interesse des Westens freilich liegt das nicht.
Mit dem Amtsantritt der Regierung Obama ist eine neue Runde in der geostrategischen Auseinandersetzung eröffnet, in der Pakistan, Afghanistan, die ex- sowjetischen Republiken Zentralasiens und Osteuropa die kritischen Regionen sind. Gerade ist Rußland mit der Gründung einer schnellen Eingreiftruppe der CSTO in diesem Machtspiel in die Offensive gegangen.
Putins Bestreben, das Sowjet- Imperium in Form von Einflußsphären wieder herzustellen, zielt eben nicht nur nach Osteuropa, sondern (schon die Zaren rangen mit den Briten um den Einfluß in Afghanistan) natürlich auch in Richtung auf den Südosten, von Moskau aus gesehen.
Schröders Botschaft, das militärische Engangement der Nato in Afghanistan solle verringert werden, dürfte von kaum einem Sicherheits- Experten (einem westlichen, meine ich) geteilt werden. Auf die sicherheitspolitischen Ungereimtheiten in dem Artikel weist beispielsweise der "Weblog Sicherheitspolitik" hin: Schröder sieht als verantwortlich für die schwierige Sicherheitslage in Afghanistan an, daß
Und noch ein hübsches Zitat aus dem "Weblog Sicherheitspolitik", das ich auch als Motto über diese "Meckerecke" hätte setzen können:
"Über Gerhard Schröder wird gesagt, er sei der erste Bundeskanzler gewesen, der konsequent für nationale Interessen eingetreten sei. Allerdings seien es nicht immer die deutschen Interessen gewesen."
Er hat das im gedruckten "Spiegel" dieser Woche getan (7/2009, S. 100f). Der als "Essay" präsentierte Artikel ist im Original im Internet nicht frei zugänglich; aber wie Vieles aus dem gedruckten "Spiegel" kann man ihn in englischer Übersetzung bei Spiegel Online International lesen.
Wäre der Autor nicht einmal ein einflußreicher deutscher Politiker gewesen, dann hätte die Redaktion des "Spiegel" diesen Essay schwerlich zur Publikation angenommen; denn er reiht Platitüde an Platitüde.
Kein einziger origineller Gedanke, keine irgendwie neue oder interessante Information. Das Wissen eines Zeitungslesers, das Räsonnement eines Stammtisch- Strategen ("Ohne Frieden ist Entwicklung nicht möglich"; "Notwendig ist ein übergreifender Ansatz, eine aufeinander abgestimmte Anstrengung in der Sicherheits- und Aufbaupolitik"; "Keiner dieser Konflikte kann isoliert betrachtet werden" - ja, wer hätte das gedacht?).
Was die Redaktion des "Spiegel" veranlaßt hat, für dieses dürftige Werklein Geld zu bezahlen, ist die eine Sache. Interessanter ist die Frage, was den in russischen Diensten stehenden Geschäftsmann Schröder, bisher nicht eben durch publizistischen Ehrgeiz aufgefallen, veranlaßt hat, zur für ihn ungewohnten Feder zu greifen.
Man kann da nur spekulieren. Schauen wir uns immerhin einmal die Tendenz des Artikels an und fragen wir uns: Cui bono?
Die Tendenz ist eindeutig: Schröder plädiert für weniger militärisches Engangement in Afganistan. Erstens allgemein ("... ein Zeitfenster für den Übergang in die Eigenverantwortlichkeit festzulegen, mit dem auch ein beginnender Abzug der internationalen Truppen verbunden ist"). Zweites speziell, was Deutschland angeht ("... kann vor einem Bundeswehreinsatz im Süden Afghanistans nur gewarnt werden").
Was will er stattdessen? "Eine Regionalkonferenz unter Einbeziehung aller Nachbarstaaten Afghanistans, der zentralasiatischen Staaten ebenso wie Chinas, Irans und Pakistans".
Da fehlt doch noch einer? Ja, richtig. Unmittelbar nach dem obigen Satz geht es so weiter: "Auch Russland hat ein elementares Interesse an einem stabilen Afghanistan und zeigt sich kooperativ gegenüber Nato- Anliegen, wie etwa dem sicheren Transport von Material über russisches Territorium nach Afghanistan".
Ja, gewiß doch hat Rußland Interesse an einem stabilen Afghanistan. Vor allem aber hat es Interesse an einem Afghanistan, in dem es seinen alten Einfluß zumindest teilweise wieder zurückgewonnen hat. Also einem Afghanistan, aus dem sich die Nato zurückgezogen hat und in dem dafür Rußland, China, der Iran und Pakistan mitreden. Im deutschen Interesse, im Interesse des Westens freilich liegt das nicht.
Mit dem Amtsantritt der Regierung Obama ist eine neue Runde in der geostrategischen Auseinandersetzung eröffnet, in der Pakistan, Afghanistan, die ex- sowjetischen Republiken Zentralasiens und Osteuropa die kritischen Regionen sind. Gerade ist Rußland mit der Gründung einer schnellen Eingreiftruppe der CSTO in diesem Machtspiel in die Offensive gegangen.
Putins Bestreben, das Sowjet- Imperium in Form von Einflußsphären wieder herzustellen, zielt eben nicht nur nach Osteuropa, sondern (schon die Zaren rangen mit den Briten um den Einfluß in Afghanistan) natürlich auch in Richtung auf den Südosten, von Moskau aus gesehen.
Schröders Botschaft, das militärische Engangement der Nato in Afghanistan solle verringert werden, dürfte von kaum einem Sicherheits- Experten (einem westlichen, meine ich) geteilt werden. Auf die sicherheitspolitischen Ungereimtheiten in dem Artikel weist beispielsweise der "Weblog Sicherheitspolitik" hin: Schröder sieht als verantwortlich für die schwierige Sicherheitslage in Afghanistan an, daß
in den Regionen, in denen vornehmlich die Amerikaner Verantwortung tragen, der militärischen Komponente ein ungleich größeres Gewicht beigemessen wird als dem Wiederaufbau. Im Norden dagegen wird die Bundeswehr in der Bevölkerung wegen ihres Engagements beim Wiederaufbau hoch geachtet. Das kommt auch in einer stabileren Sicherheitssituation zum Ausdruck.Da kehrt, schreibt der "Weblog Sicherheitspolitik", der Autor Schröder Ursache und Wirkung um. Denn die Bundesregierung - damals die Schröders - hat sich just deshalb den Norden als ihre Zone ausgesucht, weil es dort so gut wie keine der fast ausschließlich paschtunischen Taliban gibt. Nicht der Verzicht auf militärische Aktionen hat dort einen relativen Frieden geschaffen, sondern weil es weitgehend Frieden gibt, kann sich die Bundeswehr dem Wiederaufbau widmen, statt kämpfen zu müssen.
Und noch ein hübsches Zitat aus dem "Weblog Sicherheitspolitik", das ich auch als Motto über diese "Meckerecke" hätte setzen können:
"Über Gerhard Schröder wird gesagt, er sei der erste Bundeskanzler gewesen, der konsequent für nationale Interessen eingetreten sei. Allerdings seien es nicht immer die deutschen Interessen gewesen."
Mit Dank an Thomas Pauli. Für Kommentare bitte hier klicken.