7. Februar 2009

Zettels Meckerecke: Der Sender "Phoenix"überträgt eine Konferenz. Und sorgt selbst dafür, daß man kaum ein Wort versteht. Das ist leider kein Scherz

Phoenix überträgt die Münchner Sicherheitskonferenz, jedenfalls in Teilen. Sehr schön.

Überträgt Phoenix die Münchner Sicherheitskonferenz? Nein. Es zeigt Bilder davon. Den Ton hört man nicht. Genauer gesagt: Man hört ihn leise im Hintergrund, fast unverständlich gemacht dadurch, daß jemand drüberbrabbelt. Und so stundenlang.

Sie glauben das nicht? Es ist aber so. Und dieser Unfug ist geplant, ist Politik des Senders, wird bei solchen Gelegenheiten stets so praktiziert: Über den O-Ton des Sprechers brabbelt der Simultan- Dolmetscher.

Nichts gegen diesen Berufsstand. Das sind ausgezeichnete Leute, die einen extrem anstrengenden Job oft brillant erledigen. Nur braucht sie niemand auf einer solchen Konferenz. Jedenfalls in der Regel nicht. Diese Regel ist, daß jeder, der das kann - und fast jeder kann es - sich der internationalen Sprache bedient, also des Englischen.

Willkommen sind sie, vonnöten sind sie, diese Dolmetscher, wenn jemand, warum auch immer, sich einer anderen Sprache bedient. Wenn er, wie beispielsweise der Außenminister Steinmeier gestern bei der Eröffnungsrede, Deutsch sprach. Die Kanzlerin Merkel spricht heute auf Deutsch; selbst der Vorsitzende der Konferenz, Wolfgang Ischinger, macht sich offenbar nicht die Mühe, Englisch zu sprechen. Auch der Präsident des iranischen Parlaments sprach gestern Persisch. Vermutlich wird auch Präsident Sarkozy sich heute der großen französischen Sprache bedienen.

Aber die Regel sind solche Demonstrationen des nationalen Stolzes oder der eigenen sprachlichen Unfähigkeit zum Glück nicht. Man verständigt sich, wie auf jeder internationalen Konferenz, in der internationalen Sprache, auf Englisch, wie beispielsweise heute morgen der Generalsekretär der Nato, Jaap de Hoop Scheffer, es in seiner Rede tat.

Was wäre auch ein Sicherheitsexperte, der nicht wenigstens des Englischen mächtig ist? Er wäre wie ein Altphilologe, der kein Latein und Griechisch kann, oder wie ein Physiker, der von Mathematik keine Ahnung hat.



Nun also zum Sender Phoenix. Glaubt denn dieser - übrigens verdienstvolle - Sender, daß irgendwer, der politisch so interessiert ist, daß er die Live- Übertragung dieser Konferenz am TV verfolgen möchte, noch nicht einmal des Englischen mächtig ist?

Das wäre ungefähr so, als würde man ein Fußballspiel übertragen und dazu ständig einen Sprecher reden lassen, der erläutert: "Jetzt wird der Ball in Richtung auf das Tor gespielt. Das Tor ist jenes viereckige Gehäuse, in dem der sogenannte Tormann oder auch Torwächter steht. Im Unterschied zu den Feldspielern darf er den Ball auch mit den Händen berühren. Jetzt hat er ihn gefangen und kickt ihn weg. Das nennen wir einen Torabstoß". Und so weiter, das ganze liebe lange Spiel über.

Man tut das nicht, weil man voraussetzt, daß jemand, der ein Fußballspiel im TV sehen möchte, dessen Regeln kennt. Ebenso kann man vernünftigerweise voraussetzen, daß der Zuschauer, der die Münchner Sicherheitskonferenz verfolgen möchte, eine Rede oder Diskussion versteht, die auf Englisch stattfindet.



Aber gut, wir leben in einer Zeit des Bemühens um die Belange von Minderheiten. Es mag ein paar Menschen in Deutschland geben, die sich die Zeit nehmen, den Reden auf dieser Konferenz zu folgen, die aber sprachlich gehandicapt sind.

Kann man denn deren Belangen nicht ohne diese Zumutung an die Mehrheit gerecht werden, eine Sprecher hören zu sollen, dessen O-Ton so gut wie unverständlich gemacht ist? Ja, das kann man. Nichts einfacher als das: Man braucht nur im Zweikanalton zu senden. Links der O- Ton, rechts der Dolmetscher. Dann kann jeder Zuschauer sich aussuchen, was er hören möchte.

Und falls das technisch nicht geht - stereofähig ist ja wohl auch der Sender Phoenix. Es würde ja schon genügen, wenn die Tontechniker den einen Ton so einstellen würden, daß er ganz von links, und den anderen so, daß er ganz von rechts zu kommen scheint; in gleicher Lautstärke. Man kann dann sehr gut seine selektive Aufmerksamkeit auf die eine oder die andere Seite richten und den Text einwandfrei verfolgen.

Wird der Sender "Phoenix" das tun? Vermutlich nicht. Denn wahrscheinlich geht es vielen Zuschauern so wie mir: Solche Übertragungen sind so frustrierend, daß man abschaltet und sich still ärgert. Von diesem Ärger erfährt normalerweise niemand. Die Redaktionen können weiter glauben, ihre Zuschauer bestünden aus Ungebildeten, die kein Englisch können. Keiner verrät ihnen ja, daß sie sich irren.

Es sei denn, jemand von ihnen verirrt sich in diese "Meckerecke". Oder ein glücklicher Zufall, vielleicht auch eine gnädige Fügung des Googelns führt ihn zu diesem Artikel, in dem ich vor anderthalb Jahren schon einmal meinem Ärger über diese Brabbelei, dieses Verhunzen des O-Tons, Luft gemacht habe.



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