26. April 2008

Zettels Meckerecke: Skandal! Der BND spitzelt!

"BND bespitzelte auch afghanisches Ministerium" titelt "Spiegel Online" im Augenblick.

In dem Artikel erfahren wir, daß die BND- Stelle "Operative Unterstützung und Lauschtechnik" (Opus), Referat 26E, sich mit Hilfe von Trojanern Daten aus dem afghanischen Industrie- Ministerium besorgt hatte.

Welchem Zweck die Aktion diente, geht aus der Meldung nicht hervor.



Man darf vermuten, daß es nicht darum ging, technische oder wirtschaftliche Geheimnisse der Industrie Afghanistans zum Wohl der deutschen Industrie auszuspähen.

Man darf vermuten, daß die Aktivitäten des BND in Afghanistan vielmehr etwas damit zu tun haben, daß dort deutsche Truppen stehen. Man darf vermuten, daß die Aktivitäten des BND in Afghanistan nicht ganz ohne Bezug zu dem Umstand sind, daß unsere Truppen dort durch terroristische Anschläge gefährdet sind.

Man darf vermuten, daß der Terrorismus der dortigen Taliban auch nicht ganz ungefährlich für die Bundesrepublik Deutschland ist und daß es deshalb unserem Schutz dient, wenn der BND in diesem Land tätig ist.

Der BND, so erfahren wir aus der Meldung, hat sich unter anderem in den E-Mail- Verkehr des afghanischen Industrieministeriums eingeloggt. Es gibt Vermutungen, daß es dabei um Verbindungen aus diesem Ministerium heraus zu den Taliban ging; ja keine von vornherein abwegige Möglichkeit. Vorzuwerfen wäre es dem BND, wenn er einem solchen Verdacht nicht nachgehen würde.

Da nun zu denjenigen, mit denen dieses Ministerium im E-Mail- Kontakt stand, auch die Reporterin Susanne Koelbl vom "Spiegel" gehörte, wurde auch deren elektronische Post, sofern sie eben an dieses Ministerium oder an den Minister selbst gerichtet war, logischerweise mitgelesen.

Das ist alles. Keine gezielte Bespitzelung, keine gezielte Überwachung von Susanne Koelbl. Der BND hat in Afghanistan Informationen gesammelt, so wie nun einmal Geheimdienste ihre Informationen sammeln. Wie sie es alle tun, weltweit.



Was also soll die allgemeine Aufregung in dieser Woche? Sind wir in diesem Staat inzwischen so weit gekommen, unserem Geheimdienst vorzuwerfen, daß er "spitzelt"? Wofür bezahlten wir denn den BND, wenn nicht fürs "Spitzeln"?

Wieder einmal, wie so oft, wenn es um unsere Geheimdienste geht, kreißte der Berg und gebar eine Maus.

Und wieder war unter den eifrigsten Gebursthelfern für das Mäuslein, das freilich als ein Elefant angekündigt worden war, der Abgeordnete Ströbele.

Diesmal begann die Sache damit, daß - so steht es in der "Süddeutschen Zeitung" - ein "BND-Insider" einen Brief geschrieben hätte, der neben Beschimpfungen des BNC-Chefs Uhrlau auch Informationen über diese Aktion des BND erhielt.

Wer alles den Brief bekommen hat, scheint nicht ganz klar zu sein. Jedenfalls hat ihn der Abgeordnete Ströbele bekommen. Auf dem Verteiler standen noch drei weitere Abgeordnete und standen der "Spiegel" und "Focus"; den Eingang haben gegenüber der SZ aber nur Ströbele und der CDU-Abgeordnete Röttger bestätigt. Man kann ja auch jemanden auf einen Verteiler schreiben, der einen Brief gar nicht bekommt.

Wie auch immer - der Brief geriet dadurch, daß er an diese Abgeordneten ging, auf die Tagesordnung des Parlamentarischen Kontrollgremiums für den vergangenen Mittwoch, und dadurch kam der Stein ins Rollen. Uhrlau informierte vorab Frau Koelbl, diese informierte natürlich ihre Chefredaktion, und die ließ es in die "Hausmitteilung" des aktuellen "Spiegel" setzen.



Gut möglich, daß im BND gegen interne Bestimmungen verstoßen wurde, als man die Mails von Frau Koelbl, nachdem man sie gelesen hatte, nicht löschte, sondern archivierte. Dann soll der dafür Verantwortliche gerügt werden, wie sich das gehört. Und das ist es dann auch.

Wenn aber beispielsweise die "Tagesschau" gestern eine Meldung zu diesem Thema mit "Ein beispielloser Skandal" überschreibt, dann ist das (ein Zitat des betroffenen afghanischen Ministers) so neben der Sache, daß man sich fragt, welche Journalisten da am Werk sind und nach welchen Kriterien sie eigentlich ihre Arbeit gestalten.

Auch frage ich mich, ob der rechtskräftig verurteilte Unterstützer einer terroristischen Vereinigung, der Abgeordnete Ströbele, der unweigerlich auf den Bildschirmen erscheint, wenn es mal wieder um einen "Geheimdienst- Skandal" geht, wirklich der richtige Mann ist, um als Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums den Kampf gegen den Terrorismus zu kontrollieren. Haben die "Grünen" denn niemanden für diese Aufgabe, dessen Engagement für den demokratischen Rechtsstaat ein wenig überzeugender ist?



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