21. April 2008

Zitat des Tages: "Das Unvermeidliche ist eingetreten." Charles Krauthammer über die Gefahr eines Atomkriegs und Möglichkeiten, ihn zu verhindern

The era of nonproliferation is over. During the first half-century of the nuclear age, safety lay in restricting the weaponry to major powers and keeping it out of the hands of rogue states. This strategy was inevitably going to break down. The inevitable has arrived.

(...) (...)

We have entered the post-nonproliferation age. It's time to take our heads out of the sand and deal with it.


(Das Zeitalter der Nichtweiterverbreitung ist vorüber. Im ersten halben Jahrhundert des nuklearen Zeitalters lag die Sicherheit darin, das Waffenarsenal auf die Großmächte zu beschränken und es nicht in die Hände von Schurkenstaaten geraten zu lassen. Diese Strategie mußte unweigerlich zusammenbrechen. Das Unvermeidliche ist eingetreten.

(...) (...)

Wir haben das Zeitalter erreicht, das auf dasjenige der Nichtweiterverbreitung folgt. Es wird Zeit, daß wir den Kopf aus dem Sand nehmen und damit umgehen.)

Dies sind der erste und der letzte Absatz der aktuellen Kolumne von Charles Krauthammer in der Washington Post. Was er zwischen diesen beiden Passagen schreibt, ist einmal mehr Krauthammer at his best: Eine klare Analyse; unerschrockene Folgerungen daraus.



Die Nichtweiterbreitung ist gescheitert, schreibt also Krauthammer. Ich fasse seine weitere Argumentation zusammen:

Die Sechser- Gespräche mit Nordvietnam waren ein Fiasko; am Ende zündeten die Nordkoreaner ihre Atombombe. Die jetzt eingegangen Verpflichtungen hält es nicht ein. Die Gespräche der Europäer mit dem Iran haben ebenfalls zu nichts geführt.

Was kann man tun? Es gibt vier Möglichkeiten: Prävention, Abschreckung durch die Androhung eines vernichtenden Gegenschlags, Raketenabwehr und einen Regimewechsel.

Prävention, notfalls mit militärischen Mitteln, kann ein wirksames Vorgehen sein; aber dafür ist es jetzt zu spät. Die Weiterverbreitung von Nuklearwaffen ist eine Tatsache.

Die einzige sichere Lösung ist ein Regimewechsel; demokratische Staaten beginnen keinen Atomkrieg. Irgendwann werden die Regimes in Nordkorea und im Iran stürzen; aber darauf können wir nicht warten. Es könnte zu spät sein.

Bleiben Abschreckung und Raketenabwehr. Als entscheidend sieht Krauthammer die Raketenabwehr an; just jenes Instrument also, das gegen die Sowjetunion nicht hätte funktionieren können.

Der Unterschied liegt in der Größe des nuklearen Arsenals. Die heute realisierbare Raketenabwehr ist nicht perfekt. Aber jeder von zwei Abwehrgürteln kann vielleicht 90 Prozent der Raketen abfangen; beide zusammen also, nach den Regeln der Wahrscheinlichkeit, 99 Prozent. Angesichts des geringen Arsenals der Schurkenstaaten müssen sie damit rechnen, daß keine ihrer Raketen ihr Ziel erreicht.

Verbindet man das mit Abschreckung, dann kann das, schreibt Krauthammer, erfolgreich sein. Auch skrupellose Führer wie die in Pjönjang und Teheran werden es sich überlegen, ob sie durch einen Angriff, der möglicherweise völlig ins Leere geht, die nukleare Vernichtung ihres Landes riskieren.



Kommentar: Gut möglich, daß Krauthammers Analyse bei Militärstrategen Türen einrennt, die weit offenstehen. Nicht umsonst ist den Amerikanern ja die Raketenabwehr in Tschechien und Polen so wichtig.

Aber in die öffentliche Diskussion scheint die simple Wahrheit, daß heute ein Atomkrieg wahrscheinlicher ist, als jemals während der Konfrontation zwischen den USA und der UdSSR, noch nicht vorgedrungen zu sein.

Und daß der Westen unbedingt eine Raketenabwehr gegen die Nordkoreaner und die Iraner braucht, scheinen viele in Europa ja ebenfalls noch nicht begriffen zu haben. Sonst würden sie nicht den angeblichen Sorgen Rußlands so viel Verständnis entgegenbringen, bis hinein ins deutsche Außenministerium.



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