Seit einiger Zeit wird es gemunkelt, aber jetzt auf einmal ist es gar nicht mehr so unwahrscheinlich: Daß John McCain Condoleezza Rice als Running Mate aussucht.
Ja, aussucht. Denn auch das gehört zu den Eigenheiten der US-Politik:
Die Kandidaten für die Präsidentschaft werden so basisdemokratisch ermittelt, wie man sich das überhaupt nur vorstellen kann; in diesem monatelangen Marathon der Primaries und Caucuses, deren nächstes großes Ereignis das Primary in Pennsylvanien am 22. April sein wird.
Aber sozusagen zum Ausgleich hat die Auswahl des Kandidaten für die Vizepräsidentschaft einen nachgerade monarchistischen Charakter: Der gewählte Kandidat nominiert ihn wie Serenissimus seinen Premierminister, und der Parteitag bestätigt diese Entscheidung wie weiland der Landtag diejenige des Fürsten. So ist es Brauch, so wird es auch dieses Jahr bei beiden Parteien sein.
Der Kandidat ist völlig frei, wen er auf dem Ticket haben will, der gemeinsamen Kandidaten- Liste, die man gern zum Ticket, zur Eintrittskarte ins Weiße Haus machen möchte; wer also sein Running Mate sein wird, sein Mitkandidat, sein Kampfgefährte ("to run for president" heißt "sich um die Präsidentschaft bewerben", und ein "mate" ist ein Kumpel, ein Mitstreiter).
Oder diesmal eben eine Mitkandidatin, Condoleezza Rice.
Zunächst war es nur ein Gedankenspiel: McCain ist alt, weiß und ein Mann. Da wäre ideal doch eine Frau, die jung und schwarz ist. Obama ist Afro- Amerikaner, Hillary Clinton eine Frau. Wie könnte man diese Vorteile besser ausgleichen als durch eine afro- amerikanische Frau?
Nun ja, so wird eben geschwätzt. Kennedy war ein Katholik aus den liberalen Oststaaten, also brauchte er Lyndon Johnson, eine Protestanten aus den konservativen Südstaaten als Running Mate. Eisenhower war ein grundehrlicher Kommißkopp, also brauchte er Tricky Dicky Richard Nixon als Vizepräsidenten. Umgekehrt suchte sich der als gewiefter Politiker verschrieene Bill Clinton den steifen, soliden Al Gore als seinen Running Mate aus. Nach diesem Schnittmuster wäre Rice die ideale Gefährtin von John McCain.
Aber will sie denn überhaupt? Aber wäre das Team denn überhaupt so erfolgreich, wie solche Überlegungen es nahelegen?
Bisher war beides ganz unklar. Aber seit gestern hat sich das geändert.
Was die Bereitschaft von Condoleezza Rice angeht, so wäre sie eine schlechte Diplomatin, wenn sie jetzt den Finger heben und "hier!" rufen würde.
Sie hat, ganz diplomatisch, auf eine entsprechende Frage von Reportern dies gesagt: "I very much look forward to watching this campaign and voting as a voter (...) I have a lot of work to do and then I'll happily go back to Stanford". Sie freue sich darauf, den Wahlkampf zu verfolgen und als Wählerin abzustimmen. Sie hätte viel Arbeit vor sich, und sie würde freudig nach Stanford zurückgehen.
Nach Stanford, wo sie Professorin ist. Aber nicht wahr, ein entschiedenes Dementi klingt anders? Zumal ein republikanischer Stratege, Dan Senor, unwidersprochen am Sonntag im Sender ABC berichtet hatte, daß Rice im Gespräch mit einflußreichen Republikanern sei, um eine Kandidatur vorzubereiten.
Und McCain selbst? Auch er hat hübsch diplomatisch geantwortet, als er nach "Signalen" gefragt wurde, die Rice ausgesandt habe:
Dies sind Nachrichten der vergangenen vier Tage. Was nun die Aussichten eines solchen Tickets angeht, so hat gestern eine Meldung wie eine Bombe eingeschlagen:
Laut einer gestern veröffentlichten Umfrage würde ein solches Ticket McCain- Rice sowohl ein Ticket Clinton- Obama als auch ein Ticket Obama-Clinton schlagen.
Und zwar nicht irgendwo, sondern im Staat New York - "the bluest of all blue states", der sichersten Hochburg der Demokraten, wo 2004 John Kerry Präsident Bush mit einem Abstand von 20 Prozentpunkten geschlagen hat, und wo 2000 Al Gore sogar um 25 Prozentpunkte vor Bush gelegen hatte. McCain vor Obama oder Clinton in New York - das wäre ungefähr so, als hätte vor den Wahlen 2002 in Bayern Gerhard Schröder vor Edmund Stoiber gelegen.
Gewiß, Umfragen sind Momentaufnahmen und fehlerbehaftet. Aber dieses Ergebnis ist dennoch äußerst wichtig, weil es das einzige Argument widerlegt, das sich gegen eine Kandidatur von Condoleezza Rice ins Feld führen ließe: Sie werde zu sehr mit Bush assoziiert, um siegen zu können. Schon jetzt versuchen die Demokraten, einen Sieg von McCain als "dritte Amtszeit für Bush" hinzustellen. Die Bush- Vetraute Rice auf dem Ticket würde diesen Eindruck verstärken.
Aber zumindest die traditionell linksliberalen Wähler im Staat New York scheint das nicht zu stören. Offensichtlich ist es für viele von ihnen wichtiger, daß mit Rice eine schwarze Frau das zweithöchste Amt in den USA innehätte, als daß sie die Außenministerin von Präsident Bush ist.
Und das andere Traumticket; Clinton mit Obama oder umgekehrt?
Daß beide Varianten bei den New Yorker Wählern nicht besser abschnitten, dürfte nicht nur an der Strahlkraft von Condoleezza Rice liegen. Inzwischen stehen Obama und Clinton derart zerstritten da, daß man sich immer schwerer vorstellen kann, wie die beiden denn erfolgreich zusammenarbeiten sollten.
Darauf hat vorgestern die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, wieder einmal hingewiesen. In der Tat - McCain könnte bei einem solchen Ticket einen großen Teil des Wahlkampfs mit Zitaten dessen bestreiten, was Clinton über Obama und Obama über Clinton gesagt hat.
Ja, aussucht. Denn auch das gehört zu den Eigenheiten der US-Politik:
Die Kandidaten für die Präsidentschaft werden so basisdemokratisch ermittelt, wie man sich das überhaupt nur vorstellen kann; in diesem monatelangen Marathon der Primaries und Caucuses, deren nächstes großes Ereignis das Primary in Pennsylvanien am 22. April sein wird.
Aber sozusagen zum Ausgleich hat die Auswahl des Kandidaten für die Vizepräsidentschaft einen nachgerade monarchistischen Charakter: Der gewählte Kandidat nominiert ihn wie Serenissimus seinen Premierminister, und der Parteitag bestätigt diese Entscheidung wie weiland der Landtag diejenige des Fürsten. So ist es Brauch, so wird es auch dieses Jahr bei beiden Parteien sein.
Der Kandidat ist völlig frei, wen er auf dem Ticket haben will, der gemeinsamen Kandidaten- Liste, die man gern zum Ticket, zur Eintrittskarte ins Weiße Haus machen möchte; wer also sein Running Mate sein wird, sein Mitkandidat, sein Kampfgefährte ("to run for president" heißt "sich um die Präsidentschaft bewerben", und ein "mate" ist ein Kumpel, ein Mitstreiter).
Oder diesmal eben eine Mitkandidatin, Condoleezza Rice.
Zunächst war es nur ein Gedankenspiel: McCain ist alt, weiß und ein Mann. Da wäre ideal doch eine Frau, die jung und schwarz ist. Obama ist Afro- Amerikaner, Hillary Clinton eine Frau. Wie könnte man diese Vorteile besser ausgleichen als durch eine afro- amerikanische Frau?
Nun ja, so wird eben geschwätzt. Kennedy war ein Katholik aus den liberalen Oststaaten, also brauchte er Lyndon Johnson, eine Protestanten aus den konservativen Südstaaten als Running Mate. Eisenhower war ein grundehrlicher Kommißkopp, also brauchte er Tricky Dicky Richard Nixon als Vizepräsidenten. Umgekehrt suchte sich der als gewiefter Politiker verschrieene Bill Clinton den steifen, soliden Al Gore als seinen Running Mate aus. Nach diesem Schnittmuster wäre Rice die ideale Gefährtin von John McCain.
Aber will sie denn überhaupt? Aber wäre das Team denn überhaupt so erfolgreich, wie solche Überlegungen es nahelegen?
Bisher war beides ganz unklar. Aber seit gestern hat sich das geändert.
Was die Bereitschaft von Condoleezza Rice angeht, so wäre sie eine schlechte Diplomatin, wenn sie jetzt den Finger heben und "hier!" rufen würde.
Sie hat, ganz diplomatisch, auf eine entsprechende Frage von Reportern dies gesagt: "I very much look forward to watching this campaign and voting as a voter (...) I have a lot of work to do and then I'll happily go back to Stanford". Sie freue sich darauf, den Wahlkampf zu verfolgen und als Wählerin abzustimmen. Sie hätte viel Arbeit vor sich, und sie würde freudig nach Stanford zurückgehen.
Nach Stanford, wo sie Professorin ist. Aber nicht wahr, ein entschiedenes Dementi klingt anders? Zumal ein republikanischer Stratege, Dan Senor, unwidersprochen am Sonntag im Sender ABC berichtet hatte, daß Rice im Gespräch mit einflußreichen Republikanern sei, um eine Kandidatur vorzubereiten.
Und McCain selbst? Auch er hat hübsch diplomatisch geantwortet, als er nach "Signalen" gefragt wurde, die Rice ausgesandt habe:
I missed those signals (...) I think she's a great American. I think there's very little that I can say that isn't anything but the utmost praise for a great American citizen, who served as a role model to so many millions of people in this country and around the world.Auch das klingt nicht eben wie ein starkes Dementi. Und interessant ist das Wort "Rollenvorbild": Damit nimmt McCain offensichtlich Bezug darauf, daß Condoleezza Rice es als Frau und als Afro-Amerikanerin bis ganz an die Spitze geschafft hat. Das wäre zweifellos auch ein zentrales Wahlkampfthema, sollte sie auf dem Ticket stehen.
Diese Signale sind mir entgangen. (...) Ich denke, daß sie eine große Amerikanerin ist. Ich denke, ich kann wenig sagen, was nicht äußerstes Lob für eine große Amerikanerin wäre, die für viele Millionen Menschen in diesem Land und rund um die Welt ein Rollenvorbild ist.
Dies sind Nachrichten der vergangenen vier Tage. Was nun die Aussichten eines solchen Tickets angeht, so hat gestern eine Meldung wie eine Bombe eingeschlagen:
Laut einer gestern veröffentlichten Umfrage würde ein solches Ticket McCain- Rice sowohl ein Ticket Clinton- Obama als auch ein Ticket Obama-Clinton schlagen.
Und zwar nicht irgendwo, sondern im Staat New York - "the bluest of all blue states", der sichersten Hochburg der Demokraten, wo 2004 John Kerry Präsident Bush mit einem Abstand von 20 Prozentpunkten geschlagen hat, und wo 2000 Al Gore sogar um 25 Prozentpunkte vor Bush gelegen hatte. McCain vor Obama oder Clinton in New York - das wäre ungefähr so, als hätte vor den Wahlen 2002 in Bayern Gerhard Schröder vor Edmund Stoiber gelegen.
Gewiß, Umfragen sind Momentaufnahmen und fehlerbehaftet. Aber dieses Ergebnis ist dennoch äußerst wichtig, weil es das einzige Argument widerlegt, das sich gegen eine Kandidatur von Condoleezza Rice ins Feld führen ließe: Sie werde zu sehr mit Bush assoziiert, um siegen zu können. Schon jetzt versuchen die Demokraten, einen Sieg von McCain als "dritte Amtszeit für Bush" hinzustellen. Die Bush- Vetraute Rice auf dem Ticket würde diesen Eindruck verstärken.
Aber zumindest die traditionell linksliberalen Wähler im Staat New York scheint das nicht zu stören. Offensichtlich ist es für viele von ihnen wichtiger, daß mit Rice eine schwarze Frau das zweithöchste Amt in den USA innehätte, als daß sie die Außenministerin von Präsident Bush ist.
Und das andere Traumticket; Clinton mit Obama oder umgekehrt?
Daß beide Varianten bei den New Yorker Wählern nicht besser abschnitten, dürfte nicht nur an der Strahlkraft von Condoleezza Rice liegen. Inzwischen stehen Obama und Clinton derart zerstritten da, daß man sich immer schwerer vorstellen kann, wie die beiden denn erfolgreich zusammenarbeiten sollten.
Darauf hat vorgestern die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, wieder einmal hingewiesen. In der Tat - McCain könnte bei einem solchen Ticket einen großen Teil des Wahlkampfs mit Zitaten dessen bestreiten, was Clinton über Obama und Obama über Clinton gesagt hat.
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