15. April 2008

Zitat des Tages: Obamas Verachtung für das bürgerliche Amerika

He’s disdainful of small-town America — one might say, of bourgeois America. He’s usually good at disguising this. But in San Francisco the mask slipped. And it’s not so easy to get elected by a citizenry you patronize.

And what are the grounds for his supercilious disdain? If he were a war hero, if he had a career of remarkable civic achievement or public service — then he could perhaps be excused an unattractive but in a sense understandable hauteur. But what has Barack Obama accomplished that entitles him to look down on his fellow Americans?


(Er verachtet das kleinstädtische Amerika - man könnte sagen, das bürgerliche Amerika. Gewöhnlich kann er das gut verbergen. Aber in San Franciso fiel die Maske. Und es ist nicht so ganz leicht, von einer Bevölkerung gewählt zu werden, die man von oben herab behandelt.

Und was sind die Gründe für seine hochmütige Verachtung? Wenn er ein Kriegsheld wäre, wenn er auf eine Karriere mit bemerkenswerten Leistungen im öffentlichen Leben oder als Staatsdiener zurückblicken könnte - dann könnte man das vielleicht als eine unangenehme, aber in gewisser Weise verständliche Hochnäsigkeit entschuldigen. Aber was hat Barack Obama geleistet, das ihm das Recht gibt, auf seine amerikanischen Mitbürger herabzusehen?)

William Kristol gestern in der New York Times über die Bemerkungen, die Barack Obama am 6. April in San Franciso über die Kleinstadt- Amerikaner gemacht hatte. Er hatte gesagt:
It’s not surprising then that they get bitter, they cling to guns or religion or antipathy to people who aren’t like them or anti-immigrant sentiment or anti-trade sentiment as a way to explain their frustrations.

Also, es ist nicht verwunderlich, daß sie verbittert werden, daß sie sich an ihre Waffen oder Religion oder an ihre Antipathie gegen Menschen klammern, die nicht wie sie sind, oder an Ressentiments gegen Immigranten oder gegen den Freihandel, als eine Art, sich ihre Frustrationen zu erklären.
Kommentar: Ich habe in letzter Zeit wenig über Barack Obama geschrieben, weil ich den Eindruck hatte, über ihn das geschrieben zu haben, was ich sagen habe, und es in Diskussionen in "Zettels kleinem Zimmer" verdeutlicht zu haben.

Deshalb habe ich auch zunächst nicht auf die Kontroverse über dieses Zitat in San Franciso reagiert. Ich zitiere jetzt aber doch Kristol, weil er in seinem Kommentar auf etwas aufmerksam macht, was mir entgangen war: Daß diese Verachtung Obamas für den Kleinbürger, für den "Spießer" in der Tradition von Karl Marx liegt, der sich z.B. über die Religion als das "Opium des Volkes" alteriert hat.

Obama ist auch in dieser Hinsicht ein typischer Linker: Populistisch in seinem Versprechen der ganz großen Veränderung (das "Reich der Freiheit" sagten die Achtundsechziger gern, auch das natürlich ein Marx-Zitat), aber keineswegs nah beim Volk, wenn es um dessen popelige Sorgen und Ängste geht.

"Das Volk" als ein Abstraktum heben sie gern in den Himmel, diese Linken. Aber die real existierende Bevölkerung, Kleinbürger und Spießer in ihren Augen, die verachten sie.



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