2. November 2011

Zitat des Tages: "Die UN sind ein in Teilen zutiefst verlotterter Haufen". Clemens Wergin über die Aufnahme "Palästinas" in die UNESCO

Man hat sich ja längst an die antiisraelische Grundströmung der Vereinten Nationen (UN) und ihrer diversen Unterorganisationen gewöhnt. Aber die Aufnahme der Palästinensergebiete als Vollmitglied in die Unesco ist doch noch einmal ein besonderes Kapitel aus dem UN-Tollhaus. (...)

Die UN sind ein in Teilen zutiefst verlotterter, mehrheitlich undemokratischer und antiwestlicher Haufen. Und man wünschte sich, dass es nicht immer nur die Amerikaner sind, die das deutlich aussprechen und sich nicht alles bieten lassen wollen.
Clemens Wergin gestern in "Welt-Online".

Kommentar: Clemens Wergins Artikel ist von erfrischender Deutlichkeit, was die UNO angeht. Er ist auch von analytischer Klarheit, was die Politik der Fatah betrifft.

Die UNO genießt in Deutschland noch immer einen seltsamen Respekt; so als hätte etwas schon deshalb höhere Weihen, weil es die UNO oder eine ihrer Unterorganisationen beschließt. Die UNO ist aber im Kern nichts als eine permanent tagende Konferenz, in der die Mitgliedstaaten ihre Interessen verfolgen.

Da dort - mit Ausnahme des Weltsicherheitsrats - die zahlreichen kleinen, politisch und wirtschaftlich schwachen Staaten aus denjenigen Teilen der Welt dominieren, die man einst die "Dritte Welt" nannte, wird das, was die Vollversammlung beschließt, was Unterorganisationen wie die UNESCO beschließen, logischerweise von deren Interessen und Ideologien bestimmt.

Wir im Westen haben meist andere Interessen; und gewiß haben wir ein anderes Verständnis von Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie als die meisten dieser Staaten.

Es gibt für uns keinen Grund, die UNO besonders freundlich zu sehen. Es gibt in Bezug auf die UNESCO gute Gründe, deren Voreingenommenheit gegen den Westen zur Kenntnis zu nehmen (siehe Wie die UNESCO das Weltkulturerbe sieht; ZR vom 23. 11. 2010).



Was nun die Aufnahme "Palästinas" in die UNESCO angeht, so ist sie Teil der Strategie der Fatah, sich einseitig das zu nehmen, was nach den Verträgen von Oslo das Ergebnis einer einvernehmlichen Lösung mit Israel sein sollte; nämlich die staatliche Eigenständigkeit "Palästinas".

Dem sollte die Aufnahme in die UNO als Vollmitglied dienen, die am Veto der USA im Weltsicherheitsrat gescheitert ist; ersatzweise nun also die Aufnahme in die UNESCO.

Wenn von zwei Partnern sich der eine das einfach zu nehmen versucht, was das Ergebnis von Verhandlungen mit dem anderen sein sollte, dann ist das logischerweise das Ende der Verhandlungen. Aus israelischer Sicht bedeutet diese neue Politik der Palästinensischen Autonomiebehörde, daß es einen Verhandlungsfrieden im Nahen Osten in absehbarer Zeit nicht geben wird.

Ich habe kürzlich die Analyse der israelisch-amerikanischen Sicherheitsexpertin Shoshana Bryen referiert, die diesen Sachverhalt hervorhebt (Freilassung von Gilad Schalit - ein Schritt in Richtung Frieden? Keineswegs, meint die Sicherheitsexpertin Shoshana Bryen; ZR vom 16. 10. 2011). Bryen teilt überhaupt nicht die verbreitete Meinung, mit dem Austausch Schalits gegen mehr als tausend Palästinenser sei eine Entspannung zwischen Israel und auf der anderen Seite der Hamas sowie der Fatah eingetreten. Sie sieht diesen Schritt Israels im Gegenteil als die Vorbereitung auf einen möglichen bewaffneten Konflikt.

Auch wenn es dazu - hoffentlich - nicht kommt, stehen die Zeichen auf Konfrontation. Als Folge der ägyptischen Revolution können sich bewaffnete Banden auf der Sinai-Halbinsel jetzt freier bewegen als zuvor. Die Hamas ist durch den Aufschwung der Moslembrüder in Ägypten gestärkt, also ihrer Mutterorganisation. Die Fatah hat durch ihren Versuch, einseitig die staatliche Anerkennung zu erreichen, den Friedensprozeß, wie gesagt, faktisch für beendet erklärt.

Israel ist damit in einer schwierigen Lage. Positiv ist im Augenblick allerdings, daß Barack Obama, der fast drei Jahre lang wenig für Israel getan hat, angesichts des heraufziehenden Wahlkampfs es mit der jüdischen Lobby in den USA nicht verderben möchte. Von daher der für den Handausstrecker Obama ungewöhnlich entschlossene Schritt der USA, als Reaktion auf die Aufnahme "Palästinas" die Zahlungen an die UNESCO einzustellen (federführend war freilich der Kongreß gewesen).

Warum eigentlich - Wergin weist darauf hin - stellt nicht auch Deutschland seine Zahlungen an die UNESCO ein?

Gut, das ist eine rhetorische Frage.
Zettel



© Zettel. Für Kommentare bitte hier klicken.