Wer jammert mehr, Linke oder Rechte? Männer oder Frauen? Wessis oder Ossis? Zur Klärung dieser Frage habe ich, angeregt durch einen Hinweis von notquite im "Kleinen Zimmer", mit Hilfe von Google einen Jammerindex entwickelt.
Dazu teilt man einfach die Zahl der Treffer der Googlesuche nach "xy beklagt" durch die Zahl der Treffer von "xy wünscht".
In beiden Fällen, ob man klagt oder wünscht, liegt nämlich dieselbe Situation vor: etwas wird als Mißstand oder als Mangel empfunden. Die Reaktion darauf ist aber gegensätzlich: während die Seele des Klagenden von Jammer und Ohnmacht erfüllt ist, befindet sich der Wünschende in einem gelasseneren und hoffnungsvolleren Zustand.
Soviel zur Theorie.
Nun die Ergebnisse.
Dazu wurde der Jammerindex für die Mitglieder der Bundesregierung, die Ministerpräsidenten der Länder, die Parteivorsitzenden, und für einige wenige weitere Prominente berechnet.
So gut wie gar nicht jammert der Innenminister Hans-Peter Friedrich. Mit einem Index von 4 Klagen zu 7400 Wünschen (= 0,000146) ist er absoluter Spitzenreiter in Sachen Gelassenheit. Welch ein überraschend gutes Resultat, und das bei einem Bayern.
Auch Hannelore Kraft (0,00257) beklagt sich extrem selten. Kunststück: Rheinländerin.
Jupp Heynckes ist ein Mann, der wenig zu beklagen, aber noch ein paar Wünsche offen hat. Der niedrige Jammerindex von 0,046 validiert unsere Theorie überzeugend.
Der ziemlich gute Wert der Kanzlerin (0,45) verwundert nicht, aber dass ausgerechnet Horst Seehofer (0,22) sie punkto Seelenruhe hinter sich läßt, ist schon ein wenig seltsam.
Margot Käßmann (0,75) und Claudia Roth (0,85) liegen auch noch weit unter dem Durchschnitt, der 4,1 beträgt, wenn man von einem extremen Ausreißer absieht; zu diesem dann später Näheres.
Mit Niebel (2,24), Steinbrück (2,3), Michael Sommer (2,69), Ramsauer (3,3), Steinmeier (3,98), Rösler (5,1), Trittin (5,3) und Tillich (5,97) haben wir das Mittelfeld. Alles Westdeutsche übrigens, von dem Sorben Tillich abgesehen.
Altmaier (7,5), Pofalla (7,5), Kristina Schröder (8,8) und Gysi (9,62) jammern schon recht heftig. Bei Gysi hätte man das nicht anders erwartet, ebenso bei der häufig gerupften Frau Schröder.
Ohne jede Hoffnung, ihre Wünsche könnten in Erfüllung gehen, beklagen sich Bsirske (16,8), Sellering (34,1) und Bouffier (48,3). Ver.di, Mecklenburg-Vorpommern, nun gut, aber wieso zeigt der Hesse ein so klägliches Bild?
Einen einmaligen, kaum zu fassenden Spitzenwert hat indessen Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Mit einem Jammerindex von - in Worten - sechshundert ist sie das Klageweib der Nation schlechthin: 58200 mal hat sie sich beschwert, bei lediglich 97 Wünschen. Offenbar ist dieser Müden der letzte Stern der Hoffnung längst erblichen. Fragt sich nur, warum eigentlich?
Um bei der Auswertung nicht zu völlig verzerrten Ergebnissen zu kommen, bleibt im folgenden Frau Leutheusser-Schnarrenberger unberücksichtigt.
Man würde erwarten, dass Bürgerliche sich eher beklagen, während Linke eher Wünsche haben. Dem ist aber nicht so. Mit einem Jammerindex von 4,3 liegt die Rechte nur unwesentlich über der Linken mit 4,1.
Einen deutlichen Unterschied gibt es hingegen bei den Geschlechtern. Die Frauen jammern mit 1,17 wesentlich weniger als die Männer mit 5,17. (Wie gesagt, ohne den Extremfall Schnarrenberger, der das Bild ins Gegenteil verkehren würde.) Ein beklagenswertes Ergebnis für die Herren der Schöpfung, muss man wohl sagen, da hätte man sich als Mann schon einen besseren Wert gewünscht. Meinen Glückwunsch jedenfalls an die Damenwelt für ihre gelassene, zuversichtliche Haltung!
Fast ebenso deutlich ist der Unterschied zwischen Ost und West: 1,73 zu 4,77. Sie haben ganz richtig gelesen: die Westler jammern fast dreimal so heftig wie die Ostler.
Selten ist ein böswilliges Klischee so überzeugend entlarvt worden wie dieses. Schlagt euch an die Brust, ihr Jammerwessis!
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