7. April 2013

Nordkoreas Strategie aus der Sicht von Stratfor

Was will Kim Jong-un? Diese Frage stellen sich sicher nicht wenige angesichts der sich häufenden Provokationen. Aber die Vermutung, dass es sich nicht um völlig irrationale Handlungen eines wahnsinnigen Spielers handelt sondern um eine Strategie, ist zumindest ein paar Überlegungen wert.
George Friedman, Gründer und Chef von Stratfor, sieht in der Strategie Nordkoreas drei grundlegende Elemente:
Grausamkeit, Schwäche und Verrücktheit.
Eine Kombination aus diesen Eigenschaften ergibt das Bild, welches sich insbesondere der Westen von Nordkorea machen soll. Angewandt auf die aktuellen Ereignisse ergibt sich folgende Zuordnung:
Die Grausamkeit sieht er in dem Kernwaffentest, die chinesische Zustimmung für die darauffolgenden Sanktionen versinnbildlicht die Schwäche und die Aufkündigung des Waffenstillstands die Verrücktheit, weil er sich auf die USA und ihre Städte bezieht.
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Das Ziel dieser Strategie ist es, das Regime zu erhalten in dem folgende Wirkungen erreicht werden:

  1. Die Fähigkeit und Entschlossenheit Kernwaffen einzusetzen, soll andere Staaten vorsichtig agieren lassen.
  2. Die Isolation Nordkoreas von der Welt und teilweise sogar von China soll das Land schwach erscheinen lassen und andere davon abhalten, mit zu drastischen Reaktionen das Land in den Abgrund zu stürzen.
  3. Der offensichtliche Irrsinn, den USA mit einem nuklearen Erstschlag zu drohen, macht das Regime unberechenbar.

Um das Regime zu erhalten, muss der Druck von außen limitiert werden. Seit 1991 ist diese Strategie recht erfolgreich gewesen. Sie funktionierte bisher sehr gut innerhalb ihrer Parameter.

Aufgrund seines jungen Alters zweifeln zur Zeit viele, außerhalb und innerhalb Nordkoreas, an Kim Jong-uns Fähigkeit zu führen. Eine Krise heraufzubeschwören welche die USA, China, Russland und Südkorea an einen Verhandlungstisch mit Nordkorea zwingt, würde dem Diktator die notwendige Anerkennung geben. Ganz besonders wenn er seine Verhandlungspartner brüskieren könnte. Durch ein einseitiges Beenden slcher Verhandlungen beispielsweise.

Stratfor geht davon aus, dass Pjöngjang die Grenzen seiner Strategie kennt und behutsam vorgeht. Nicht als ein einem Führer bedingungslos gehorchende Bürokratie, sondern als eine komplizierte Zusammenstellung von Institutionen und Personen, welche sich bündeln in der regierenden Partei und im Militär. Sie setzen die Rahmenbedingungen für den "Führer" und kontrollieren ihn.

Für die Hypothese, dass es Nordkorea doch ernst meint geht George Friedman von zwei Prämissen aus:
Nordkorea hat keine einsatzfähigen Kernwaffen und kann diese Ziel in absehbarer Zeit auch nicht erreichen. Und wenn doch wird es von Amerika gestoppt.
Die zweite geht davon aus, dass die Strategie der Grausamkeit, Schwäche und Verrücktheit nicht wirkt, weil sie niemanden mehr beeindruckt.
Beide Prämissen würden das Regime in seiner Existenz bedrohen. Weshalb konkrete Schritte notwendig wären die den bisherigen Handlungsrahmen des Regimes verliessen. Es käme wohl zu einem Waffenstillstand bevor die nuklearen Anlagen Nordkoreas angegriffen und zerstört würden.

Aber der konkrete Schritt den Stratfor theoretisch annimmt, bestünde in einem Artilleriebeschuss Seouls durch Nordkorea. Seine Stellungen würden zwar von Amerika attackiert, was aber nicht die schweren Zerstörungen in der Hauptstadt Südkoreas verhinderte. Nach Nordkoreas vermutetem Kalkül würde Südkorea sehr bald einen Waffenstillstand fordern, weil Amerika einige Tage benötigte bis alle Artilleriestellungen der Nordkoreaner ausgeschaltet wären.
In diesen von China vermittelten Verhandlungen könnte Kim Jong-un einen Ausgleich verlangen für den Stop der Bombardierung von Seoul und vor allem hätte es sein Ziel der direkten Verhandlungen mit Amerika erreicht.
Kim Jong-un hätte seine Glaubwürdigkeit und Führungsstärke unter Beweis gestellt. 

George Friedman räumt die großen Risiken für diese Szenario ein und hält es für unwahrscheinlich.
Südkorea könnte zum Beispiel länger durchhalten weil es nicht unter der ständigen Bedrohung vom Norden leben wollte und Nordkoreas Artillerie könnte sich als ineffektiv erweisen.

"Considering a Departure in North Korea's Strategy is republished with permission of Stratfor."

Es stellt sich also die Frage ob die Eskalationsstufe von Nordkorea erhöht wurde, weil der Diktator Kim Jong-un unter dem Druck von Partei und Militär um seine Reputation kämpft und dieses Säbelrasseln als symbolträchtigen außenpolitisch/militärischen Erfolg braucht, oder ob tatsächlich das Regime selbst, und nicht etwa nur der "Führer", sein Ende sieht und sich mit einem Angriff auf Südkorea retten will.
Die Antwort wird nicht zuletzt von den Interessen Chinas abhängen das an guten Handelsbeziehungen zu Südkorea sehr interessiert ist. Und wie es sich die Zukunft auf der koreanischen Halbinsel vorstellt. 

Erling Plaethe


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