Zugegeben, die deutsche Öffentlichkeit liebt es, sich am Sturz von Denkmälern zu weiden - siehe Guttenberg. Und da der Bayern-Präsident halt immer ziemlich große Sprüche geklopft hat, holen diese ihn jetzt verdientermaßen wieder ein. Für sein Handeln wird ihn gegebenenfalls die Justiz belangen. Soweit geht alles seinen geordneten Gang, das einzig mögliche Problem: Gibt es bei einem eventuellen Prozess ausreichend Plätze für Sechzgerfans?
Warum also die Aufregung? Warum ist die Kanzlerin von einer Tat, über die sie bisher genau so wenig weiß wie 80 Millionen andere Deutsche auch, genau so enttäuscht wie bisher nur von einem Buch, das sie nicht gelesen hat?
Warum bezeichnet Florian Pronold das Vergehen von Uli Hoeneß als die schlimmste Form asozialen Verhaltens (man ist versucht hinzuzufügen: Schlimmer als explodierende Schnellkochtöpfe in eine Menschenmenge zu werfen...)?
Wahlkampf? Gewiss. Aber gerade im Wahlkampf weiß man, dass Politiker und Medien um so mehr versuchen, die Stimmung "draußen im Lande" zu treffen. Und die beleuchtet unser Zitat des Tages:
Steuern sind die neue Volksobsession der Deutschen. Gestern waren es Doktorarbeiten, morgen ist es die Frage, ob jemand heimlich auf dem Klo geraucht hat. Irgendein Tugendterror herrscht immer, muß immer herrschen, sonst kämen zu viele Menschen in die Verlegenheit, sich mit sich selbst zu beschäftigen. Doch im Machtrausch des Tugendterrors haben sie die Chance, sich ganz mit dem Staat, dem sie sonst voll Argwohn gegenüberstehen, zu identifizieren. Sie brüllen Datenschutz und verweigern Volkszählungen, aber wenn es darum geht, daß die Behörden dreckige Deals mit Kriminellen machen, um an geklaute Bankdaten zu kommen, dann sind fast alle dafür.Das Paradox wird evident, wenn man die Reaktionen auf Boston und Hoeneß vergleicht. Forderungen nach Vorratsdatenspeicherungen wurden abgelehnt, aber der Kauf von Steuer-CDs gefordert. Argument in beiden Fällen: Der Schutz des Rechtsstaates.
Burkhard Müller-Ulrich, via achgut
Meister Petz
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