18. Januar 2009

Wahlen in Hessen: Schwarzgelb 54 bis 56 Prozent; Volksfront 41 bis 43 Prozent. Sagen die letzten Umfragen. Aber die Hessen könnten uns überraschen

Vor zehn Monaten war die Situation in Hessen bereits derart verfahren, daß hier zu lesen stand: "Jetzt hilft nur noch ein Reset. Jetzt helfen nur noch Neuwahlen".

Aber da begann für Hessen erst ein politisches Annus horribilis, das so ungefähr alles an Peinlichem, Schäbigem und Verlogenem brachte, was die Politik zu bieten hat. Politik so, wie sie der Politologe Franz Walter propagiert.

Wie werden die Hessen heute auf dieses Schauspiel, auf diese Schmierenkomödie reagieren? Ich bin mir da sehr unsicher.



Die drei Umfragen vom Januar (von Forsa, der Forschungsgruppe Wahlen und Infratest dimap) ergaben freilich so übereinstimmende Daten, daß man meinen könnte, das Wahlergebnis stehe schon so gut wie fest: Die CDU erreichte zweimal 41 und einmal 42 Prozent; die SPD zweimal 24 und einmal 25 Prozent, die FDP zweimal 13 und einmal 15 Prozent und die Kommunisten zweimal 5 und einmal 4 Prozent. Selten stimmen Umfragen so perfekt überein.

Schwarzgelb 54 bis 56 Prozent; die Volksfront 41 bis 43 Prozent - so sieht es aus. Das ist in der Tat das wahrscheinlichste Wahlergebnis. Hier sind aber einige Gründe, warum die Hessen uns überraschen könnten:
  • Neuwahlen nach einem Jahr derartigen politischen Frusts hat es in der Bundesrepublik noch nicht gegeben. Niemand hat Erfahrungswerte, wie die Wähler darauf reagieren. Beispielsweise - das erscheint mir wahrscheinlich - mit eine ungewöhnlich niedrigen Wahlbeteiligung. Anders als ihre amerikanischen Kollegen erheben deutsche Demoskopen nicht, wie sicher es ist, daß ein Befragter, der seine Präferenz zu Protokoll gibt, auch tatsächlich zur Wahl geht. Das könnte zu einer Abweichung des Ergebnisses von den Umfragen führen.

  • Die Umfragen sehen seit der Entscheidung für Neuwahlen Schwarzgelb weit vor der Volksfront. Das könnte auf das Verhalten von Wählern zurückwirken, die sich im letzten Augenblick sagen: "So stark wollen wir Koch denn doch nicht machen". In Frankreich nennt man das "Oui, mais"- Stimmen; "Ja, aber"- Stimmen. Vor allem die FDP könnte davon profitieren, die sich in der Krise des vergangenen Jahres als eine glaubwürdige Partei vorteilhaft abgehoben hat; nicht zuletzt ein Verdienst ihres ausgezeichneten Vorsitzenden Jörg- Uwe Hahn.

  • Thorsten Schäfer- Gümbel hat eine bessere Figur gemacht, als viele erwartet haben; was angesichts der bescheidenen Erwartungen freilich nicht schwer war. Möglich, daß das der SPD doch noch die eine oder andere Stimme mehr einbringt, als die Umfragen erwarten lassen.

  • Die Kommunisten haben im Wahlkampf ein miserables Bild geboten. Vielen Wählern dürfte erst jetzt aufgegangen sein, daß "Die Linke" eine kommunistische Partei ist. Es gilt zwar bei Demoskopen als Erfahrungswert, daß eine geringe Wahlbeteiligung extremistischen Parteien nützt, weil deren Anhänger diszipliniert zur Wahl gehen. Das gilt aber nicht für eine Partei in einem so konfusen Zustand, wie ihn die hessischen Kommunisten zeigen. Falls sie Stimmen verlieren, könnten diese der SPD zugutekommen.
  • Das sind überwiegend Faktoren, die dazu führen könnten, daß die SPD etwas besser abschneidet, als die Umfragen erwarten lassen.

    Andererseits neigen die Hessen dazu, Politiker und Parteien abzustrafen. Das Desaster der CDU vor einem Jahr war wesentlich eine Reaktion auf den Wahlkampf Roland Kochs, der als manipulativ wahrgenommen wurde. In diesem Umfang hatte das kaum eine Umfrage vorhergesehen. Auch jetzt ist denkbar, daß der Zorn auf die Intriganz der Andrea Ypsilanti und ihrer Gefolgsleute so groß ist, daß die SPD am Ende noch schlechter abschneidet, als die Umfragen erwarten lassen.



    "Wenn der Hahn kräht auf dem Mist, ändert sich's Wetter, oder es bleibt, wie's ist" - das ist also so ungefähr die Qualität dessen, was mir diesmal prognostizierbar erscheint. Sieht man von einer geringen Wahlbeteiligung ab, die es wohl geben wird.

    Eigentlich scheue ich es nicht, mich mit einer Prognose festzulegen; bei der Wahl des französischen Präsidenten im Frühjahr 2007 und bei den amerikanischen Wahlen jetzt im vergangenen November habe ich das getan.

    Aber heute nicht. Ich bin gespannt, ob die Hessen sich brav an die Umfragen halten, oder ob sie uns überraschen. Wer den Wahlabend nicht nur am TV, sondern auch im Internet verfolgen möchte, dem ist wie immer die schnelle und präzise Berichterstattung bei Wahlrecht.de zu empfehlen.



    Für Kommentare bitte hier klicken.