21. Januar 2009

Alles Gute, Präsident Obama!

Selten hat ein Staatsmann ein Amt mit so vielen Vorschußlorbeeren angetreten wie Präsident Obama.

Ein Mann, der bisher weder in seinem Beruf noch in der Politik Außergewöhnliches oder auch nur Bemerkenswertes geleistet hat. Ein Präsident, der sein Amt mit so wenig Erfahrung antritt, wie kaum je einer in der Geschichte der Vereinigten Staaten von Nordamerika.

Ein Präsident, der dieses Amt seiner ungewöhnlichen rhetorischen Begabung verdankt, einer großen Fähigkeit, Menschen für sich einzunehmen, und dem Umstand, daß mit ihm erstmals ein Schwarzer Präsident der USA wurde.

Und der es vor allem Versprechungen verdankt, die eher in die Welt des Religiösen gehören als in diejenige der Politik: Heilen. Versöhnen. Das Erlebnis, daß man - Yes, we can! - in der großen Gemeinschaft über sich hinauswächst.

Je öfter ich diesen Barack Obama im Wahlkampf auf dem Bildschirm erlebt habe, je mehr ich über ihn gelesen habe, umso kritischer bin ich ihm gegenüber geworden. Ich kann die Obamania, die Begeisterung, die Obama allein mit leeren Worten, mit Appellen an Emotionen und an ein diffuses Gemeinschaftsgefühl bewirkt hat, nicht nachvollziehen. Sie erschreckt mich.

Während des Wahlkampfs habe ich diese Skepsis, habe ich meine Vorbehalte gegen Barack Obama immer wieder dargelegt; nehmen Sie als Beispiele vielleicht diesen und diesen Artikel, beide vom Februar 2008. In dem Jahr, das seither fast vergangen ist, habe ich nichts über Barack Obama erfahren, das mich veranlaßt hätte, diese Sicht auf ihn zu ändern oder auch nur über ihre Änderung nachzudenken.



Dennoch werden Sie diese Beurteilung künftig hier nicht mehr lesen; jedenfalls vorerst nicht. Es gefällt mir nicht, aber Barack Obama ist jetzt der Präsident der USA. Man kann bei aller Skepsis nur wünschen, daß er ein guter Präsident sein wird.

Unabhängig davon, was er als Präsident leisten wird und welche Entscheidungen er treffen wird, hat sein Amtsantritt aus meiner Sicht jedenfalls zwei positive Seiten:

Erstens hat der Umstand, daß nun zum ersten Mal ein Schwarzer Präsident ist, offenbar wirklich das Verhältnis zwischen den Rassen in den USA geradezu umgewälzt. Der Rassismus ist besiegt; das scheint mir nicht zu hoch gegriffen zu sein.

Und zweitens wird es den Feinden der USA mit einem Präsidenten Barack Hussein Obama zumindest erschwert, dieses Land als den "großen Teufel" darzustellen.

Ich werde es also, was Barack Obama angeht, jetzt mit, sagen wir, einem Reset versuchen. Ich habe mir vorgenommen, die Meinung, die ich mir während des Wahlkampfs von ihm gebildet habe, zu suspendieren. Sie auszuklammern, sie in Quarantäne zu schicken. Auf ein Neues!

"Wem Gott ein Amt gibt, dem gibt er auch den Verstand dazu", sagt ein Sprichwort. Barack Obama hat sich bisher jeder neuen Lebenssituation bestens angepaßt. Vielleicht gelingt ihm auch die Mutation vom Rhetoriker, der als Retter auftrat, zum verantwortlichen, rational handelnden Staatsmann

Ich wünsche es den USA; und ich wünsche es uns. Ich wünsche Präsident Obama alles Gute.



Die Titelvignette zeigt das offizielle Foto von Präsident Obama. Es wurde wenige Stunden vor seinem Amtsantritt von Peter Souza aufgenommen und ist unter Creative Commons Attribution 3.0 Unported License freigegeben. Für Kommentare bitte hier klicken.