Überraschendes trägt sich in diesen Tagen zu, in denen die Krise langsam Fahrt aufnimmt.
Eine Ideologie, von der man schon dachte, sie sei im Orkus der Geschichte verschwunden, dringt auf einmal wieder vor; zwar nicht in die Wissenschaft, aber doch in die Feuilletons und in manche Seminarräume.
Eine Partei, die - so lange ist es noch nicht her - jedesmal das Erlebnis eines Erfolgs packte, wenn sie wieder einmal die Hürde der fünf Prozent überwunden hatte, nähert sich der magischen Marke von 18 Prozent.
Die "Süddeutsche Zeitung" bietet in ihrer Online-Ausgabe im Augenblick diese beiden Artikel an:
Daß ausgerechnet in der schwersten Krise des Kapitalismus seit 1929 die deutschen Liberalen sich in den Umfragen in selten erreichte Höhen erheben, mag schon eher überraschen.
Marx ist wieder "in"; nicht nur an den Unis. Im aktuellen "Spiegel" debattiert dessen Redakteur Philipp Oehmke mit dem Schriftsteller Dietmar Dath, einem bekennenden Marxisten; inzwischen hat Oehmke das Gespräch auch noch zu einem Artikel in "Spiegel- Online" verarbeitet.
Auszug aus dem Gespräch im gedruckten "Spiegel" (5/2009, S.132):
Damals war diese Meinung weit verbreitet: Die UdSSR, das sei ein erster, in der Tat mißlungener Versuch, den Sozialismus einzuführen. Aber im nächsten Anlauf - anliefen damals vor allem Cuba und Vietnam, aber auch auf Albanien wurden große Hoffnungen gesetzt, und natürlich China - werde der wahre Sozialismus entstehen.
Das Ergebnis ist heute zu besichtigen.
Der Glaube an den nächsten Anlauf, der den wahren Sozialismus gebiert, ist aber offenbar nicht auszurotten. Es ist wie bei einer Weltuntergangs- Sekte, die seit Jahrhunderten damit leben muß, daß der jeweils prophezeite Weltuntergang ausbleibt. Aber beim nächsten Mal ...
Jeder weitere "Anlauf" in Richtung Sozialismus wird ebenso scheitern wie alle bisherigen, weil ein egalitäres Gesellschaftssystem, wie die Sozialisten es sich erträumen, nur mit Gewalt aufrechterhalten werden kann. Weil es damit zugleich ineffizient ist und Armut erzeugt.
Läßt man den Menschen Freiheit, dann verhalten sie sich individuell verschieden, gemäß ihren Begabungen, Wünschen, Zielen und Interessen; und vorbei ist es mit der Gleichheit. Jede Lockerung der staatlichen Gewalt im Sozialismus führt zu einer Dynamik der Gesellschaft und der Wirtschaft, die den Sozialismus aushebelt. Die Entwicklung in China - inzwischen eines der Länder mit den krassesten sozialen Gegensätzen - illustriert das.
Binsenweisheiten, sollte man meinen. Erfahrungen nach fast hundert Jahren, in denen man den Sozialismus zu realisieren versucht hat.
Aber Träumereien sind nicht durch die Wirklichkeit zu widerlegen. Und zeigt nicht darüber hinaus die Wirklichkeit der jetzigen Krise, daß "Marx doch Recht gehabt" hat?
Nein, das zeigt sie nicht. Jede Wirtschaftstheorie, nicht nur die marxistische, kennt das Phänomen der Wirtschaftskrise und erklärt es. Marx hätte nur dann "doch Recht gehabt", wenn diese Krise uns aus dem Kapitalismus heraus und hinein in den Sozialismus befördern würde. Sie wird aber nur Fehlentwicklungen des Kapitalismus korrigieren und ihn damit stärken.
Womit wir bei der FDP sind.
Während zum Beispiel in Frankreich, wie es dessen nationaler Tradition entspricht, anläßlich der Krise ein wenig Revolutions- Theater dargeboten wird, zeigt sich in den meisten anderen Ländern des globalen Kapitalismus nicht die Spur einer Hinwendung zum Sozialismus als Folge der Wirtschaftskrise. Weit und breit keine "revolutionäre Situation".
Ganz im Gegenteil. Und für dieses Gegenteil steht zum Beispiel die wachsende Zustimmung, die in Deutschland gegenwärtig die FDP findet.
Die Kommunisten, die in den Umfragen lange Zeit vor den Liberalen lagen, sind im aktuellen Politbarometer in den Rohdaten auf 7 Prozent abgerutscht. Die FDP hat - freilich auf Kosten der CDU - mehr als das Doppelte dieser Zustimmung: 16 Prozent in den Rohdaten. Gewichtet (in der "Projektion") sind das 14 Prozent für die Liberalen und 9 Prozent für die Kommunisten.
Das deutet nicht eben darauf hin, daß die Deutschen aus der Krise den Schluß ziehen, die Zeit sei reif für den nächsten "Anlauf" in Richtung Sozialismus.
Stattdessen erlebt die einzige liberale Partei in Deutschland einen Aufschwung wie selten in ihrer Geschichte. Wie kommt das?
Es fällt mir nicht leicht, es zu erklären, weil ich es nicht erwartet hatte. Selbst in den USA waren die Wähler als Reaktion auf die Krise nach links gerückt; am Ende des Wahlkampfs galt Barack Obama als kompetenter in der Wirtschaftspolitik als der Republikaner John McCain.
Mit dem guten Abschneiden der FDP bei den Wahlen in Hessen hatte ich gerechnet - aber als Korrektiv zu Koch, nicht als Ausdruck einer starken liberalen Stimmung im Lande.
Warum also der jetzige Höhenflug der FDP? Vielleicht, weil manchen, die im allgemeinen die CDU wählen, deren Schwenk in Richtung Staats- Interventionismus inzwischen unheimlich geworden ist. Jetzt wird bereits die gesetzliche Regelung der Verstaatlichung von Banken vorbereitet.
Es mag sein, daß der Ernst der wirtschaftlichen Lage solche Interventionen unvermeidlich macht. Aber Gesetze und sonstige Regelungen, die in einer Krise beschlossen werden, haben ja die Tendenz, ausgesprochen dauerhaft zu werden.
Da sollte man gegensteuern, für die Zeit nach der Krise. Es könnte sein, daß diese Überlegung manchen traditionellen CDU- Wähler veranlaßt hat, jetzt die FDP zu bevorzugen.
Eine Ideologie, von der man schon dachte, sie sei im Orkus der Geschichte verschwunden, dringt auf einmal wieder vor; zwar nicht in die Wissenschaft, aber doch in die Feuilletons und in manche Seminarräume.
Eine Partei, die - so lange ist es noch nicht her - jedesmal das Erlebnis eines Erfolgs packte, wenn sie wieder einmal die Hürde der fünf Prozent überwunden hatte, nähert sich der magischen Marke von 18 Prozent.
Die "Süddeutsche Zeitung" bietet in ihrer Online-Ausgabe im Augenblick diese beiden Artikel an:
Daß die Wirtschaftskrise Marx wieder aus der Mottenkiste hüpfen läßt wie ein Springteufelchen, ist vielleicht nicht verwunderlich."Marx: Lesekreise an Unis - Frisches Kapital". Vorspann: "Quer durch Deutschland lesen Studenten wieder Marx. Sie wühlen sich durch 'Das Kapital' - und das alles in ihrer Freizeit. Die Finanzkrise macht es möglich." "Politbarometer Januar - FDP im Höhenflug". Vorspann: "Im Beliebtheitsranking kann die FDP weiter zulegen, die Union sackt ein wenig ab. Dennoch behält Schwarz- Gelb eine klare Mehrheit. Bei der Kanzler- Frage vergrößert sich Angela Merkels Vorsprung."
Daß ausgerechnet in der schwersten Krise des Kapitalismus seit 1929 die deutschen Liberalen sich in den Umfragen in selten erreichte Höhen erheben, mag schon eher überraschen.
Marx ist wieder "in"; nicht nur an den Unis. Im aktuellen "Spiegel" debattiert dessen Redakteur Philipp Oehmke mit dem Schriftsteller Dietmar Dath, einem bekennenden Marxisten; inzwischen hat Oehmke das Gespräch auch noch zu einem Artikel in "Spiegel- Online" verarbeitet.
Auszug aus dem Gespräch im gedruckten "Spiegel" (5/2009, S.132):
Ohemke: Sie sind also für die Beseitigung des kapitalistischen Systems?Wenn ich so etwas lese, dann fühle ich mich nicht um zwanzig, sondern um vierzig Jahre zurückversetzt.
Dath: Absolut.
Ohemke: Und dann?
Dath: Dann kommt ein System der gemeinschaftlichen, arbeitsteiligen, demokratischen Produktion auf dem Stand der höchstentwickelten Technik. Marx nennt das Sozialismus.
Ohemke: War es nicht das, was gerade erst vor zwanzig Jahren untergegangen ist?
Dath: Die bürgerliche Demokratie hat auch ein paar Anläufe gebraucht. (...) Es ist Zeit für die nächste Stufe.
Damals war diese Meinung weit verbreitet: Die UdSSR, das sei ein erster, in der Tat mißlungener Versuch, den Sozialismus einzuführen. Aber im nächsten Anlauf - anliefen damals vor allem Cuba und Vietnam, aber auch auf Albanien wurden große Hoffnungen gesetzt, und natürlich China - werde der wahre Sozialismus entstehen.
Das Ergebnis ist heute zu besichtigen.
Der Glaube an den nächsten Anlauf, der den wahren Sozialismus gebiert, ist aber offenbar nicht auszurotten. Es ist wie bei einer Weltuntergangs- Sekte, die seit Jahrhunderten damit leben muß, daß der jeweils prophezeite Weltuntergang ausbleibt. Aber beim nächsten Mal ...
Jeder weitere "Anlauf" in Richtung Sozialismus wird ebenso scheitern wie alle bisherigen, weil ein egalitäres Gesellschaftssystem, wie die Sozialisten es sich erträumen, nur mit Gewalt aufrechterhalten werden kann. Weil es damit zugleich ineffizient ist und Armut erzeugt.
Läßt man den Menschen Freiheit, dann verhalten sie sich individuell verschieden, gemäß ihren Begabungen, Wünschen, Zielen und Interessen; und vorbei ist es mit der Gleichheit. Jede Lockerung der staatlichen Gewalt im Sozialismus führt zu einer Dynamik der Gesellschaft und der Wirtschaft, die den Sozialismus aushebelt. Die Entwicklung in China - inzwischen eines der Länder mit den krassesten sozialen Gegensätzen - illustriert das.
Binsenweisheiten, sollte man meinen. Erfahrungen nach fast hundert Jahren, in denen man den Sozialismus zu realisieren versucht hat.
Aber Träumereien sind nicht durch die Wirklichkeit zu widerlegen. Und zeigt nicht darüber hinaus die Wirklichkeit der jetzigen Krise, daß "Marx doch Recht gehabt" hat?
Nein, das zeigt sie nicht. Jede Wirtschaftstheorie, nicht nur die marxistische, kennt das Phänomen der Wirtschaftskrise und erklärt es. Marx hätte nur dann "doch Recht gehabt", wenn diese Krise uns aus dem Kapitalismus heraus und hinein in den Sozialismus befördern würde. Sie wird aber nur Fehlentwicklungen des Kapitalismus korrigieren und ihn damit stärken.
Womit wir bei der FDP sind.
Während zum Beispiel in Frankreich, wie es dessen nationaler Tradition entspricht, anläßlich der Krise ein wenig Revolutions- Theater dargeboten wird, zeigt sich in den meisten anderen Ländern des globalen Kapitalismus nicht die Spur einer Hinwendung zum Sozialismus als Folge der Wirtschaftskrise. Weit und breit keine "revolutionäre Situation".
Ganz im Gegenteil. Und für dieses Gegenteil steht zum Beispiel die wachsende Zustimmung, die in Deutschland gegenwärtig die FDP findet.
Die Kommunisten, die in den Umfragen lange Zeit vor den Liberalen lagen, sind im aktuellen Politbarometer in den Rohdaten auf 7 Prozent abgerutscht. Die FDP hat - freilich auf Kosten der CDU - mehr als das Doppelte dieser Zustimmung: 16 Prozent in den Rohdaten. Gewichtet (in der "Projektion") sind das 14 Prozent für die Liberalen und 9 Prozent für die Kommunisten.
Das deutet nicht eben darauf hin, daß die Deutschen aus der Krise den Schluß ziehen, die Zeit sei reif für den nächsten "Anlauf" in Richtung Sozialismus.
Stattdessen erlebt die einzige liberale Partei in Deutschland einen Aufschwung wie selten in ihrer Geschichte. Wie kommt das?
Es fällt mir nicht leicht, es zu erklären, weil ich es nicht erwartet hatte. Selbst in den USA waren die Wähler als Reaktion auf die Krise nach links gerückt; am Ende des Wahlkampfs galt Barack Obama als kompetenter in der Wirtschaftspolitik als der Republikaner John McCain.
Mit dem guten Abschneiden der FDP bei den Wahlen in Hessen hatte ich gerechnet - aber als Korrektiv zu Koch, nicht als Ausdruck einer starken liberalen Stimmung im Lande.
Warum also der jetzige Höhenflug der FDP? Vielleicht, weil manchen, die im allgemeinen die CDU wählen, deren Schwenk in Richtung Staats- Interventionismus inzwischen unheimlich geworden ist. Jetzt wird bereits die gesetzliche Regelung der Verstaatlichung von Banken vorbereitet.
Es mag sein, daß der Ernst der wirtschaftlichen Lage solche Interventionen unvermeidlich macht. Aber Gesetze und sonstige Regelungen, die in einer Krise beschlossen werden, haben ja die Tendenz, ausgesprochen dauerhaft zu werden.
Da sollte man gegensteuern, für die Zeit nach der Krise. Es könnte sein, daß diese Überlegung manchen traditionellen CDU- Wähler veranlaßt hat, jetzt die FDP zu bevorzugen.
Die Titelvignette zeigt Adam Smith. Für Kommentare bitte hier klicken.