15. Januar 2009

Zitat des Tages: "Es geht um die Freiheit des cubanischen Volks". Hillary Clinton vor dem Senat. Wandel durch Annäherung. Wie ist die Lage in Cuba?

You know, our policy is, first and foremost, about the freedom of the Cuban people and the bringing of democracy to the island of Cuba. We hope that the regime in Cuba, both Fidel and Raul Castro, will see this new administration as an opportunity to change some of their typical approaches. Let those political prisoners out. Be willing to, you know, open up the economy and lift some of the oppressive strictures on the people of Cuba. And I think they would see that there would be an opportunity that could be perhaps exploited.

(Also, in allererster Linie geht es bei unserer Politik um die Freiheit des cubanischen Volks und darum, der Insel Cuba die Demokratie zu bringen. Wir hoffen, daß das Regime in Cuba, sowohl Fidel als auch Raul Castro, diese neue Regierung als eine Chance sehen, einige ihrer typischen Ansätze zu ändern. Laßt diese politischen Gefangenen frei. Seid, nicht wahr, bereit, die Wirtschaft zu öffnen und einige der Strukturen aufzuheben, durch die das cubanische Volk unterdrückt wird. Und ich denke, daß sie sehen würden, daß es eine Gelegenheit gibt, die vielleicht genutzt werden könnte.)

Die designierte US-Außenministerin Hillary Clinton vorgestern bei ihrer Anhörung vor dem Senat.

Clinton hat außerdem in der Anhörung erklärt, daß die bisherigen Einschränkungen für Exilcubaner, nach Cuba zu reisen und Geld dorthin zu transferieren, aufgehoben werden würden. - Von dem Embargo gegen Cuba war nicht die Rede; Clinton wurde nicht danach gefragt und ging auch nicht von sich aus darauf ein.

Kommentar: Kommt Ihnen das, was Clinton sagte, auch bekannt vor? Es ist offenkundig die Politik eines "Wandels durch Annäherung", die - wesentlich gestaltet von Egon Bahr - von der Regierung Willy Brandts gegenüber der DDR und dem Ostblock betrieben wurde.

War diese Politik erfolgreich? Wie man es nimmt.

Damals - in den siebziger und auch noch in den achtziger Jahren - hat sie den Sozialismus zunächst nur stabilisiert und seinen Zusammenbruch hinausgezögert. Herbeigeführt hat ihn nicht die weiche Politik à la Brandt und Bahr, sondern Reagans harte Politik, die Kommunisten zu stellen und herauszufordern.

Daß dieser Zusammenbruch in Form einer größtenteils friedlich verlaufenen Implosion statt als eine gewaltsame Revolution gegen den Sozialismus stattfand, mag freilich mit das Verdienst dieser Politik sein.

Während die Regimes wirtschaftlich und politisch stabilisiert wurden, wurden sie doch zugleich auch gesellschaftlich und ideologisch aufgeweicht: Der Eiserne Vorhang wurde immer durchlässiger für "Menschen und Meinungen", wie Rainer Barzel das damals formulierte. Es entstanden die Voraussetzungen für einen friedlichen Übergang zum freiheitlichen Rechtsstaat.



Und jetzt in Cuba? Wenn man die Stellungnahme von Clinton genau liest, dann klingt sie reichlich naiv. Das Ziel der neuen Politik seien Freiheit und Demokratie in Cuba. Zugleich aber sollten die Führer Cubas " ... sehen, daß es eine Gelegenheit gibt, die vielleicht genutzt werden könnte".

Ja, sie werden sehen, daß das vielleicht genutzt werden könnte: Um sie zu verjagen.

Das Versprechen von Freiheit und Demokratie ist ja nichts anderes als das Versprechen, dem kommunistischen Regime ein Ende zu bereiten.

Bisher waren es die USA, die durch Reise- Restriktionen einen freien Reiseverkehr nach Cuba verhinderten. Man darf gespannt sein, wie Raúl Castro reagiert, wenn diese Restriktionen tatsächlich fallen und ein massiver Reiseverkehr einsetzt. Seine Freude über den Besuch all der lieben Verwandten dürfte sehr gedämpft sein.



Was das Embargo angeht, empfehle ich sehr den Artikel von Humberto Fontova im gestrigen American Thinker ("A Bailout for Castro Too?").

Fontova schildert zum einen die desolate Wirtschaftslage Cubas: Bereits Ende 2006 hat die französische staatliche Export- Import- Bank COFACE Cuba wegen Zahlungsunfähigkeit den Kredit gesperrt; Cuba stand dort mit 175 Millionen Dollar in der Kreide. Dasselbe tat im selben Jahr die staatliche mexikanische Bancomex, der Cuba Schulden in Höhe von 365 Millonen Dollar nicht zurückzahlen konnte. 2008 hat sich Südafrika angeschlossen, bei dem Cuba ebenfalls mehr als 100 Millionen Dollar Schulden hat.

Rating- Gesellschaften positionieren Cuba, was die Zahlungsfähigkeit angeht, an das untere Ende der Rangreihe; zusammen mit Ländern wie Weißrußland und Angola.

Liegt das etwa am US-Embargo? Keineswegs, schreibt Fontova. Dieses sei seit 1998 faktisch so gut wie aufgehoben; es bestehe lediglich noch darin, daß von Cuba verlangt werde, alle Lieferungen cash zu bezahlen.

Und diese Lieferungen - das ist (laut Fontova) im Umfang nicht wenig. Unter den Ländern, aus denen Cuba Waren importiert, liegen die USA an fünfter Stelle; bei den Importen von Lebensmitteln sogar an erster Stelle.



Wie wird es also unter Obama weitergehen? Das kommunistische Cuba hat allein keine Überlebenschance. Es gibt drei mögliche Entwicklungen:

Erstens die Implosion des Regimes à la Ostblock 1989; das ist offensichtlich das Ziel von Obama und Clinton. Zweitens eine Revolution, die mehr oder weniger blutig ausfallen kann.

Und drittens - diese Möglichkeit wird oft übersehen - könnte das Regime sich zu retten versuchen, indem es eine staatliche Union, in welcher Form auch immer, mit Venezuela eingeht. Vieles spricht dafür, daß es solche Überlegungen gibt. Ich habe immer einmal wieder darüber berichtet; zum Beispiel im Oktober 2007, als Hugo Chávez durch Cuba reiste, als sei er bereits dessen Präsident.

Die Vorteile für beide Seiten liegen auf der Hand: Venezuela würde Cuba wirtschaftlich stützen; dieses könnte mit seinem Geheimdienst und seiner Armee Chávez vor jedem Putsch gegen ihn bewahren.

Nur muß für eine solche Lösung der Aufbau des Sozialismus in Venezuela weit genug vorangekommen sein. Und andererseits wird das Regime in Cuba vielleicht schon mit dem Tod Fidel Castros, spätestens mit dem Raúls - er wird im Juni auch schon achtundsiebzig - am Ende sein. Es ist ein Wettlauf mit der Zeit.



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