24. Januar 2010

Zettels Meckerecke: Ein SUV mit 502 km/h und die Qualität der Klimaforschung. Nebst einem Nachtrag

Wenn ein Autotester die Höchstgeschwindigkeit eines serienmäßigen SUV versehentlich mit 502 km/h statt mit 205 km/h angäbe, dann würde man den Betreffenden zu Recht für durchgeknallt halten.

Einen Schnitzer dieser Größenordnung hat sich, wie man weiß, der Weltklimarat (IPCC) in seinem aktuellen Bericht geleistet. Dort wird mit großem Tamtam vorhergesagt, daß die Gletscher des Himalaya bis 2035 abgeschmolzen sein werden.

Seit vergangener Woche ist in den Grundzügen bekannt, wie es zu dieser drastischen Fehlleistung kam. Gerald Traufetter schildert es jetzt im Detail im gedruckten "Spiegel" der kommenden Woche ("Schmelzendes Vertrauen"; S. 124-126).

Es begann mit einer Publikation in einem populärwissenschaftlichen (!) Magazin, dem New Scientist. Dort erschien bereits vor einem Jahrzehnt, im Jahr 1999, ein Interview mit dem indischen Glaziologen Syed Hasnain, in dem diese Prognose erstmals auftauchte.

Hasnain hatte sie von seinem russischen Kollegen Wladimir Kotljakow übernommen, der sich im Jahr 1996 mit dem möglichen Abschmelzen der Gletscher des Himalaya in einer Publikation befaßt hatte. In dieser Arbeit steht das Jahr, für das Kotljakow das Abschmelzen der Gletscher erwartete - 2350. Was sich zu 2035 ungefähr so verhält wie die Geschwindigkeit von 502 km/h zu 205 km/h.



Nicht, daß beim Abschreiben von Zahlen ein solcher Zahlendreher vorgekommen ist, gibt Anlaß zum Kopfschütteln. Sondern daß das Niemandem von denen aufgefallen ist, die an dem betreffenden Kapitel im Bericht des IPCC mitgeschrieben, die ihn Korrektur gelesen, die ihn zum Druck freigegeben haben.

Vor allem ist es unverständlich, daß der Fehler Hasnain selbst nicht aufgefallen ist, der diese Zahl vor zehn Jahren in die Welt gesetzt hat.

Offenbar hat der Mann keine Vorstellung von der Dicke des Eises im Himalaya und von der Energie, die erforderlich wäre, um dieses Eis innerhalb weniger Jahrzehnte vollständig abzuschmelzen. So, wie ein Autotester, der einem SUV die Höchstgeschwindigkeit von 502 km/h zutraut, offenkundig keine Vorstellung davon hat, wie schnell in Serie produzierte PKWs fahren können.



Aber es kommt noch dicker.

Nicht nur gehört der eminente Glaziologe Syed Hasnain dem Energy and Resources Institute (TERI) in Neu-Delhi an, dessen Direktor ein gewisser Rajendra Pachauri ist; wie es der Zufall will, der Vorsitzende des IPCC seit 2002. Nicht nur wurde - laut Traufetter - der Fehler, der intern bereits im November 2009 bekannt gewesen war, so lange geheim gehalten, bis ein Forschungsprojekt von Pachauri genehmigt worden war, in dem dieser just das Abschmelzen der Gletscher des Himalaya untersuchen will; zusammen mit, Sie ahnen es, der Koryphäe Syed Hasnain.

Sondern Pachauri präsentiert für den unglaublichen Fehler in dem von ihm verantworteten Bericht auch noch eine Erklärung, die für einen Wissenschaftler schon bemerkenswert ist: "Alle im IPCC waren damals mit den Vorbereitungen für den Klimagipfel in Kopenhagen beschäftigt."

Tja, vor einer Konferenz kann man von Wissenschaftlern halt kein sorgfältiges Arbeiten erwarten. Der Autotester entschuldigt sich für seine 502 km/h km/h vielleicht damit, daß er, als er den Artikel schrieb, leider Beziehungsstreß gehabt hatte.

Und immer noch nicht genug. Denn dieser Fehler steht keineswegs allein.

Da wurde - so Traufetter - im dritten IPCC-Bericht behauptet, durch den Klimawandel werde sich die Malaria ausbreiten. Es gibt keine Belege dafür, meint Paul Reiter vom Pariser Louis- Pasteur- Institut; ein Experte für Malaria.

Da heißt es des weiteren in dem aktuellen vierten Bericht des IPCC, durch den Klimawandel würden "wegen extremer Wetterphänomene" die Schäden aufgrund von Naturkatastrophen "rapide zunehmen".

Als Beleg wird eine einzige Untersuchung angeführt, die damals noch gar nicht begutachtet worden war; inzwischen liegen Gutachten vor, und sie sind vernichtend: "Wir finden nur unzulängliche Hinweise für einen statistischen Zusammenhang zwischen globalem Temperaturanstieg und Katastrophenschäden."

Vielleicht erinnern Sie sich an das, was anläßlich des Hurricans Katrina 2005 fabuliert wurde; oder anläßlich der Elbeflut 2002. Unwetter seien die Folge der globalen Erwärmung, so wurde es uns damals verkündet:

"Erwärmung bedeutet, dass mehr Energie im Umlauf ist und die Wettermaschine schneller antreibt. Unwetterkatastrophen werden häufiger auftreten – davon ist Latif überzeugt. Und sie werden riesige Schäden verursachen"; so schrieb es am 18. 8. 2002 der "Tagesspiegel" über den von Talkshow zu Talkhow reisenden Ozeanologen Mojib Latif.

Sie sind keineswegs häufiger geworden, die Unwetterkatastrophen. Und was die Hurricans angeht, konnte man vor zweieinhalb Jahren in diesem Blog lesen, was es nach Ansicht des führenden Hurrican- Forschers William Gray damit auf sich hat (Hurricans und globale Erwärmung - ein modernes Märchen?; ZR vom 27. 7. 2007):

Vorübergehende Zunahmen in der Zahl und/oder Schwere von Hurricans gehen nach Gray auf Schwankungen der sogenannten thermohalinen Zirkulation im Atlantik zurück. Warmes Wasser strömt an der Oberfläche nach Norden und kehrt, abgekühlt, als Tiefenströmung zurück. Je nach natürlichen Schwankungen des Salzgehalts ist diese maritime Zirkulation manchmal heftiger, manchmal geringer. Je heftiger sie ist, umso mehr Luftaustausch gibt es über dem Atlantik, und damit treten zahlreichere und stärkere Hurricans auf.

Aber solche detaillierten Untersuchungen der Meeresströmungen (wie auch des Einflusses der Sonnenflecken- Aktivität) stören offenbar das alarmistische Szenario von der Katastrophe, in die der sündige Mensch mit seiner Energieverschwendung die Erde hineintreibt (siehe den Gastkommentar von Herr Klimaschutz als Religionsersatz; ZR vom 8. 12. 2009).

Also fanden diese Faktoren bei den Autoren der IPCC-Berichte kaum Beachtung. Bis man sie jetzt aus dem Hut zauberte, um zu erklären, daß seit zehn Jahren keine globale Erwärmung mehr zu beobachten ist; siehe Es ist vorerst vorbei mit der globalen Erwärmung; ZR vom 17. 11. 2009.

Zu hoffen ist, daß es auch bald vorbei ist mit dem unkritischen Glauben der Öffentlichkeit an das, was das IPCC verkündet; einem Glauben, der in dieser Verkündigung unumstößliche Wahrheit sieht statt die Vermutungen einiger Wissenschaftler, die noch dabei sind, erste Schritte auf dem jungen und äußerst komplexen Forschungsgebiet der Klimatologie zu machen.




Nachtrag am 24. 1. um 16.00: In der gestrigen London Times wird über weitere Schlampereien, Fehler und Ungenauigkeiten in dem Abschnitt des IPCC-Berichts über die Gletscher des Himalaya berichtet; Falschangaben, die darauf hindeuten, daß die Autoren keinen Schimmer von ihrem angeblichen Forschungsgebiet haben (z.B. wird die gegenwärtige Fläche dieser Gletscher mit 500.000 Quadratkilometern angegeben; tatsächlich sind es 33.000).

Pikanterweise ist es kein anderer als Syed Hasnain selbst, der in einer Art Vorwärts- Verteidigung gegenüber der Times jetzt auf diesen und andere Fehler hinweist. Er war ja an der Abfassung des Berichts des IPCC nicht beteiligt.

Näheres in Zettels kleinem Zimmer.



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