31. März 2008

Kommunisten unter sich: "Die Linke" und der proletarische Internationalismus

Wie die Dinge gegenwärtig in Venezuela stehen, davon hat der langjährige Vertraute von Hugo Chávez, Heinz Dieterich, in einer schonungslosen Analyse auf der sozialistischen WebSite Apporea Ende letzten Jahres ein Bild entworfen. Eine deutsche Zusammenfassung ist hier zu lesen. Darüber, wie Venezuela auf dem Weg in den Sozialismus in diese Lage geraten ist, habe ich vor einem Jahr hier und kürzlich hier berichtet.

Venezuela dürfte, so wie es sich auf seinem Weg in den "Sozialismus des 21. Jahrhunderts" entwickelt, eines jener Länder wie Simbabwe sein, von denen nun wirklich nichts zu lernen ist. Es sei denn, man will aus ihrer katastrophalen Entwicklung entnehmen, wie man es auf keinen Fall machen darf.



Angesichts dieser Lage ist es schon ein wenig überraschend, in der heutigen "Jungen Welt" die Überschrift zu finden: "Von Venezuela lernen".

Wer will da von Venezuela lernen? Nun, "gut 30 Vertreter von Linksparteien und Gewerkschaften aus fast einem Dutzend EU-Ländern". Diese nämlich haben sich am vergangenen Samstag in Paris getroffen, "um konkrete Projekte zu besprechen". Projekte für Venezuela.

Und wie ist das nun mit dem Lernen von Venezuela? Davon sprach auf dem Treffen in Paris ein Vertreter der italienischen Kommunisten, jener orthodoxen Rifondazione Comunista, die sich von der PCI abgespalten hat, als diese ihren Frieden mit dem demokratischen Rechtsstaat zu machen begann. Dieser ungenannte Vertreter also sagte, laut "Junge Welt", schließlich "... könne die europäische Linke von Venezuela lernen, weil dort nicht nur auf mehr Demokratie, sondern auch auf sozialen Fortschritt gesetzt wird."

Was uns einen Eindruck davon vermittelt, wie die europäischen Kommunisten sich Demokratie und sozialen Fortschritt vorstellen.



Wenn es um Internationalismus geht, dann dürfen natürlich auch die deutschen Kommunisten nicht fehlen. Weiter in der "Jungen Welt":
Lucia Schnell von der deutschen Partei Die Linke verwies auf zunehmende Kontakte mit Caracas. (...) Für den kommenden Bundesparteitag sei ein Antrag geplant, der die Solidarität mit Venezuela bekräftigt: "Das ist schließlich nicht nur die Linie Oskar Lafontaines, sondern der gesamten Partei".
Die Linie Oskar Lafontaines? Ja, richtig, wir erinnern uns: Lafontaine ist bei "die Linke" für Außenkontakte mit anderen kommunistischen Parteien zuständig und hat beispielsweise den französischen und den cubanischen Kommunisten freundschaftliche Besuche abgestattet.

Schon kommenden Juni soll das nächste Treffen "linker Parteien" zu Venezuela stattinden. Diesmal in Berlin. Dort also wird der gewählte Vorsitzende der gemeinsamen Partei fast aller europäischer Kommunisten, Lothar Bisky, vermutlich seine Parteifreunde empfangen.



Es ist schon beeindruckend: Während die deutschen Kommunisten auf internationaler Ebene munter die Zusammenarbeit mit anderen Kommunisten, von Cuba über Venezuela bis Frankreich und Italien, pflegen und entwickeln, nehmen sie in Deutschland das Wort "Kommunismus" höchstens einmal in den Mund, um sich von jemandem zu distanzieren, der oder die so ungeschickt war, öffentlich eine kommunistische Gesinnung erkennen zu lassen.

Auch das jetzige Treffen in Paris fand sozusagen unter Ausschluß der deutschen Öffentlichkeit statt. Jedenfalls liefert eine Suche bei Paperball mit den Suchbegriffen "Paris" und "Venezuela" als einzigen Fund zu dem Pariser Treffen den Artikel in der "Jungen Welt". Bei Google News Deutschland dasselbe Ergebnis.

Auch die WebSite von "Die Linke" schweigt sich über das Pariser Treffen aus. Sie hat als Aufmacher - man fühlt sich auf einer Zeitreise in die achtziger Jahre - "Nein zur Raketenabwehr!".

Es scheint den deutschen Kommunisten bestens zu gelingen, Kaderlinie und Massenlinie fein säuberlich getrennt zu halten.

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