19. Juni 2007

Randbemerkung: Große Koalition - wird die Agonie noch zwei Jahre dauern?

Dafür, daß niemand sie gewollt hatte, hat diese Große Koalition anfangs ihre Sache ausgezeichnet gemacht.

Das lag an einer Kanzlerin, die sich als weit bessere Politikerin erwies, als man es ihr zugetraut hatte. Es lag daran, daß sie dadurch ihre innerparteilichen Widersacher, allen voran Friedrich Merz, aus dem Spiel werfen konnte.

Es war aber auch ein Verdienst der SPD, deren Führung anfangs ernsthaft entschlossen gewesen waren, das Urteil anzunehmem, welches lautete: "Gemeinsam zum Erfolg verurteilt".

Nur zeigt sich nun, daß der Erfolg dieser Regierung von vielen Wählern - natürlich zu Recht - der CDU zugeschrieben wird.

Müntefering hat sich von der Ultra- Linken Andrea Nahles demontieren lassen, die vielleicht die erste Bundeskanzlerin der Volksfront werden wird. Nichts rechtfertigte es nach seinem Rücktritt als Vorsitzender der SPD noch, daß er weiter Vizekanzler blieb. Er lebt, was seine Macht angeht, vom guten Willen der SPD.

Der honorige Demokrat Matthias Platzeck, sein Nachfolger, der mit Angela Merkel vermutlich bestens hätte zusammenarbeiten können, kapitulierte - entnervt; ob man das nun somatisch oder psychisch akzentuieren möchte. Ein Mann, der einmal sinngemäß gesagt hatte, Berufspolitiker werde er nie werden.

Der ebenfalls honorige Demokrat Kurt Beck hatte nach menschlichem Ermessen den Gipfel dessen, was zu leisten er in der Lage ist, erklommen, als er der Ministerpräsident des schönen Landes Rheinland- Pfalz geworden war. Ihn sich im Kreis von Bush, Sarkozy, Putin vorzustellen übersteigt jedenfalls meine Imagination.



Halb zog sie ihn, halb sank er hin.

Die SPD ist ausgezehrt. Sie war nach der Katastrophe des "Rotgrünen Projekts", das der abwegige Versuch einer Restauration der Siebziger Jahre gewesen war, im Jahr 2005 am Ende angelangt, sozusagen sanatoriumsreif. Schröder wußte, warum er sich nach den Wahlen vom Acker machte.

Aber sie sinkt nicht nur, die SPD. Sie wird auch gezogen; von den Kommunisten. Sie spielen zunehmend die Rolle des "Anwalts des Kleinen Mannes", die traditionell die der SPD ist. Und diese ist hilflos, weil sie, solange sie regiert, sich verantwortlich verhalten muß statt demagogisch.

Wie desolat die Situation der Koalition inzwischen geworden ist, daß hat Peter Dausend in der "Welt" sehr genau geschildert.



Was spricht dafür, die Agonie noch zwei Jahre durchzustehen? Was spricht aus der Sicht der SPD, der CDU dafür, ein Ende mit Schrecken dem Schrecken ohne Ende vorzuziehen? Also schon wieder die Verfassung an ihre Grenze zu strapazieren, um einer Regierung ein Ende zu machen, die nicht mehr kann?

Beide wissen, daß sie bei Neuwahlen nur verlieren können. Ein Scheitern ihrer Koalition würde die FDP, würde vielleicht die Grünen, würde sehr wahrscheinlich die Kommunisten stärken.

Nun, das könnten beide hinnehmen - wenn sie denn am Ende einigermaßen sicher sein könnten, selbst die Regierung anzuführen.

Aber die CDU muß fürchten, daß es zusammen mit der FDP nicht reichen wird. Und die SPD ist noch nicht reif für die Volksfront; vielleicht in zwei Jahren.

Also werden beide durchzuhalten versuchen.

Die SPD, weil sie diese beiden Jahre braucht, um die Volksfront vorzubereiten. Die CDU, weil sie hoffen kann, daß, sobald sich die Volksfront abzeichnet, dies ihr Wähler aus der Mitte zuführt, so daß es 2009 vielleicht doch zu einer schwarzgelben Mehrheit reichen könnte.

Denn mit den Kommunisten zu koalieren, ohne daß das vor den Wahlen zumindest als Möglichkeit genannt wird, dürfte für die SPD nicht möglich sein. Hier liegt die Chance der CDU und der Liberalen.

Es ist nötig, daß in Deutschland endlich eine Diskussion über die Kommunisten geführt wird, so wie sie über die NPD geführt wird. Die Doppelzüngigkeit dieser Partei muß zum Gegenstand des öffentlichen Diskurses werden. Das ist die Chance der CDU, der FDP.

Wie konnte es zum Beispiel geschehen, daß niemand aus der Union, aus der FDP dazu Stellung nahm, daß Oskar Lafontaine in den französischen Präsidentschafts- Wahlkampf eingriff, um die Kandidatin der Kommunisten zu unterstützen, zusammen mit einem Vertreter der orthodoxen Marxisten- Leninisten Italiens?




Würden die CDU und die SPD sich dazu durchringen können, ihre gemeinsame Regierung zur Einführung des Mehrheitswahlrechts zu nutzen, dann wäre alles viel einfacher. Aber das wird ja noch nicht einmal diskutiert.