7. Juni 2013

Protestkultur in Düsseldorf

Die Firma Vodafone eröffnet kommende Woche ihre neue Konzernzentrale in Düsseldorf, einen Glaspalast, in dem 5000 Angestellte arbeiten werden. Gefeiert wird die Eröffnung jedoch nicht, aus Furcht vor gewerkschaftlichem Protest. Vodafone ist nämlich gerade dabei, 500 Arbeitsplätze nach Rumänien zu verlagern und eine "Service-Gesellschaft" zu gründen, die mit niedrigen Einstiegsgehältern dient.

Man kann verstehen, dass die Gewerkschaften dergleichen nicht schön finden und dagegen vorgehen. Es ist bereits von Streik die Rede.

Dergleichen Widerstand ist so normal wie der Versuch der Firma, auf sinkende Gewinne mit Kostensenkungen zu reagieren. Den Job zu verlieren, ist schlimm, Arbeitsplätze in Rumänien zu schaffen ist gut. Politiker könnten es, wenn sie wollten, sogar als Beitrag zu "Mehr Europa" feiern. Aber nicht mal das muss sein, und darum soll es hier gar nicht gehen.

Bei der Absage des Eröffnungsfestes handelt es sich nämlich nicht um einen Arbeitskonflikt, sondern um eine Frage der Lebenskultur - um die Frage, was zählt, wenn Erfreuliches und Unschönes zusammentreffen: mehr die Freude oder mehr die Wut?

Auf der einen Seite kann man sich zurecht verärgert fragen, wie denn ein lustiges Fest möglich sein soll, während Lohnkürzungen und Stellenverluste im Gange sind. Wie würde es sich in einer solchen Lage überhaupt machen, wenn der Betriebsratsvorsitzende mit dem Konzernchef freundlich anstößt?

Andererseits könnten die Gewerkschafter ihren Anhängern ebensogut erklären, sie würden am Freitag das schöne neue Haus eröffnen und am Montag darauf den Bossen einen Streik um die Ohren hauen, der sich gewaschen hat. Denn genauso, wie das Fest dem Arbeitskonflikt weichen kann, könnte auch der Arbeitskonflikt einen Tag lang für ein Fest zurückstehen.

Man müsste es nur so wollen.

Aber wir wollen es wohl nicht so. Jederzeit sind wir bereit, uns den Spaß verderben zu lassen, wir Deutschen - und wie es scheint, sogar im Rheinland. Keinesfalls aber lassen wir uns die Wut verderben, und schon gar nicht von einem Fest.

Die Folge davon wird nur sein, dass eine Protestaktion gegen eine Feier laufen wird, die gar nicht stattfindet. Der Protest vor dem neuen Glashaus ist nämlich nicht abgesagt, natürlich nicht.

Kallias

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