17. Juni 2013

Meckerecke: Herr Lehmann


"Ich heiße Harry Lehmann, bin von Ausbildung her Physiker und Biophysiker, habe in der Grundlagenforschung sehr lange gearbeitet und nach einer Sinnkrise bin ich in die Umweltwissenschaften gegangen." 
Wer sich immer schon gefragt hat, was das für Leute sind, die von Amts wegen verkünden was richtig und was falsch ist und den-Menschen-da-draußen offenbaren wollen, wer "die Verursacher des Zweifels an der anthropogenen Erwärmung des Klimas (sind), sowie deren Methoden" entlarven, wird durch dieses kleine Video aufgeklärt. 
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Harry Lehmann steht an erster Stelle der Autoren von "Und sie erwärmt sich doch", in der skeptische Journalisten an den Pranger gestellt und ihre Beweggründe nicht im grundsätzlichen Hinterfragen als Charakteristikum journalistischer Arbeitsweise gesehen werden. Nein. Sondern in der alten verschwörungstheoretischen Grundfrage: Wem nützt es? Darauf kommt der sich mit diesem Thema tiefgründig Auseinandersetzende zwangsläufig, wie die Autoren schreiben. Auf die gewissen Kreise nämlich, die ein Interesse haben an der Verharmlosung der Gefahren, des Bestreitens oder gar des Infragestellens der Ursachen der globalen Erwärmung: 
Die Erdöl-und Energiekonzerne. Fertig ist die Verschwörungsideologie:
Allgemeines Merkmal solcher Ideologien ist ein personalisiertes, d. h. an Einzeltätern oder Gruppen orientiertes, monokausales Erklärungsmuster zur Vereinfachung historischer und gesellschaftlicher Komplexität. Verschwörungsideologien dienen somit in einer unüberschaubar gewordenen Gesellschaft der Selbstvergewisserung. Die Tätigkeit der Verschwörer wird als die wichtigste oder sogar einzige Ursache des zu erklärenden Phänomens betrachtet; andere Ursachen und Faktoren werden dabei abgewertet oder ausgeblendet. Damit erscheinen die Verschwörer zugleich als extrem mächtig, weshalb sie trotz ihrer geringen Zahl und Verbreitung Ereignisse von welthistorischer Bedeutung inszenieren können.
Aber zurück zu Harry Lehmann, denn die sich galileisch wähnende Argumentationshilfe des Umweltbundesamtes wurde auch schon in Zettels kleinem Zimmer diskutiert. Sie suggeriert im Titel den Kampf um den Durchbruch wissenschaftlicher Erkenntnis gegen das Dogma des Glaubens, behandelt aber skeptische Haltungen wie ein unerlaubtes Abweichen von einer Staatsdoktrin. 
Nach der Vorstellung seiner Person gibt Herr Lehmann einen Einblick in seine Vorstellung einer künftigen Gesellschaft. Anhand eines Spinnendiagramms mit drei Achsen. Den erneuerbaren Energien, dem Material Input und der Happiness, weil, wir das alles machen um glücklich zu werden, sagt er.  

Zur Zeit sind wir so in einem Kreis nahe dem Schnittpunkt der drei Achsen, aber dann nimmt Herr Lehmann einen grünen Stift und malt einen großen Kreis um die äußeren Enden seiner drei Achsen. Das ist seine Traumkurve, sagt er. 
"Wir wären bei 100% erneuerbar, wir hätten den Faktor x Stoffströme erreicht und die Leute wären alle happy." 
Und strahlt ob seiner Genialität. 
Gegen Ende kommt die Frage nach der Richtung. Die ist ebenfalls dreigeteilt. In Forschung und Entwicklung und Demonstration, Fördermittel - an dieser Stelle fällt Herrn Lehmann noch der schöne Standardsatz von der Veränderung der ökonomischen Rahmenbedingungen zu Gunsten einer nachhaltigen Energiewirtschaft ein - und, drittens, Training, Training, Training. 
Mit dem Umweltbundesamt als Übungsleiter. Alle bekommen schicke Trainingsanzüge und sind happy. 

So stelle ich mir einen typischen Vertreter des deutschen Obrigkeitsstaates vor. Die offene Gesellschaft Karl Poppers, in der die kritische Fähigkeit des Menschen freigesetzt wird, steht der ideologisch festgelegten Gesellschaft konträr gegenüber. Macht sich letztere breit, geht dies zu Lasten der Offenheit. 
Diese Bestrebungen, einer Gesellschaft von oben eine Ideologie überzustülpen, sind nicht neu. Das Neue ist, dass ein solcher Versuch von einer schwarz/gelben Regierung unternommen wird. Der Gesellschaftsvertrag für eine Große Transformation beunruhigte erst einmal nicht viele. Zu unrealistisch schienen die Erfolgsaussichten.
In dem das konservativ/liberale Parteienspektrum die Politik des politischen Gegners kopierte um seine Macht zu sichern, geht mit der Opposition auch die Offenheit einer Gesellschaft immer mehr verloren. Dass diese Opposition, so sie sich denn noch regt, von Amts wegen angeprangert wird, ist zwar nur konsequent angesichts der beschriebenen Entwicklung, aber nichts desto trotz sehr bedenklich.

Ach ja, ob wir denn auf Kurs sind, wird Herr Lehmann noch gefragt. 
"Ja, hoffnungsvoll, nein, im Sinne es wird Brüche geben. Brüche geben, die Wirtschaftskrisen mit beeinflussen werden. Ich befürchte die nächste Wirtschaftskrise wird auch sehr kräftig mit der Ressourcenfrage verbunden sein."
Ja, davon ist auszugehen wenn man keine Ressourcen mehr erschließt oder sie sich nicht mehr leisten kann. Herr Lehmann weiß was er tut. 
Und das ist eigentlich das Schlimmste an der ganzen Sache.


Erling Plaethe


© Erling Plaethe. Mit Dank an Die Achse des Guten.
Siehe auch diesen Artikel von Vera Lengsfeld.
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