2. September 2009

Obamas Politik gegenüber Honduras: Yankee- Imperialismus, Modell 2009. "Imperiale Befehle von Uncle Sam"

Die mittelamerikanische Republik Honduras kann man mit Recht eine Bananenrepublik nennen. Bananen sind unverändert einer ihrer wichtigsten Exportartikel. Und wie in einer Bananenrepublik ging es dort zu, als am 28. Juni dieses Jahres der Präsident Zelaya von Militärs festgenommen und außer Landes gebracht wurde.

Das jedenfalls war der Eindruck, den damals viele unserer Medien vermittelten. "Der spektakuläre Militärputsch in Honduras weckte in Mittel- und Südamerika Erinnerungen an dunkelste Epochen in der Region", schrieb zum Beispiel "Zeit- Online" unter der Überschrift "Militärputsch in Honduras - die Rückkehr der Generale" (siehe "Der Sieger in Honduras ist Hugo Chávez"; ZR vom 4.4.2009).

Aber so war es nicht. Der Lateinamerika- Kenner Alvaro Vargas Llosa hat schon wenige Tage nach den Vorgängen in Honduras in der New York Times deren wahre Hintergründe analysiert; siehe meinen damaligen Artikel. Weitere, detaillierte Informationen lieferte zur selben Zeit in zwei ausgezeichneten Berichten Christian Lüth, der für die Friedrich- Naumann- Stiftung in Honduras tätig ist.

Nicht "Generäle" hatten "geputscht", sondern der damals amtierende Präsident, José Manuel Zelaya Rosales, hatte versucht, sich mit Hilfe der Straße über die Verfassung hinwegzusetzen, um auch nach Ablauf seiner Amtszeit weiter regieren zu können.

Zelaya war als Liberal- Konservativer in sein Amt gewählt worden, hatte sich dann aber auf wundersame Weise zum Sozialrevolutionär und Anhänger von Hugo Chávez gemausert. Nach dessen Vorbild strebte er nun offenbar die Änderung der Verfassung von Honduras an, um seine Wiederwahl zu ermöglichen.

Er verstieß damit eindeutig gegen Artikel 239 dieser Verfassung, der lautet (meine Übersetzung; Hervorhebung von mir):
Kein Bürger, der bereits als Chef der Exekutive amtiert hat, kann Präsident oder Vizepräsident werden.

Wer dieses Gesetz verletzt oder seine Änderung anstrebt, der verliert unverzüglich sein Amt und darf zehn Jahre lang kein öffentliches Amt mehr bekleiden. Dasselbe gilt für diejenigen, die direkt oder indirekt einen solchen Gesetzesverstoß unterstützen.
Gemäß diesem Artikel hatte Zelaya also sein Amt als Präsident verloren. Das Oberste Gericht von Honduras bestätigte das formal und ordnete seine Festnahme an.



Die strikte Begrenzung der Amtzeit des Präsidenten ist in vielen der neuen Demokratien Lateinamerikas ein Grundpfeiler der Verfassung. Die früheren Diktatoren hatten ihre Machtfülle ja wesentlich dem Umstand zu verdanken gehabt, daß sie sich unbegrenzt wiederwählen lassen konnten.

Zelayas Vorgehen rührte also nicht nur deshalb an die honduranische Demokratie, weil er die Straße zu mobilisieren suchte, um am Kongreß vorbei die Verfassung zu ändern; sondern auch das Ziel dieser Aktion war in seinem zentralen Punkt verfassungswidrig. Zelaya hatte durch den Verstoß gegen Artikel 239 seine Präsidentschaft selbst beendet.

Alle demokratischen Institutionen - das Parlament, der Oberste Gerichtshof und die Exekutive in Gestalt des Militärs - gingen daraufhin gemeinsam gegen Zelaya vor, setzten ihn ab und schickten ihn ins Exil nach Costa Rica. Ob diese Ausweisung legal war und ob es andere Möglichkeiten gegeben hätte, Zelaya an der weiteren Ausübung des Amtes, das er durch sein Verhalten verloren hatte, zu hindern, ist umstritten.

Sie finden, lieber Leser, daß diese Darstellung einseitig ist? Dann empfehle ich Ihnen, wenn Sie Englisch lesen, den Artikel von Miguel A. Estrada in der Los Angeles Times vom 10. Juli; und wenn Sie Spanisch lesen, dann möchte ich Ihnen besonders die WebSite der honduranischen Justiz empfehlen, wo Sie zum Beispiel hier und hier die Rechtslage ausführlich dargelegt finden.



Wie es weiterging, wurde in unseren Medien im Groben berichtet: Zelaya versuchte in zwei spektakulären Aktionen - einmal per Flugzeug, einmal zu Lande von Nicaragua aus - die Rückkehr nach Honduras.

Das mißlang, aber er beharrte - und beharrt weiter - darauf, der rechtmäßige Präsident zu sein. Darin findet findet er die Unterstützung vor allem von Hugo Chávez und seinem Staatenbund ALBA, aber auch der Organisation Amerikanischer Staaten und der UNO. Über seinen Versuch, die honduranische Verfassung auszuhebeln - und insbesondere über deren Artikel 239 - haben sich diese Organisationen allerdings nicht geäußert.

Und wie nun verhalten sich die USA?

Jeder US-Präsident vor Barack Obama hätte auf der Seite des demokratischen Honduras und der verfassungstreuen Institutionen gestanden oder sich mindestens neutral verhalten. Jeder hätte den Versuch Zelayas, Honduras an die Seite des den Sozialismus aufbauenden Venezuela zu manövrieren, als gegen die Interessen der USA gerichtet zu konterkarieren versucht. (Honduras war 2008 der ALBA auf Betreiben Zelayas beigetreten; der Kongreß hatte unter fragwürdigen Umständen zugestimmt).

Diese vermutliche Einmischung hätte man gewiß weltweit als Yankee- Imperialismus gebrandmarkt. Und Präsident Obama, der von dergleichen nichts mehr wissen will, wie verhält er sich?

Dazu hat für das Wall Street Journal dessen Redakteurin Mary Anastasia O'Grady recherchiert. Ihr Artikel erschien am vergangenen Sonntag. Titel: "Obama vs. Honduran Democracy. The Obama administration is using its brass knuckles to support Latin American thugs" (Obama gegen die honduranische Demokratie. Die Regierung Obama benutzt ihre Schlagringe, um lateinamerikanische Gangster zu unterstützen).

"Schlagringe" - damit meint O'Grady die Druckmittel, die Obama in bester Tradition des Yankee- Imperialismus einsetzt. Nur nicht zur Unterstützung von Demokraten, sondern zur Unterstützung der Politik von Hugo Chávez. Diesen, der bekanntlich Terroristen im benachbarten Kolumbien mit Waffen versorgt, dürfte O'Grady wohl mit "Gangster" (thug) meinen.

Die OAS hat sich, wie erwähnt, für eine Rückkehr Zelayas in das Amt des Präsidenten ausgesprochen. Die USA hätten das zur Kenntnis nehmen und sich im übrigen aus dieser Angelegenheit eines Staates in Mittelamerika heraushalten können.

Davon kann aber keine Rede sein. Zelaya wurde nach seinem ersten Versuch einer Rückkehr nach Honduras von Hillary Clinton empfangen. Ebenfalls Anfang Juli haben die USA ihre Militärhilfe für Honduras suspendiert.

Und nicht genug damit: Vergangene Woche haben - wie man das bei O'Grady nachlesen kann - die USA die Ausgabe von Visa für Honduras auf unbestimmte Zeit eingestellt und die Streichung von 135 Millionen Dollar Entwicklungshilfe angekündigt.

Und das ist immer noch nicht alles. Bei ihren Recherchen hat O'Grady etwas von dem in Erfahrung gebracht, was sie als "nastier stuff ... going on behind the scenes" bezeichnet, als die häßlicheren Dinge, die hinter den Kulissen stattfinden.

Laut O'Grady übt die Obama- Administration unmittelbaren Druck aus, um die Rückkehr Zelayas zu erreichen. In Honduras habe ein Beamter des US- Außenministeriums prominente Honduraner dazu zu bringen versucht, bei der Regierung auf eine Rückkehr Zelayas zu drängen. Bei verschiedenen lateinamerikanischen Regierungen sei das Außenminsisterium ebenfalls mit dem Ziel vorstellig geworden, sie sollten in diesem Sinn Druck auf die Regierung von Honduras ausüben.

Das State Department hat auf Anfrage von O'Grady beides nicht dementiert.



Da ist er also wieder, der Yankee- Imperialismus. "Imperiale Befehle von Uncle Sam" nennt O'Grady das. Nur spielt der Präsident Obama die Macht der USA nicht zugunsten von Demokraten aus, sondern er unterstützt Politiker wie Zelaya, die im Lager von Chávez und Castro stehen.

Warum tut er das? Mary Anastasia O'Grady meint dazu:
Mr. Obama apparently wants in on this leftie-fest. He ran for president, in essence, against George W. Bush. Mr. Bush was unpopular in socialist circles. This administration wants to show that it can be cool with Mr. Chávez and friends.

Obama will offenbar auf dieser Party der Linken unbedingt mit dabei sein. Im Grunde trat er gegen George W. Bush an, als er sich um die Präsidentschaft bewarb. Bush war in sozialistischen Kreisen unbeliebt. Die jetzige Regierung will zeigen, daß sie mit Chávez und seinen Freunden kann.
Noch drastischer sagt es Jay Ambrose in der Washington Times vom 1. August. Er fragt im Titel des Artikels, warum Obama Zelaya unterstützt, und antwortet:
Here's a fear - that this administration has deep, abiding sympathy for socialist solutions both in the United States and elsewhere and thinks Mr. Zelaya could be just what Honduras needs. Maybe that is a nutty conclusion and absolutely wrong. I hope so, and I hope the administration proves it wrong by changing its stance.

Ich möchte eine Befürchtung nennen: Daß diese Regierung eine tiefe, bleibende Sympathie für sozialistische Lösungen sowohl in den Vereinigten Staaten als auch anderswo hat und daß sie meint, daß Zelaya genau das sein dürfte, was Honduras braucht. Vielleicht ist das eine unsinnige Schlußfolgerung, und ich liege völlig daneben. Ich hoffe das ja, und ich hoffe, daß die Regierung es widerlegt, indem sie ihre Haltung ändert.
Was Jay Ambrose vielleicht nicht so ganz ernst meint. Obama wird seine Haltung nicht ändern. Eine Haltung, die er im Grunde schon überdeutlich gemacht hat, als er sich auf dem Lateinamerika- Gipfel im April ohne ein Wort des Widerspruchs oder eine Geste der Ablehnung von Hugo Chávez ein Buch zum Geschenk machen ließ, das als die Bibel der Gegner der USA in Lateinamerika gilt.



© Zettel. Für Kommentare bitte hier klicken. Mit besonderem Dank an Gorgasal, auf dessen Informationen in diesem Thread in "Zettels kleinem Zimmer" dieser Artikel weitgehend basiert. Titelvignette: Frogsprog; frei unter GNU Free Documentation License, Version 1.2 oder später.