In der Zeitschrift "Der Freitag" ist gestern ein "Aufruf" erschienen. Fünfundzwanzig Menschen rufen auf.
Was rufen sie? Sie rufen: "Im Laufe der kommenden zwei Jahre soll Deutschland seine militärische Präsenz in Afghanistan beenden."
Im Lauf von zwei Jahren. Sie sagen auch, was in diesen zwei Jahren geschehen soll: "Schritt für Schritt muss sich die Bundeswehr zurückziehen und müssen zivile Aufbauorganisationen an ihre Stelle treten".
Ein interessanter Plan. Welche Afghanistan- Experten mögen zu dem Ergebnis gekommen sein, daß innerhalb von zwei Jahren die Taliban so weit besiegt oder jedenfalls geschwächt sein können, daß Zivilisten unbehelligt das Land aufbauen können? Welche Informationen mögen sie haben, die diese erstaunliche, von keinen anderen Experten geteilte Lagebeurteilung hervorgebracht haben?
Ich scherze natürlich. Von denjenigen, die diesen "Aufruf" unterzeichnet haben, ist kein einziger bisher als Experte für Afghanistan, für counterinsurgency und counterterrorism, für das schwierige Geschäft der Bekämpfung islamistische Aufständischer hervorgetreten.
Unter denen, die sich das Urteil zutrauen, die Bundeswehr "müsse" sich innerhalb von zwei Jahren zurückziehen, sind vielmehr unter anderem ein Regisseur (Jürgen Flimm), ein Übersetzer (Harry Rowohlt), eine Schauspielerin (Katharina Thalbach) und etliche Schrifsteller - unbekannte, aber auch einige bekannte wie Peter Hamm, Christoph Hein sowie Elfriede Jelinek, die als Österreicherin offenbar auch gern einmal mitreden möchte, wenn es um die deutsche Bundeswehr geht.
Und - das war für mich allerdings eine Überraschung - Martin Walser, der sich sonst bekanntermaßen den Luxus einer eigenen Meinung leistet.
Wie kommt es zu einem solchen "Aufruf"?
Wie viele Bürger haben diese fünfundzwanzig Menschen - in der DDR wäre der Oberbegriff für das, was sie beruflich tun, "Kulturschaffende" gewesen - eine Meinung zum deutschen Engagement in Afghanistan. Eine Meinung, die sich vermutlich aus dem speist, was sie gelesen haben, was sie im TV sehen, was sie im Bekanntenkreis diskutieren.
Eine Meinung, vielleicht so begründet wie die Ihrige, lieber Leser. Vermutlich weniger, denn Sie lesen einen politischen Blog; wollen sich also gründlicher informieren als nur über die gängigen Medien.
Was veranlaßt diese fünfundzwanzig Kulturschaffenden, ihre persönliche Meinung zu Afghanistan in einem "Aufruf" kundzutun? Exhibitionismus? Die überwertige Idee, sie wüßten mehr, sie hätten den besseren Durchblick, sie seien bessere politische Analytiker als andere Bürger?
Ich weiß es nicht. Eitelkeit und Selbstüberschätzung sind Eigenschaften, die man bei Kulturschaffenden häufig findet; eine Déformation Professionelle. Das liegt vermutlich daran, daß sie auf den Beifall des Publikums angewiesen sind.
Für mich ist dieser "Aufruf" so etwas wie eine Zeitreise. Denn in den siebziger, in den achtziger Jahren war derlei nachgerade endemisch: Das Auftreten von Menschen, die von dem Drang erfaßt waren, ihre Meinung zu Diesem, zu Jenem, eigentlich fast zu Allem in "Aufrufen", "Manifesten" und dergleichen öffentlich mitzuteilen.
Nicht irgendwelche Menschen freilich. Metzgermeister oder KfZ-Mechaniker, Börsenmakler oder Manager schrieben oder unterzeichneten keine solchen Aufrufe. Jedenfalls habe ich das nie gelesen.
Die Aufrufer waren auch damals schon Kulturschaffende. Auf der unteren Ebene der "Mitunterzeichner" durften, je nach Art des Aufrufs, auch schon einmal Studienräte, Sozialarbeiter, Gewerkschafter, ja Hausfrauen unterschreiben. Immer mit Beruf hinter dem Namen, das war wichtig.
Damals wurde gefordert, was das Zeug hielt - die Abschaltung von Atomkraftwerken, eine Änderung des Einwanderungsrechts, Verbote und Gebote aller Art. Was der Bürger - meist der linke Bürger - sich eben so ausdenkt, was die Politik tun sollte.
Warum sich das ab den neunziger Jahren gelegt hat, weiß ich nicht. Vielleicht gab es nach der Wiedervereinigung für so etwas nicht mehr das Publikum. Vielleicht waren die Aufrufer auch alt und müde geworden; frustriert dadurch, daß trotz aller Aufrufe die Welt einfach nicht besser werden wollte.
Nun aufrufen sie also wieder. Und haben in ihren Aufruf etwas geschrieben, das allerdings nachdenklich macht: "Am Hindukusch wird Krieg geführt. Der Gegner ist keine Armee, sondern eine Kultur".
Offenbar halten diese fünfundzwanzig Kulturschaffenden die Taliban für die Träger der afghanischen Kultur.
Was rufen sie? Sie rufen: "Im Laufe der kommenden zwei Jahre soll Deutschland seine militärische Präsenz in Afghanistan beenden."
Im Lauf von zwei Jahren. Sie sagen auch, was in diesen zwei Jahren geschehen soll: "Schritt für Schritt muss sich die Bundeswehr zurückziehen und müssen zivile Aufbauorganisationen an ihre Stelle treten".
Ein interessanter Plan. Welche Afghanistan- Experten mögen zu dem Ergebnis gekommen sein, daß innerhalb von zwei Jahren die Taliban so weit besiegt oder jedenfalls geschwächt sein können, daß Zivilisten unbehelligt das Land aufbauen können? Welche Informationen mögen sie haben, die diese erstaunliche, von keinen anderen Experten geteilte Lagebeurteilung hervorgebracht haben?
Ich scherze natürlich. Von denjenigen, die diesen "Aufruf" unterzeichnet haben, ist kein einziger bisher als Experte für Afghanistan, für counterinsurgency und counterterrorism, für das schwierige Geschäft der Bekämpfung islamistische Aufständischer hervorgetreten.
Unter denen, die sich das Urteil zutrauen, die Bundeswehr "müsse" sich innerhalb von zwei Jahren zurückziehen, sind vielmehr unter anderem ein Regisseur (Jürgen Flimm), ein Übersetzer (Harry Rowohlt), eine Schauspielerin (Katharina Thalbach) und etliche Schrifsteller - unbekannte, aber auch einige bekannte wie Peter Hamm, Christoph Hein sowie Elfriede Jelinek, die als Österreicherin offenbar auch gern einmal mitreden möchte, wenn es um die deutsche Bundeswehr geht.
Und - das war für mich allerdings eine Überraschung - Martin Walser, der sich sonst bekanntermaßen den Luxus einer eigenen Meinung leistet.
Wie kommt es zu einem solchen "Aufruf"?
Wie viele Bürger haben diese fünfundzwanzig Menschen - in der DDR wäre der Oberbegriff für das, was sie beruflich tun, "Kulturschaffende" gewesen - eine Meinung zum deutschen Engagement in Afghanistan. Eine Meinung, die sich vermutlich aus dem speist, was sie gelesen haben, was sie im TV sehen, was sie im Bekanntenkreis diskutieren.
Eine Meinung, vielleicht so begründet wie die Ihrige, lieber Leser. Vermutlich weniger, denn Sie lesen einen politischen Blog; wollen sich also gründlicher informieren als nur über die gängigen Medien.
Was veranlaßt diese fünfundzwanzig Kulturschaffenden, ihre persönliche Meinung zu Afghanistan in einem "Aufruf" kundzutun? Exhibitionismus? Die überwertige Idee, sie wüßten mehr, sie hätten den besseren Durchblick, sie seien bessere politische Analytiker als andere Bürger?
Ich weiß es nicht. Eitelkeit und Selbstüberschätzung sind Eigenschaften, die man bei Kulturschaffenden häufig findet; eine Déformation Professionelle. Das liegt vermutlich daran, daß sie auf den Beifall des Publikums angewiesen sind.
Für mich ist dieser "Aufruf" so etwas wie eine Zeitreise. Denn in den siebziger, in den achtziger Jahren war derlei nachgerade endemisch: Das Auftreten von Menschen, die von dem Drang erfaßt waren, ihre Meinung zu Diesem, zu Jenem, eigentlich fast zu Allem in "Aufrufen", "Manifesten" und dergleichen öffentlich mitzuteilen.
Nicht irgendwelche Menschen freilich. Metzgermeister oder KfZ-Mechaniker, Börsenmakler oder Manager schrieben oder unterzeichneten keine solchen Aufrufe. Jedenfalls habe ich das nie gelesen.
Die Aufrufer waren auch damals schon Kulturschaffende. Auf der unteren Ebene der "Mitunterzeichner" durften, je nach Art des Aufrufs, auch schon einmal Studienräte, Sozialarbeiter, Gewerkschafter, ja Hausfrauen unterschreiben. Immer mit Beruf hinter dem Namen, das war wichtig.
Damals wurde gefordert, was das Zeug hielt - die Abschaltung von Atomkraftwerken, eine Änderung des Einwanderungsrechts, Verbote und Gebote aller Art. Was der Bürger - meist der linke Bürger - sich eben so ausdenkt, was die Politik tun sollte.
Warum sich das ab den neunziger Jahren gelegt hat, weiß ich nicht. Vielleicht gab es nach der Wiedervereinigung für so etwas nicht mehr das Publikum. Vielleicht waren die Aufrufer auch alt und müde geworden; frustriert dadurch, daß trotz aller Aufrufe die Welt einfach nicht besser werden wollte.
Nun aufrufen sie also wieder. Und haben in ihren Aufruf etwas geschrieben, das allerdings nachdenklich macht: "Am Hindukusch wird Krieg geführt. Der Gegner ist keine Armee, sondern eine Kultur".
Offenbar halten diese fünfundzwanzig Kulturschaffenden die Taliban für die Träger der afghanischen Kultur.
© Zettel. Für Kommentare bitte hier klicken.