27. September 2009

Marginalie: Anmerkung zum (vermutlichen) heutigen Wahlerfolg der Kommunisten

Dort, wo die Kommunisten regieren, ist die Wahlbeteiligung erfreulich hoch. Bei den letzten Wahlen in Cuba lag sie zum Beispiel bei 96,89 Prozent, was umso bemerkenswerter ist, als es gar nichts zu wählen gab. Um die 614 zu vergebenden Mandate bewarben sich nämlich genau 614 Kandidaten; siehe Heute wählt Cuba!, ZR vom 20. 1. 2008.

Wo die Kommunisten noch nicht regieren, da profitieren sie hingegen von einer niedrigen Wahlbeteiligung. Denn der Kern ihrer Anhänger ist, wie bei jeder extremistischen Partei, überdurchschnittlich politisch interessiert. Für sie ist es keine Frage, daß sie wählen gehen.

Jetzt, zwei Stunden vor Schließung der Wahllokale, zeichnet sich eine niedrige Wahlbeteiligung ab. Vielleicht steigt sie noch etwas dank der Wähler, die erst wählen gehen, wenn sie vom Sonntagsausflug bei strahlendem Sonnenschein zurück sind. Aber es ist unwahrscheinlich, daß sie am Ende des Tages hoch sein wird.

Das könnte einer der Gründe dafür sein, daß die Kommunisten heute einen großen Sieg feiern werden. Aber als Erklärung reicht es natürlich nicht.

Woher jetzt dieser Zulauf zu den Kommunisten sogar im Westen? Wegen der Krise? Gewiß nicht. Auch in früheren Krisen blieben die Kommunisten in der Bundesrepublik marginal; weit entfernt von der Fünf- Prozent- Hürde.

Entscheidend dürfte sein, daß es den Kommunisten gelungen ist, nicht mehr als extremistisch wahrgenommen werden. Dazu hat die Einverleibung der WASG beigetragen; sodann der ehemalige SPD-Chef Lafontaine als Aushängeschild; vor allem aber die freundliche Art, in der die Massenmedien die Kommunisten behandeln. Mit einer Super- Fairness, von der die Extremisten auf der Rechten noch nicht einmal träumen können.

Die Kommunisten sind, mit anderen Worten, gesellschaftsfähig geworden. Man findet nichts mehr dabei, sich zu ihnen zu bekennen und sie zu wählen.

Obwohl ihr Vorsitzender Lothar Bisky in Personalunion der Vorsitzende fast aller Kommunisten Europas ist (siehe Lothar Bisky, Vorsitzender von zwei Parteien; ZR vom 1. 9. 2008), präsentieren sich die deutschen Kommunisten nicht unter diesem Etikett, sondern sie spielen erfolgreich die Rolle des Anwalts des Kleinen Mannes.

Würden sie noch als extremistisch wahrgenommen werden, dann hätten sie damit wenig Erfolg. Aber getarnt als eine seriöse Partei sind sie dabei, das Feld zu besetzen, das bisher die Domäne der SPD war.



© Zettel. Für Kommentare bitte hier klicken.