3. September 2009

Marginalie: Dieter Althaus, ein Mann aus der DDR, tritt ab. Anmerkung zu Erfolg und Scheitern von Politikern

In der Mediendemokratie müssen erfolgreiche Politiker mindestens eine von zwei Eigenschaften haben: Sie müssen durch ihre Kompetenz und ihren Erfolg überzeugen und/oder sie müssen das können, was im Englischen "to connect to people" heißt - mit den Leuten gut können, kontaktfreudig sein, gut rübekommen.

Barack Obama ist das fleischgewordene "to connect to people"; ein wahres Genie der Kommunikation. Das hat lange Zeit über seine Inkompetenz hinweggetäuscht. Ähnlich war es in Deutschland bei Gerhard Schröder.

Seit Schröder aus der Politik ins Lukrative wechselte, ist unser größtes Kommunkationsgenie in der Politik - zusammen mit seinem Zwilling Oskar Lafontaine - Gregor Gysi aus der DDR.

Damit ist er ganz und gar untypisch für jemanden, der seine prägenden Einflüsse in der DDR erfahren hat. Gysi ist einer der wenigen Ossis, denen man diese Herkunft in keiner Weise anmerkt.

Das mag daran liegen, daß er aus der intellektuellen Aristokratie des DDR-Kommunismus stammt (sein Vater war ein Großbürger; ein weltläufiger Diplomat und Spitzenpolitiker der DDR) und daß er schon in jungen Jahren in die vorderste Reihe der Nomenklatura aufgerückt war; ein Mann, dem auch ohne die Wiedervereinigung eine glänzende Karriere bevorgestanden hätte. Selbstbewußt dadurch bis in die Haarspitzen, wie man das in der DDR normalerweise nicht sein konnte und nicht sein durfte.

Schon seine Mitstreiter Bisky und Bartsch sind da ganz anders; obwohl zumindest Bisky ebenfalls ein Spitzenmann der Nomenklatura gewesen ist, aber eben doch nur in der zweiten Reihe.

Ihnen fehlt die Selbstsicherheit und damit Gysis Fähigkeit der Kommunikation; sie kommen hölzern, distanziert, gehemmt rüber. Ebenso die meisten anderen Spitzenpolitiker, die in der DDR aufgewachsen sind - Wolfgang Tiefensee zum Beispiel. Und eben Dieter Althaus. Stanislaw Tillich ist eine der seltenen Ausnahmen.

Selbst der Kanzlerin fehlt diese Fähigkeit des "connecting to people". Sie verdankt ihre Popularität dem, was ein Politiker alternativ haben muß, dann aber wirklich überzeugend: Kompetenz, Erfolg.

Das war auch der Weg, auf dem Dieter Althaus aufgestiegen war. Er war ein guter Ministerpräsident; er hat das Land vorangebracht. Dafür schätzte man ihn, aber man liebte ihn nicht.



Wenn ein Politiker dieses Typus strauchelt, dann fällt er meist auch. Es fehlt ihm die Zuneigung, die Solidarität, die jemanden über eine Niederlage trägt.

Willy Brandt, auf seine Art auch ein Kommunikationsgenie, konnte zweimal als Kanzlerkandidat scheitern, ehe er es im dritten Anlauf schaffte. Dem großen Kommunikator Johannes Rau schadete seine Niederlage als Kanzlerkandidat kaum; wenig später wurde er Bundespräsident. Für den nichtkommunikativen Hans- Jochen Vogel aber war die gescheiterte Kandidatur das Ende seiner Hoffnungen auf die Kanzlerschaft.

Wie jetzt vermutlich für Dieter Althaus die verlorene Wahl das Ende seiner Karriere als Spitzenmann im Land Thüringen ist. Ob ihm der Rücktritt vielleicht durch die Aussicht auf eine Karriere in Berlin erleichtert wurde, wird man sehen.

In der Niederlage erscheinen seine Fehler riesengroß. Um leichter mit der SPD ins Geschäft zu kommen, läßt die Union ihn fallen. Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr kann gehen.



© Zettel. Für Kommentare bitte hier klicken.