30. August 2009

Wahlen '09 (13): Das gespaltene grüne Zünglein. Erste Analyse der Hochrechnungen zu den Landtagswahlen

Die Hochrecnungen von ARD und ZDF liegen eine knappe dreiviertel Stunde nach Schließung der Wahllokale bereits sehr nah beieinander. Eine erste Analyse:

Für die SPD besteht, was ihre eigenen Ergebnisse angeht, wahrlich kein Grund zum Jubeln. In Sachsen wird die einstige Volkspartei mit 10 Prozent wahrscheinlich sogar knapp hinter der FDP liegen. Im Saarland hat sie gerade noch ein Viertel der Stimmen. Nur in Thüringen hat sie sich verbessert; freilich nur, weil sie vor vier Jahren mit 14,5 Prozent ein Desaster erlebt hatte. Jetzt dürfte sie ihr zweitschlechtestes Ergebnis seit der Wiedervereinigung (18,5 Prozent 1999) ungefähr wieder erreichen.

Die Verluste der CDU wurden teilweise, aber nicht hinreichend, von der FDP aufgefangen; auch wenn die FDP ausgezeichnet abgeschnitten hat. Nur in Sachsen wird Schwarzgelb regieren; nur dort sind die Gewinne der FDP größer als die (minimalen) Verluste der Union.

Die großen Gewinner sind die Kommunisten und die Grünen. Die Kommunisten haben im Saarland sensationell gut abgeschnitten (um zwanzig Prozent) und liegen damit nur noch ungefähr vier Prozentpunkte hinter den Sozialdemokraten.

Die Grünen haben zwar eigentlich keine guten Ergebnisse erreicht (in allen drei Ländern um sechs Prozent), aber sie sind das, wie man so sagt, Zünglein an der Waage. Was freilich eine schiefe Metapher ist, denn das Zünglein zeigt ja Gewichte nur an; die Grünen aber werden über Gewichte entscheiden.

So, wie es im Augenblick aussieht, haben Sozialdemokraten und Kommunisten weder im Saarland noch in Thüringen eine Mehrheit (in Thüringen könnten sie diese im Lauf des Abends noch erreichen). In beiden Ländern könnten sie aber mit den Grünen eine Volksfront bilden. Andererseits könnten die Grünen zumindest im Saarland auch in eine Jamaika-Koalition gehen.



Das wird spannend. Denn die Grünen bestehen im Grunde aus zwei Parteien: Einer linken Partei, die vom alternativen Milieu gewählt wird, und einer bürgerlichen Partei mit Öko-Touch. Stark sind die Grünen infolgedessen zum einen in studentischen Wohngegenden, andererseits aber auch in Villenvierteln. Das Zünglein ist gespalten.

Wenn die Grünen jetzt in zwei Ländern zu entscheiden haben sollten, ob sie in eine bürgerliche Regierung oder eine Volksfront eintreten, dann ist das zugleich ein innerparteilicher Kampf zwischen diesen beiden Komponenten der Grünen.

Ob es allerdings in Thüringen dazu kommt, ist fraglich. Die SPD könnte eine Große Koalition ersprießlicher finden als eine Volksfront, in der sie auch dann nur die zweite Geige spielen würde, wenn ihr die Kommunisten das Amt des Ministerpräsidenten zugestehen sollten. Und für die Grünen hat Claudia Roth bereits erklärt, daß sie nicht in eine Regierung Ramelow eintreten würden.

Das hat freilich auch schon die SPD vor den Wahlen erklärt. Die Frage wird sein, welche wie großen Frösche die Kommunisten zu verzehren bereit sein werden, um doch noch einen Fuß in die Tür zur Regierungsmacht zu bekommen. Großzügige Angebote werden sie der SPD und den Grünen sicherlich machen. Vielleicht ein Angebot, das diese nicht ablehnen können.



© Zettel. Für Kommentare bitte hier klicken. Links zu allen Folgen dieser Serie finden Sie hier. Titelvignette: Der Reichstag. Vom Autor Norbert Aepli unter Creative Commons Attribution 2.5 - Lizenz freigegeben. Ausschnitt. Mit Dank an R.A.