Der letzte Juso-Buko hat das Ende des Kapitalismus eingeläutet. Viele in der Partei werden begeistert sein, andere werden sich dem Schicksal fügen müssen.
Im Filterblog habe ich gestern dieses Zitat gefunden. Es stammt aus einem Interview des Magazins "Cicero" (Ausgabe September 2009) mit der gegenwärtigen Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialisten in der SPD, Franziska Drohsel.
Kommentar: Die schönsten Stellen aus dem Interview hat Jan Filter schon kommentiert. Ich möchte das ergänzen, will das Interview vor allem aber zum Anlaß nehmen, etwas zu dieser Franziska Drohsel anzumerken, zu den Jusos und zur SPD.
Haben Sie Franziska Drohsel schon einmal in einem Interview oder einer Talkshow erlebt? Mir fällt zu ihr stets ein altertümlicher, ein veralteter Begriff ein: Backfisch.
In den fünfziger Jahren kam das Wort aus der Mode und wurde durch "Teenager" verdrängt. Ein Backfisch war aber etwas anderes gewesen als ein Teenager. Mit der Bezeichnung wechselte auch die Rolle, die sie bezeichnet.
Das Wort leitet sich vermutlich von dem englischen backfish ab; das ist ein Fisch, der noch so jung ist, daß man ihn wieder zurück (back) ins Wasser wirft. Die deutsche Volksetymologie hat das dann etwas kurios zu einem Fisch umgedeutet, der, weil jung, angeblich gebacken und nicht gesotten werden würde.
Sei dem wie es will - jedenfalls war der Backfisch keine freche Göre wie der Teenager, sondern ein Mädchen, das sich mal gekonnt, mal ungelenk auf dem schmalen Grat zwischen naivem Kind und koketter erwachsener Frau bewegte.
Es gab "Backfischromane", in denen dieser Typus dargestellt wurde. Man durfte als Backfisch naiv sein, denn halb war man ja noch ein Kind. Man durfte mit dieser Naivität kokettieren, denn halb war man ja schon erwachsen. Stellen Sie sich die junge Toni in den "Buddenbrooks" vor, dann haben sie den Backfisch.
So ist Franziska Drohsel: Ständig plappernd wie ein Kind, Naivität auf Naivität häufend, aber hellwach. Mit ihrer Naivität spielend, den Gesprächspartner mit dieser Naivität verblüffend.
Das Zitat illustriert das vortrefflich. Kinder neigen dazu, ihre Wünsche schon für Realität zu nehmen; Allmachtsphantasien zu haben. So auch Drohsel.
Der letzte Bundeskongreß der Jusos, den Drohsel erwähnt, fand vom 19. bis 21. Juni 2009 in München statt. Wenn wir ihre Aussage ernst nehmen, dann dürfen sich Sozialisten in aller Welt also freuen, daß München zum zweiten Mal eine Hauptstadt der Bewegung ist: Dort, im Juni 2009, wurde das Ende des Kapitalismus eingeläutet, auf das die Sozialisten seit Mitte des 19. Jahrhunderts gewartetet hatten. Und wir können sagen, wir sind dabeigewesen.
Wenn ein Erwachsener so etwas behauptete, dann würde man sich fragen, ob er noch alle Tassen im Schrank hat; klassischer Fall von überwertiger Idee. Aber ein Backfisch darf eine solche Allmachtsphantasie haben.
Ist sie nicht süß, in ihrer Naivität, die Franziska? Weiß sie überhaupt, was der Sozialismus ist, von dem sie in dem Interview sagt (oder genauer schreibt, denn das Interview wurde per SMS geführt), sie werde im Sozialismus leben, wenn sie so alt sei wie Franz Müntefering jetzt? Und das, sagt sie, werde bedeuten, daß es "Luxus für alle" geben werde.
Oder macht sie sich lustig über den Interviewer, über die Leser des Interviews?
Vielleicht beides oder irgendwas dazwischen. Von der Bundestagswahl sagt sie "Ich sage, die Wahl ist am 28. September". Soll das ein Witz sein, oder kennt sie den Wahltermin nicht? Auf die Frage, ob das Parlament zu alt sei, antwortet sie mit dem kryptischen Satz "Alter schützt vor Weisheit nicht und umgekehrt". So, wie ein altkluges Kind halt daherredet, was es aufgeschnappt hat.
Geplapper nach Backfischart. Man könnte das mit einem Schulterzucken hinnehmen, wenn diese Frau nicht Vorsitzende der Jungsozialisten wäre.
Die Jusos sind, wie die Jugendorganisationen der anderen Parteien, einflußreicher, als das oft in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Zum einen, weil sie meist einen festen Delegiertenblock stellen und dadurch oft Abstimmungen und Wahlen entscheidend beeinflussen können.
Weiterhin verfügen sie über erhebliche Geldmittel und haben durch Seminare, Schulungen usw. Einfluß auf die politische Haltung des Parteinachwuchses.
Un drittens sind insbesondere die Jusos bedeutsam, weil aus ihnen viele spätere Spitzenpolitker hervorgingen. Gerhard Schröder hat seine Karriere bekanntlich als Vorsitzender der Jusos begonnen. Juso- Vorsitzende waren auch
Die Wahl Drohsels im Jahr 2007 sowie das Hamburger Programm im selben Jahr markieren die Wende der SPD von einer sozialdemokratischen Partei, deren stellvertretender Vorsitzender noch zwei Jahre zuvor Wolfgang Clement gewesen war, zu einer Partei des demokratischen Sozialismus, deren aufgehende Sterne Nahles und Wowereit heißen.
Mit dem Sturz Kurt Becks, der dieser Entwicklung präsidierte, mit dem Einspringen von Franz Müntefering, fast fünf Jahre über dem Rentenalter, und der Kür Steinmeiers zum Kandidaten wurde und wird diese Entwicklung vorübergehend kaschiert. Aber die Funktionäre, die Delegierten, die ihre Träger sind, wurden damit ja nicht auch ausgetauscht.
Die SPD steht heute so weit links wie noch nie seit 1946. Sie hat diese Wende einerseits unter dem Druck der Kommunisten vollzogen, andererseits sich damit bereit gemacht für die Koalition mit ihnen.
Insofern paßt Franziska Drohsel, die propagiert, daß wir "den Kapitalismus hinter uns lassen" müßten (siehe "Zitat des Tages: "Den Kapitalismus hinter uns lassen"), bestens in diese Partei.
Und vielleicht ist ja ein plappernder Backfisch, der sich den Sozialismus als ein Leben im Luxus für alle vorstellt, am Ende immer noch besser als hartgesottene Stamokaps wie Klaus- Uwe Benneter, die in den siebziger Jahren als Juso die SPD auf den Weg in den Sozialismus bringen wollten.
Nur waren sie damals in der SPD isoliert; und manche wurden (wie Benneter) aus der Partei ausgeschlossen. Heute schwimmt Drohsel in der SPD wie ein Backfisch im Wasser.
Im Filterblog habe ich gestern dieses Zitat gefunden. Es stammt aus einem Interview des Magazins "Cicero" (Ausgabe September 2009) mit der gegenwärtigen Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialisten in der SPD, Franziska Drohsel.
Kommentar: Die schönsten Stellen aus dem Interview hat Jan Filter schon kommentiert. Ich möchte das ergänzen, will das Interview vor allem aber zum Anlaß nehmen, etwas zu dieser Franziska Drohsel anzumerken, zu den Jusos und zur SPD.
Haben Sie Franziska Drohsel schon einmal in einem Interview oder einer Talkshow erlebt? Mir fällt zu ihr stets ein altertümlicher, ein veralteter Begriff ein: Backfisch.
In den fünfziger Jahren kam das Wort aus der Mode und wurde durch "Teenager" verdrängt. Ein Backfisch war aber etwas anderes gewesen als ein Teenager. Mit der Bezeichnung wechselte auch die Rolle, die sie bezeichnet.
Das Wort leitet sich vermutlich von dem englischen backfish ab; das ist ein Fisch, der noch so jung ist, daß man ihn wieder zurück (back) ins Wasser wirft. Die deutsche Volksetymologie hat das dann etwas kurios zu einem Fisch umgedeutet, der, weil jung, angeblich gebacken und nicht gesotten werden würde.
Sei dem wie es will - jedenfalls war der Backfisch keine freche Göre wie der Teenager, sondern ein Mädchen, das sich mal gekonnt, mal ungelenk auf dem schmalen Grat zwischen naivem Kind und koketter erwachsener Frau bewegte.
Es gab "Backfischromane", in denen dieser Typus dargestellt wurde. Man durfte als Backfisch naiv sein, denn halb war man ja noch ein Kind. Man durfte mit dieser Naivität kokettieren, denn halb war man ja schon erwachsen. Stellen Sie sich die junge Toni in den "Buddenbrooks" vor, dann haben sie den Backfisch.
So ist Franziska Drohsel: Ständig plappernd wie ein Kind, Naivität auf Naivität häufend, aber hellwach. Mit ihrer Naivität spielend, den Gesprächspartner mit dieser Naivität verblüffend.
Das Zitat illustriert das vortrefflich. Kinder neigen dazu, ihre Wünsche schon für Realität zu nehmen; Allmachtsphantasien zu haben. So auch Drohsel.
Der letzte Bundeskongreß der Jusos, den Drohsel erwähnt, fand vom 19. bis 21. Juni 2009 in München statt. Wenn wir ihre Aussage ernst nehmen, dann dürfen sich Sozialisten in aller Welt also freuen, daß München zum zweiten Mal eine Hauptstadt der Bewegung ist: Dort, im Juni 2009, wurde das Ende des Kapitalismus eingeläutet, auf das die Sozialisten seit Mitte des 19. Jahrhunderts gewartetet hatten. Und wir können sagen, wir sind dabeigewesen.
Wenn ein Erwachsener so etwas behauptete, dann würde man sich fragen, ob er noch alle Tassen im Schrank hat; klassischer Fall von überwertiger Idee. Aber ein Backfisch darf eine solche Allmachtsphantasie haben.
Ist sie nicht süß, in ihrer Naivität, die Franziska? Weiß sie überhaupt, was der Sozialismus ist, von dem sie in dem Interview sagt (oder genauer schreibt, denn das Interview wurde per SMS geführt), sie werde im Sozialismus leben, wenn sie so alt sei wie Franz Müntefering jetzt? Und das, sagt sie, werde bedeuten, daß es "Luxus für alle" geben werde.
Oder macht sie sich lustig über den Interviewer, über die Leser des Interviews?
Vielleicht beides oder irgendwas dazwischen. Von der Bundestagswahl sagt sie "Ich sage, die Wahl ist am 28. September". Soll das ein Witz sein, oder kennt sie den Wahltermin nicht? Auf die Frage, ob das Parlament zu alt sei, antwortet sie mit dem kryptischen Satz "Alter schützt vor Weisheit nicht und umgekehrt". So, wie ein altkluges Kind halt daherredet, was es aufgeschnappt hat.
Geplapper nach Backfischart. Man könnte das mit einem Schulterzucken hinnehmen, wenn diese Frau nicht Vorsitzende der Jungsozialisten wäre.
Die Jusos sind, wie die Jugendorganisationen der anderen Parteien, einflußreicher, als das oft in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Zum einen, weil sie meist einen festen Delegiertenblock stellen und dadurch oft Abstimmungen und Wahlen entscheidend beeinflussen können.
Weiterhin verfügen sie über erhebliche Geldmittel und haben durch Seminare, Schulungen usw. Einfluß auf die politische Haltung des Parteinachwuchses.
Un drittens sind insbesondere die Jusos bedeutsam, weil aus ihnen viele spätere Spitzenpolitker hervorgingen. Gerhard Schröder hat seine Karriere bekanntlich als Vorsitzender der Jusos begonnen. Juso- Vorsitzende waren auch
Die Jusos, so wird oft gesagt, sind die SPD von morgen. Wenn eine solche Organisation eine Franziska Drohsel mit großer Mehrheit wählt, von der schon bei ihrer Wahl die Mitgliedschaft in der "Roten Hilfe" bekannt war (zur Roten Hilfe siehe Warum war Juso-Chefin Drohsel Mitglied der "Roten Hilfe"?; ZR vom 1.12. 2007), dann hat das schon seine Bedeutung.der spätere hessische Ministerpräsident Holger Börner Hans-Jürgen Wischnewski ("Ben Wisch"), später Bundesminister und Mogadischu- Verhandler Karsten Voigt, heute Koordinator für deutsch- amerikanische Beziehungen Heidemarie Wieczorek-Zeul, inzwischen avanciert zur Dauerministerin für Entwicklungshilfe Klaus- Uwe Benneter, kurzzeitig Generalsekretär der SPD und jetzt Justiziar der Bundestagsfraktion der SPD und natürlich Andrea Nahles, neuerdings ministrabel und weiter auf dem Weg nach ganz oben.
Die Wahl Drohsels im Jahr 2007 sowie das Hamburger Programm im selben Jahr markieren die Wende der SPD von einer sozialdemokratischen Partei, deren stellvertretender Vorsitzender noch zwei Jahre zuvor Wolfgang Clement gewesen war, zu einer Partei des demokratischen Sozialismus, deren aufgehende Sterne Nahles und Wowereit heißen.
Mit dem Sturz Kurt Becks, der dieser Entwicklung präsidierte, mit dem Einspringen von Franz Müntefering, fast fünf Jahre über dem Rentenalter, und der Kür Steinmeiers zum Kandidaten wurde und wird diese Entwicklung vorübergehend kaschiert. Aber die Funktionäre, die Delegierten, die ihre Träger sind, wurden damit ja nicht auch ausgetauscht.
Die SPD steht heute so weit links wie noch nie seit 1946. Sie hat diese Wende einerseits unter dem Druck der Kommunisten vollzogen, andererseits sich damit bereit gemacht für die Koalition mit ihnen.
Insofern paßt Franziska Drohsel, die propagiert, daß wir "den Kapitalismus hinter uns lassen" müßten (siehe "Zitat des Tages: "Den Kapitalismus hinter uns lassen"), bestens in diese Partei.
Und vielleicht ist ja ein plappernder Backfisch, der sich den Sozialismus als ein Leben im Luxus für alle vorstellt, am Ende immer noch besser als hartgesottene Stamokaps wie Klaus- Uwe Benneter, die in den siebziger Jahren als Juso die SPD auf den Weg in den Sozialismus bringen wollten.
Nur waren sie damals in der SPD isoliert; und manche wurden (wie Benneter) aus der Partei ausgeschlossen. Heute schwimmt Drohsel in der SPD wie ein Backfisch im Wasser.
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