27. März 2022

Anmerkungen zur Energiewende (3): Die Sache mit dem Strom - Teil 2

Im heutigen Beitrag soll es erst einmal um das Gegenstück zur Photovoltaik, nämlich um den Windstrom gehen. 

Bevor wir uns den Zahlen widmen, sollte man ein paar Worte zu den Unterschieden verlieren: Wind hat sicher den Vorteil, dass er auch nachts weht, damit erscheint er auf den ersten Blick gegenüber der Photovoltaik im Vorteil. Auch weht er nicht nur im Sommer, sondern gerade im Winter, die Rotoren schneien nicht zu und gerade diese neigen, aufgrund ihrer großen Trägheit, auch weniger zum Zappeln als einzelne Sonnenkollektoren das tun. Eigentlich wäre damit der Windstrom ja der eindeutige Gewinner, wenn da nicht ein ganz gewaltiger Nachteil wäre: Der Windstrom zappelt tageweise. Und nicht zu knapp. 

22. März 2022

Anmerkungen zur Energiewende(2): Die Sache mit dem Speichern

Bevor ich mich dem Windstrom widme (und seiner Verteilung), möchte ich erst einmal das Speicherproblem ansprechen, bzw. die Möglichkeiten ansprechen wie man Strom speichern kann. Um nicht schon wieder den nächsten Seitenhieb auf Frau Baerbock loszuwerden, muss man einfach sagen: Strom zu speichern ist schwierig. Sehr schwierig. Und teuer. Doch der Reihe nach.

21. März 2022

Eine wirkliche Mondrakete



Aber voll-krass konkret.



Ich werde diesen Beitrag mit einem ungewohnten Rückgriff auf die eigene Biographie eröffnen, der zum eigentlichen Thema nichts zur Sache tut – und den ich den geneigten Leser bitten möchte, gleich wieder zu vergessen. Aber ich bin alt genug, um mich an die Bilder der „ersten Schritte auf dem Mond“ zu erinnern – an die Landung der Mondfähre „Adler“ im Meer der Ruhe im Sommer 1969. Es war eine Woche nach meinem neunten Geburtstag – und für mich, der sich ab dem vergangenen Winter für alles, was die nächtliche Sternenwelt betraf, begeistert hatte und für die Meldungen über die Raumfahrt, die die Nachrichten beherrschten, waren die Bilder aus den Studios von ARD und ZDF, vom „ersten“ und „zweiten Fernsehen,“ aus dem Kontrollzentrum in Houston und die schemenhaften Nebelbilder aus einer Entfernung von 380.000 Kilometern ein verspätetes Geburtstagsgeschenk, wie ich es mir nicht besser hätte wünschen können. Ich kann den Beginn dieser Faszination durch alles, was „nicht von dieser Welt ist,“ recht gut dingfest machen: der Flug von Apollo 8, bei dem die drei Astronauten William Lovell, William Anders und Frank Borman am Heiligen Abend 1968 um 21:49 Uhr unserer Zeit hinter der Rückseite des Erdtrabanten verschwanden, hat in meiner Erinnerung keinerlei Spuren hinterlassen, dafür aber die folgenden beiden Missionen von Apollo 9 und 10 im folgenden März und Mai, bei denen zum ersten Mal der Einsatz und die Navigation des LEM, des „Lunar Excursion Module,“ der Mondlandefähre im Weltraum geprobt wurde. Ich erinnere mich noch deutlich an das Gefühl der Enttäuschung, daß Apollo 9 dabei in der Erdumlaufbahn verblieb und nicht „dort weitermachte, wo ihre Vorgänger aufgehört hatten.“ (Im Alter von acht Jahren weiß man ein dramatisch retardierendes Moment weniger zu schätzen als in späteren Lebensstadien.) Über das Ferienwochenende, an dem dann die Mondlandung stattfand, waren meine Eltern mit meinen Geschwistern und mir auf Verwandtenbesuch nach Norden gefahren, in der Nähe des Dollarts an der Emsmündung. Ich erinnere mich, daß das Wetter an diesem Sonntag, dem 20. Juli 1969, für einen Hochsommertag ziemlich kühl war, bedeckt und mit leichten Regenschauern (ein Blick ins Archiv des Weltnetzes bestätigt für Hamburg eine Temperatur von 16° und Bremen mit 18°, mit starker Bewölkung und einem Luftdruck von 1017 mbar). Das erste und das zweite Programm hatten angesichts dieses alles in den Schatten stellenden Ereignisses ihre abendlichen Programme gepoolt; die ARD berichtete ab 17:10 Uhr bis zur (damals noch heiligen) Tagesschauzeit um 20:00 aus dem dafür reservierten Studio; um Viertel nach 6 gesellten sich die Mainzer hinzu (beim ZDF sah man keinen Anlaß, auf die Ausstrahlung der sonntäglichen Folge von „Bonanza“ zu verzichten – ein ebenso geheiligter Termin in der TV-Liturgie) bis 22:15; während „das Erste Programm“ sich noch für eine halbe Stunde nach 21:00 dazuschaltete. Für heutige Verhältnisse gestaltete sich die Übertragung mit einer Langsamkeit und Statik, die den Nachgeborenen nicht mehr zu vermitteln ist. Das lag vor allem daran, daß es so gut wie keine Bilder gab; die eng bemessenen Funkfrequenzen und Übertragungsraten aus der Mondfähre und der Kommandokapsel wurden für die Übertragung des Sensordaten benötigt; die Bilder aus dem „Capcom“ zeigten nichts als die Teams der Bodenkontrolle, angespannt vor den Monotoren sitzend, und die deutschen Moderatoren reichlich verlegen, weil sie wenig über den Stand der Mission mitteilen konnten, was über den in allen Zeitungen abgedruckten Zeitplan des Landeablaufs hinausging.

17. März 2022

Anmerkungen zur Energiewende: Die Sache mit dem Strom - Teil 1

Im ersten Teil der Serie beschäftige ich mich mit Grundsatzzahlen und ein bisschen Photovoltaik.

Zunächst mal ein paar Basiszahlen: Der deutsche Stromverbrauch im Jahr liegt so um die 550 Milliarden Kilowattstunden im Jahr (oder 550 Terawattstunden), der Gesamtenergieverbrauch (das schließt Verkehr und Heizen mit ein) dagegen bei ungefähr 2500 Terawattstunden.  Die Erzeugung von letzterem verbraucht allerdings gut 3640 Terawattstunden an Primärenergie, weil Umwandlung in Autos und Kraftwerken halt Verluste mit sich bringt (Physik is a bitch). 

Ankündigung einer Serie: Die Energiewende

Aufgrund der aktuellen Problematik und der Frage ob im nächsten Winter dann wirklich die Heizungen ausfallen werden, erscheint das Thema Energiewende ein sehr aktuelles zu sein und es bietet sich sehr gut für eine kleine Serie an. Ich hatte überlegt aufgrund der etwas zahlenlastigen aber auch dankbaren Thematik einen Video-Vortrag daraus zu machen, ich sehe aber, dass das etwas zu zeitaufwändig werden würde (vielleicht hole ich das irgendwann nach). 

16. März 2022

Herr Musk twittert auf Russisch (und Ukrainisch)



(Netzfund)

"'Große wissenschaftliche Ausgabe?' (Oh, ich weiß schon, was die Brüder so nennen: wenn sie uns zu dem Kind noch die placenta servieren!" – Arno Schmidt, Brand’s Haide (1951)

Auch die Aufgabe des gewissenhaften Philologen, des Hieronymus im Gehäus der Letternwüsten, unterliegt, so kann es mitunter scheinen, einem zeitgeistlichen Paradigmenwechsel. Während die Aufgabe des „klassischen Philologen“ etwa darin bestand, die vom Namenspatron dieses Netztagebuchs genannten Opera omnia zusammenzustellen, zu erläutern und zu klären, was wohl Homer gemeint haben könnte, als er in der Ilias und der Odyssee vom „weinfarbenen Meer“ - οἶνοψ πόντος – sprach und warum er den Himmel an keiner Stelle „blau“ (auf altgriechisch: γαλανό) nennt. Stattdessen findet sich bei ihm das Epitheton ornans χάλκεος, „Bronze“ oder „bronzefarben.“ William Gladstone hat das 1858, lange bevor er das Amt des englischen Premierministers bekleidete, damit zu erklären versucht, „die ollen Griechen“ seien halt samt und sonders farbenblind gewesen.

Wie dem auch sei: mit dem Aussterben der klassischen humanistischen Bildung ist man, wenn man diese spezielle Narrenkappe trägt, froh, wenn einem die (post-)modernen Kommunikationsmittel die Gelegenheit bieten, mit seinem Füllhorn des nutzlosen Wissens eine kleine erläuternde Fußnote zu irgendeinem kryptischen, rätselhaften Wellenschlag liefern zu können, der ein kurzes Kräuseln an der Oberfläche der diversen Dorfteiche namens „Facebook,“ „Instagram“ oder „Twitter“ im „Global Village“ ausgelöst hat. Vier Monate, nachdem es an dieser Stelle hieß „Herr Musk twittert auf Chinesisch“ (Zettels Raum vom 4. November 2021) hat der reichste Mann der Welt gestern, am Montag, den 4. März 2022, wieder einmal Gelegenheit dazu geboten – und darüber hinaus das Urteil bestätigt, wonach es sich beim Firmenchef von SpaceX nach dem Ausschluß des vorherigen Champions Donald „Orange-Man-Bad“ Trump von Facebook und Twitter um den unangefochtenen König in dieser Disziplin handelt. Elon Musk hat gestern auf Twitter dem gegenwärtigen RL-Wiedergänger von Sauron im dunklen Turm von Barad-dûr im Lande Mordor – Wladimir Wladimirowitsch Putin in der Zitadelle (russisch Кремль) von Moskau im Lande der Rus‘ – das Angebot gemacht, den Konflikt um das im Westen gelegende Land Gondor ganz nach dem Vorbild der alten Heldenepen zu entscheiden: durch einen Kampf Mann gegen Mann, bzw. Recke gegen Recke. (Isengard, Heimstatt von Saurons Verbündetem und Vasallen Saruman in Tolkiens „sekundärem Kosmos“ entspräche in dieser Sicht der Weltlage Weißrussland und seinem Potentaten Lukaschenko).

I hereby challenge Владимир Путин to single combat

Stakes are Україна

10. März 2022

Streiflicht: Blut, Schweiß und Kuchen


"Blut, Schweiß und Tränen" waren es nach einer etwas freien Übersetzung, die Winston Churchill seinen Landsleuten 1940 ankündigte. Es ist mitunter eines der meistzitierten Rede-Zitate, die heute den meisten Deutschen im Gedächtnis sind.

Joachim Gauck, seines Zeichens ehemaliger Bundespräisdent, versuchte es diese Woche mit seinem Churchill Moment und verkündete seinerseits:
„Wir können auch einmal frieren für die Freiheit und wir können auch einmal ein paar Jahre ertragen, dass wir weniger an Lebensglück und Lebensfreude haben.“

2. März 2022

Eine Zeitenwende



Es gibt Tage, an denen man aufwacht und bei der ersten Kenntnisnahme der internationalen Nachrichtenlage bestürzt feststellen muß, daß die Welt eine neue ist. Daß sich die Gewißheiten, die Konstellation der Weltpolitik, ihre Ziele und Ausrichtungen nicht mehr die sind, die sie am Vortag und während der Jahre und Jahrzehnte zuvor waren. Der 1. September 1939 war solch ein Tag, auch der 11. November 1989 und der 11. September 2001. Zwar ändert sich „im Inneren“ für viele Staaten, die nicht direkt von den Ereignissen betroffen sind, wenig – und doch markieren diese Daten eine weltgeschichtliche Zäsur. Seit der vergangenen Woche darf der 24. Februar 2022 als ein weiteres Datum dieser Art gelten.

Ich bin vor zwei Tagen im Diskussionsforum zu diesem Netztagebuch, dem „Kleinen Zimmer,“ in Hinblick auf meinen letzten, frivol gehaltenen Beitrag „Wippchen’s ukrainischer Krieg“ gemahnt worden: „Ich finde dieser Beitrag in Zettels Raum ist nicht gut gealtert.“ Das ist noch äußerst wohlwollend formuliert. Mit der Entwicklung, die wir seit fünf Tagen sehen, mit der skrupellosen militärischen Gewalt, der Invasion der Ukraine wirkt mein Beitrag nicht nur völlig irrig, sondern nachgerade obszön. Ich kann mich nur dafür entschuldigen. Und darauf hinweisen, daß ich nicht der einzige Beobachter gewesen bin, der diesem Irrtum erlegen ist. Ich hätte mir in meinen schlimmsten Albträumen nicht vorstellen können, daß Putin mit der militärischen Drohkulisse ernst machen würde, daß er dies nicht als Druckmittel einsetzen würde, um von der internationalen Gemeinschaft eine Hinnahme der von ihm anerkannten „Unabhängigkeit“ der Regionen Luhansk und Donezk zu erpressen. Im „worst case scenario,“ im schlimmsten denkbaren Fall, hatte ich mit dem Aufbau einer russischen Truppenpräsenz in diesen beiden Grenzregionen zu Russland gerechnet, um in der Folge über ein Referendum nach dem Muster der Krim-Annektion von 2014 eine „formelle Legitimation“ für die Aufnahme in die russische Förderation zu erhalten.

24. Februar 2022

Der Kulturkrieg ist da. Ein Gedankensplitter.

Man könnte es sich wohl einfach machen und die derzeitigen Verzweifelungsmaßnahmen der kanadischen Regierung auf einen eher mehr als minder durchgeknallten Regierungschef zurückführen. Aber damit würde man sich die Dinge vielleicht etwas einfach machen, wichtiger aber noch, man würde etwas viel tiefgründigeres übersehen.

16. Februar 2022

"Wippchen's ukrainischer Krieg": Isch over!



Was ihnen bewilligt werden wird, steht noch nicht fest. Wie mir heute Herbert von Bismarck, ein junger Staatsmann, der die Diplomatie mit der Vatermilch eingesogen hat, sagte, sei Rußland nicht in der Geberlaune, da dasselbe von seinem Beati kein Possidentes missen wolle. Indes sei doch anzunehmen, daß ihnen schließlich eine Pferdebahn, Straßenbeleuchtung, Droschken erster Classe, Asphaltpflaster und vielleicht auch ein Rieselfeld bewilligt werden würde.


(Julius Stettenheim, „Der Orientalische Krieg,“ Wippchen’s sämmtliche Berichte, Band I)

Selbstlob hat bekanntlich einen leichten Hautgoût, und ich will für mich keine besonderen Sehergaben reklamieren, zumal Voraussagen, einem bekannten Ondit zufolge, schwierig sind, besonders wenn sie die Zukunft betreffen. Aber was die aktuellen Entwicklungen im Zwist zwischen der Ukraine und der Russische Förderation betrifft, so dieses Netztagebuch für sich in Anspruch nehmen, nicht allzuweit daneben gelegen zu haben. An dieser Stelle schrieb ich vor fast 10 Wochen, am 9. Dezember 2021, unter der Überschrift „Der passende Soundtrack“ Folgendes:

Scherz einmal beiseite: eine militärische Invasion russischer Streitkräfte auf dem Staatsgebiet der Ukraine, vor der in der BBC gestern und vor zwei Tagen eindringlich gewarnt wurde und der New York Times auch heute eine Schlagzeile widmete („Ukraine Commanders Say a Russian Invasion Would Overwhelm Them“), dürfte in Moskau nicht auf der Agenda stehen. Die russische Regierung ist daran interessiert, im Sicherheitsgefüge der Welt weiterhin die Rolle einer „kleinen Weltmacht“ zu spielen und ihren Bürgern einen bescheidenen, aber sicheren Wohlstand zu garantieren. Sich zum Pariah der Weltöffentlichkeit zu machen und all die Stabilität der vergangenen 15 Jahre für einen zweifelhaften und nicht dauerhaft beizulegenden kurzfristigen Scheinerfolg zu opfern, dürfte man dort nicht als wünschenswert erachten. Zudem: wenn die Moskauer Führung dergleichen in Betracht ziehen würde, hätten wir in den letzten sieben Jahren, seit der (Re)-Annektion der Krim, dergleichen längst gesehen. (…) Die Halluzination, US-amerikanische Truppen könnten auf dem Gebiet der Ukraine demnächst in Kampfhandlungen mit russischem Militär verwickelt werden, darf getrost als solche verbucht werden: als Illusion, als Wahnidee, an deren Zustandekommen keine der beiden Seiten auch nur das geringste Interesse hat. Freilich gehört solches Rasseln mit dem rhetorischen Schwertgehänge ebenfalls zur Kunst der Diplomatie
.

Das wird besonders augenfällig, wenn man den nur noch als hysterisch zu bezeichnenden Überschriften und „Meldungen“ durchweg aller großen Medien-Outlets der letzten Wochen und Tage vergleicht, von denen ich einmal völlig wahllos ein Bäckerdutzend herausgegriffen habe.

14. Februar 2022

Wer wird eigentlich die Verantwortung tragen?

Eigentlich ist es eine rhetorische Frage, aber auch wenn die nahe liegende Antwort "Niemand" lautet, so lohnt es sich doch, diese zu stellen, angesichts der schnellen Pferde, die mancherorts angespannt werden, um schnell wegzukommen. Die Rede ist von den Toten der Impfpflicht. Und zwar nicht der allgemeinen, die inzwischen schon lange eine offene Totgeburt ist, sondern der speziellen Impfpflicht, die ja nun derzeit Gesetzeslage ist und Mitte nächsten Monats (also in etwas mehr als vier Wochen) bittere Realität werden wird und auf einen Schlag gute 10-15% aller Pfleger, Krankenschwestern, Ärzte, Notfallsanitäter und Feuerwehrleute mit einem Schlag berufsunfähig machen wird.

13. Februar 2022

"Wippchen's ukrainischer Krieg"





(Die deutsche Force de Frappe im Fronteinsatz)

Trotz ihrer Weiblichkeit ist die Mandschurei der Zankapfel der Neuzeit. Wer mir dies vor zehn Jahren gesagt haben würde, den hätte ich ausgelächelt, daß er mir das Mitleid angesehen hätte. Wer bekümmerte sich um die Mandschurei? Du etwa, lieber Leser? Deine Wangen wären dir eher eingefallen, als dies. Du magst es mir glauben. Kaum wußte man in Europa, wo die Mandschurei liegt, und man hatte die Empfindung, sie wisse es selber nicht. Die Mandschuren waren uns ein völlig fremdes Volk. Während viele Völker bei uns öffentlich auftraten, um sich uns gegen Entree zu zeigen, blieben uns die Mandschuren völlig fern, obschon sie doch gewiß gern Geld verdienten. Wir kannten, wenn nichts weiter, von den Chinesen den Tee, von den Buren die reisenden Generäle, von den Japanern die Operette Mikado, von den Lappen die Flicken, von den Isländern das Moos, von den Eskimos die Kälte, von den Tartaren die Nachricht. Wer hat jemals einen lebenden Mandschuren gesehen? Die Frage nach dem kleinen Kohn wäre rascher bejaht. Und plötzlich liegt die Mandschurei als Zankapfel vor uns!

Ich wohne im Mikadohof, in dessen Speisesaal allabendlich Versammlungen stattfinden, welche die Regierung zwingen wollen, den Russen die Zähne zu zeigen. »Diese Regierung« sagte ein gestriger Volksredner, »will das nicht. Aber warum denn nicht? Wir sind mit China fertig geworden und werden mit Rußland noch fertiger werden. Aber wenn wir uns hüten, mit ihnen – verzeihen Sie das harte Wort! – zu brechen, so werden sie fortfahren, uns auf der Nase herumzutanzen, und das ist ein Tanz, den ich la Décadanse nennen möchte, weil wir zugrunde gehen, wenn wir es uns gefallen lassen. Wir müssen die Russen aus der Mandschurei treiben. (Rufe: Raus! Raus!) Wenn sie sich erst eingenistet haben, dann kriegen sie keine zehn Pferde heraus, genau wie die Rebläuse, die Ratten, die schweren Rätsel. Also: Krieg! Krieg mit Moskau!« Und nun folgte ein Durch und Durcheinander von Stimmen: Krieg! Krieg mit Moskau! daß ich glaubte, in Laubes Demetrius von Schiller zu sein, ein wüstes Schreien, das sich wie ein Kaninchen auf die Straße fortpflanzte, so daß niemand mehr imstande war, sein eigenes Schreien zu hören.

Julius Stettenheim, "Wippchens Russisch-Japanischer Krieg" (1904)


12. Februar 2022

Streiflicht: Prinz Harry kauft nur ein Ticket

"Everything woke turns to shit"
                                            --- Donald Trump


Ich gebe es gerne zu, statt 20 Euro für einen Kinoabend (wenn das denn reicht) auszugeben, ziehe ich es meistens vor, auf heimischer Couch die eine oder andere, meist amerikanische, Serie zu konsumieren. Gerne auch am Stück bis drei Uhr morgens, wenn die Kontinuität nur gut genug ist. Ich mag lange Handlungsrahmen und finde Kinofilme im Vergleich einfach zu kurz. Charakterentwicklung kann man nicht ernsthaft in 90 Minuten packen und die Hintergrundgeschichten der Charaktere ist dann auch meist nicht Sache des Kinofilms. 

8. Februar 2022

Geschichten von der Demo: Von Framing, Jubelpersern und anderen, dunklen Gestalten

Es ist mal wieder erstaunlich im deutschen Blätterwald: Da demonstrieren jede Woche über 100.000 Leute in der ganzen Republik gegen den Staat, aber die Medien berichten allenfalls am Rande darüber. Randmeldungen. Ein paar (extrem fragwürdige) Zahlen werden abgearbeitet, einige fallen auch unter den Tisch und ab und zu verirrt sich auch ein Foto, vor allem dann, wenn es dem passenden Narrativ entspricht, in den Artikel. Anders sieht es natürlich aus, wenn sich "Gegendemonstrationen" bilden, dann entstehen auch schon mal seitenlange Artikel, gerne auf mit dem einen oder anderen Foto, idealerweise mit möglichst menschlichem Antlitz. 

6. Februar 2022

BigTech und der Tod der Freiheit. Eine Historie und Gedankensplitter.

"Power tends to corrupt and absolute power corrupts absolutely."
                                                                        -- Lord Acton

1993 war das Jahr in dem dieser Autor das erste Mal einen Zugang zum Internet bekam, damals noch mit Tools, an die sich heute nur noch Eingeweihte und Historiker erinnern können: Mosaic, Netscape, Tin oder Gopher. Im Vergleich zu heute war die Technik unheimlich primitiv, nur ein Bild runterzuladen konnte Minuten dauern, an Filme war gar nicht zu denken und der Austausch von Nachrichten im damaligen Usenet konnte bis zu 24 Stunden dauern. Einwählen konnte man sich mit Modems, bei denen schon eine Übertragungsgeschwindigkeit von knapp 33.000 Baud (also knapp 4 kByte pro Sekunde) als recht schnell galt. Und der Zugang kostete Geld und das nicht zu knapp, die Minutenpreise waren recht happig und eine lange Nacht konnte schnell soviel kosten wie ein heutiger High-Speed Zugang für einen ganzen Monat. Es war die Antike des Internets. (Ja, Opa erzählt vom Krieg.)

30. Januar 2022

Streifklicht: Habeck plant den Glücksindex. Eine Absage an den Wohlstand.

Es hat nicht lange gedauert. Im Unterschied zu seiner mehr oder minder dauerüberforderten Kollegin "aus dem Völkerrecht" hat Robert Habeck sich direkt ein paar Gedanken gemacht, wie man grüne Politik, bzw. die Folgen grüner Politik erfolgreich verschleiern kann. Dabei ist er zunächst darauf gestoßen, dass grüne Politik nicht allzu wirtschaftskompatibel ist, zumindest wenn man nicht von staatlich garantierten Monopolen für Windradbetreiber ausgeht. Und die Entwicklung der Wirtschaft wird gemeinhin gemessen am Wachstum des Bruttoinlandproduktes, was damit auch direkt mit dem Wohlstand einer Gesellschaft korreliert.

28. Januar 2022

Clown World: Wenn die SED liberaler ist als die FDP

Es gab mal einen guten, alten Witz, den ich sinngemäß zitieren darf:

Wenn ....
der beste Golfer ein Schwarzer ist,
der beste Rapper ein Weißer ist,
die Franzosen die Amerikaner der Arroganz bezichtigen
und die Deutschen nicht mehr in den Krieg ziehen wollen,
dann merkst Du, dass die Welt sich geändert hat.

27. Januar 2022

Klinischer Wahnsinn III





Nach den ersten beiden Durchgängen heute hier der Regelkatalog, den das Bundesland Hessen aktuell in Sachen "Zungangsberechtigung zur Teilnahme am öffentlichen Leben" erlassen hat. Auch hier erübrigt sich jeder Kommentar. Ich hatte ja beim zweiten Teil meiner Hoffnung Ausdruck gegeben, daß es nicht mehr allzuviele Einträge in dieser Sammlung geben sollte. Allein, man muß nicht in der Liga des Kleinen Zynikers spielen, um zu befürchten, daß die sich ständig wandelnden und verschärften Maßnahmen lang genug in Kraft bleiben, bis jedes Bundesland und jede Großgemeinde Gelegenheit hatte, sich hier einzureihen.

Der verbotene Datensatz, eine Verschwörungstheorie am Wegesrand

Wie der geneigte Leser weiß, ist dieser Autor zwar kein Anhänger aber doch ein interessierter Leser der einen oder anderen unterhaltsamen Verschwörungstheorie. Dieses Interesse ist durch die letzten zwei Jahre deutlich intensiviert worden, in Anbetracht der Tatsache wie viele angebliche Verschwörungstheorien ("Es ist ein Lockdown geplant.", "Nein, Verscwörungstheorie" / "Der Virus stammt aus dem Labor", "Nein, Verschwörungstheorie" / "Nach der Wahl kommt die Impfpflicht", "Nein, Verschwörungstheorie") sich im Nachhinein als korrekte Beschreibung der Realität erwiesen haben.

22. Januar 2022

Klabauterbach und die Mathematik

Im Rahmen dessen dass unser ... geschätzter Gesundheitsminister bekannt dafür ist in Talkshows schon einmal den einen oder anderen Bären aufzubinden, sollte seine letzte Story bei Markus Lanz nicht einmal etwas besonderes sein. Sollte. Ist sie dann aber doch.

Denn es sollen, so hat Lauterbach behauptet, die Schnelltests, die derzeit landauf-landab durchgeführt werden, selbstverständlich Teil der Inzidenz Zahlen des RKI sein sollen. Was das RKI bei späterer Nachfrage bestritten hat. Nun ist es zum einen bezeichnend, dass ein Fernsehmoderator wie Lanz offenkundig besser über die Vorgänge informiert ist, als ein Gesundheitsminister. Etwas anderes ist aber noch viel bezeichnender: Einem Epidemiologen, als der Lauterbach sich gerne verkauft, wäre so ein Fehler niemals unterlaufen, hätte ihm nicht unterlaufen dürfen. 

20. Januar 2022

Randnotiz: Trampolina droht mit Konsequenzen

Man weiß nicht ob man lachen oder weinen möchte, wenn man dieser Tage die Zeitung liest, ich habe mich mal für lachen entschieden, weil so vieles inzwischen nur noch zum Weinen ist, was die deutsche Politik so fabriziert. Es war zugegebenermaßen abzusehen, dass eine abgebrochene Politikstudentin nicht unbedingt als Außenminister taugen würde, aber vielleicht hatte man auch damit gerechnet, dass im Fall eines echten Konfliktes ohnehin eher der Kanzler, der dieser Tage allenfalls mit Abwesenheit glänzt, das Steuer übernimmt. Aber weit gefehlt: Deutschland wird von Trampolina vertreten und Trampolina hat nun ganz böse den Finger gehoben und den bösen Russen mit "gravierenden Konsequenzen" gedroht.

19. Januar 2022

Bruchlinien der Gesellschaft. Ein Gedankensplitter.

Das Simplifizieren von Menschen auf bestimmte Gruppen ist immer schwierig: Argumentativ begibt man sich grundsätzlich in die Falle, man würde Menschen Unrecht tun, man würde komplexe Probleme zu einfach darstellen, man würde einfache Lösungen für schwierige Probleme suchen. Alles richtig. Und doch oftmals zu kurz gesprungen. Das Leben an sich, wie auch die Menschen an sich, sind extrem komplex. Zu komplex, um ihnen wirklich in dem Sinne gerecht zu werden. Unser Verstand kann das (das kann man auch ziemlich trivial zeigen) nicht leisten, entsprechend sortieren wird die Dinge in Schubladen ein. Und das macht es uns dann doch einfacher Zusammenhänge zu verstehen. Auch wenn sie im Einzelnen nicht immer ganz gerecht sind.

18. Januar 2022

Klinischer Wahnsinn II

Als Postscriptum zu meinem Beitrag von vor zwei Tagen, als Fortsetzung oder als zweiter Teil einer womöglich noch geraume Zeit fortzusetzenden Serie möchte ich heute das Regelwerk dokumentieren, das "THE LÄND" Baden-Württemberg (die Schreibung in Majuskeln ist augenscheinlich Teil dieser peinlichen Imagekampagne) angesichts der "steigenden Fallzahlen durch die Omikron-Variante" am 12. Januar 2022 für seine Bürger erlassen hat und das vorerst bis zum 1. Februar gelten soll. Auch hier ist jeder Kommentar überflüssig. Außer vielleicht die Anmerkung, daß man schon aus dem "Land der Tüftler und Erfinder" kommen muß, um den Besuch von Weihnachtsmärkten für den Zeitraum vom 12. Januar bis zu 1. Februar regeln zu wollen. Henryk M. Broders Befund: "Deutschland ist ein Irrenhaus. Könnte man die Bundesrepublik überdachen, wäre es eine geschlossene Anstalt" ist nur noch durch den Zusatz zu ergänzen: "...in der die Insassen die Anstaltsleitung übernommen haben."
(Ein Klick auf die Seiten vergrößert sie bis zur Lesbarkeit.)

16. Januar 2022

Klinischer Wahnsinn

Ein Bild, sagt die alte Spruchweisheit, ist mehr wert als tausend Worte. Und es gibt Bilder, zu denen sich jeder Kommentar erübrigt, weil sie für sich selbst sprechen. Nicht zuletzt deshalb, weil einem die Worte fehlen, das angemessen zu kommentieren. Wer wissen will, wie es aussieht, wenn die Obrigkeit eines Landes (von "Regierung" will man hier gar nicht mehr sprechen; die feudalistische Anmaßung ist unübersehbar) jeden Kontakt zur Wirklichkeit verloren hat, braucht nur einen Blick auf diese Beilage des Kölner Stadtanzeigers vom Freitag, dem 14. Januar 2022 zu werfen. Es gibt kein anderes Wort dafür: ja, dieses Land hat den Verstand verloren. Man kann nur raten, dergleichen als Ausdruck oder auf einem sicheren Speichermedium zu sichern und aufzubewahren, um in späteren Jahren, wenn dies hinter uns liegt, den fassungslosen Nachgeborenen als Beweis präsentieren, daß es dergleichen "tatsächlich einmal gegeben hat." So wie die überstempelten 50-Millionen-Mark Scheine aus der Hochphase der Inflation vor 99 Jahren.
PS: Völlig überraschend hat das Robert Koch-Institut heute Nachmittag einen Erlass herausgegeben, nachdem der "Genesenenstatus" nach einer erfolgten Infektion mit dem Coronavirus bereits nach drei Monaten anstatt wie bisher einem halben Jahr hinfällig wird und eine Impfung oder Nachimpfung erfoderlich wird, um nicht als "Ungeimpfter" zu gelten. Damit soll "der Druck erhöht werden," um die Quote der Geimpften, die der einzige Richtwert unserer Politiker geworden zu sein scheint, in die Höhe zu treiben. Der Clou dabei ist, daß der Genesenen-Status erst 28 Tage nach einem Nachweis der Infektion durch einen PCR-Test anerkannt wird. Man darf also nur noch 72 Tage am gesellschaftlichen Leben teilnehmen, wenn man sich weigert, sich gegen einen Erreger inokulieren zu lassen, dessen Infektion man hinter sich hat. Der Kleine Zyniker registriert dies als ein Novum in der Medizingeschichte der letzten 200 Jahre, also der Moderne. Und der Kleine Pragmatiker nimmt es als weiteren Beweis, daß Wahnsinnige sich anmaßen, über uns zu bestimmen.
U.E.

© U.E. Für Kommentare bitte hier klicken.

10. Januar 2022

Paul Scheerbart, „Das Ende der Fleischnot.“ Mit einem Abstecher ins Jahr 2022



Von den künstlerischen Ausmalungen der Zukunft, die es in das „kollektive Gedächtnis“ geschafft haben und deren Handlungen mit einer ganz konkreten Jahreszahl verbunden ist, in dem sie stattfindet, gibt es genau drei – und das aus dem schlichten Grund, weil dieses Jahr in ihrem Titel genannt wird. Bei denen das Geschehen also nicht vage „in naher“ oder „einer ferneren“ kommenden Zeit spielt, sondern der Zuschauer (und Leser), dem danach zumute wäre, einen Kalender befragen könnte. Dazu zählt George Orwells maßgebliche Anti-Utopie „1984“ – bei dem die Vertauschung der letzten beiden Zahlen des Jahres 1948, in dem das Buch entstand, die Wegmarke lieferte. Sodann das Original und die Fortsetzung zu Arthur C. Clarkes „2001 – A Space Odyssey“ (Buch und Filmfassung 1968), „2010 – Odyssey II“ (1981) samt ihrer Verfilmung durch Peter Hyams von 1984 (die deutsche Kinofassung trägt den Titel „Das Jahr, in dem wir Kontakt aufnehmen“) und nicht zuletzt das gerade angebrochene Kalenderjahr, das dadurch eine ikonische Unterfütterung erhielt, indem Richard Fleischer 1973 seinen Film „Soylent Green“ in eben diesem Jahr 2022 spielen ließ. (*)

(* Pophörer älteren Baujahrs mögen noch das "One-Hit-Wonder" von Zager & Evans aus dem Jahr 1966 dazuzählen: "In the Year 2525." Aber der kleine Schlager nutzt die Jahreszahl nur zu einem Schnelldurchlauf von Stichworten zur bevorstehenden abschüssigen Karriere von Homo Sapiens: "In the year 25-25 / if man is still alive / if woman can survive / they may fight..." Edward Bellamys "Looking Backward, from the Year 2000" aus dem Jahr 1887 war das Buch, das für die nächsten 110 Jahre das titelgebende Jahr als Zielmarke der Naherwartung aufgabe; und Louis-Sebastien Merciers "L'An 2440" war im Jahr 1771 die erste literarische Zukunftsschau überhaupt, die diesen Namen verdient - aber beide Texte sind längst dem kulturellen Gedächtnis entfallen.)

Harry Harrisons Roman „Make Room! Make Room!” aus dem Jahr 1966, der Fleischer und seinem Drehbuchautor Stanley Greenberg als Vorlage diente, spielt im New York des Jahres 1999, und endet mit dem Beginn des „neuen Jahrtausends“ auf dem Times Square, auf dem die berühmte Neon-Leuchtschrift an der Front der „New York Times“ triumphierend erklärt, die Bevölkerung der Vereinigten Staaten habe im abgelaufenen Jahr einen neuen Höchststand von 334 Millionen erreicht - von denen, wie wir zu Anfang des Films erfahren, sich ein Zehntel auf dem Terrotorium New Yorks drängt (in der Filmfassung sind daraus 40 Millionen geworden). Fleischer und Greenberg verlegten die Handlung ihres Films 23 Jahre in die Zukunft, um das Elend, den Niedergang, die trostlose, hoffnungslos übervölkerte Welt als Dauerzustand noch eindrücklicher zu vermitteln – vor allem aber, um den Protagonisten jede Erinnerung an bessere vergangene Zeiten zu verwehren. Einzig Sol Roth – gespielt von Edward G. Robinson in seiner letzten Filmrolle -, der in hohem Alter steht, erinnert sich noch an jene Zeit, als es noch Tiere und organische Nahrung gab. Es gibt natürlich einen Schwarzmarkt; auf dem ein Glas Erdbeermarmelade vor 150 Dollar zu haben ist. Sols kleine Bibliothek an Referenzwerken und seine Kontakte als früherer Archivverwalter der Polizei haben es Frank Thorn – gespielt von Charlton Heston – mit dem er sich einer heruntergekommenen Wohnküche teilt, ermöglicht, aus dem gewöhnlichen Polizeidienst und der Jagd auf solche Schmuggler zu entkommen und sich der Aufklärung „richtiger“ Verbrechen zu widmen.