17. März 2022

Anmerkungen zur Energiewende: Die Sache mit dem Strom - Teil 1

Im ersten Teil der Serie beschäftige ich mich mit Grundsatzzahlen und ein bisschen Photovoltaik.

Zunächst mal ein paar Basiszahlen: Der deutsche Stromverbrauch im Jahr liegt so um die 550 Milliarden Kilowattstunden im Jahr (oder 550 Terawattstunden), der Gesamtenergieverbrauch (das schließt Verkehr und Heizen mit ein) dagegen bei ungefähr 2500 Terawattstunden.  Die Erzeugung von letzterem verbraucht allerdings gut 3640 Terawattstunden an Primärenergie, weil Umwandlung in Autos und Kraftwerken halt Verluste mit sich bringt (Physik is a bitch). 


Bei diesen Zahlen (die im Wesentlichen aus 2018 stammen) kommen offiziell 168 Terawattstunden aus erneuerbaren Energien. Das klingt ja erst einmal gut. Rein ebenso offiziell, da wir ja Strom weniger zum Heizen oder fürs Autofahren verschwenden wollen, entstammt damit fast ein Drittel der deutschen Stromversorgung erneuerbaren Energien. Davon wiederum entstammen 46 Terawattstunden aus Photovoltaik. Oder anders gesagt, knapp acht Prozent des Stromes, der normal verbraucht wird, stammt offiziell aus Solarzellen. Warum habe ich mir die Photovoltaik herausgepickt? Weil man an ihr am besten sieht, wo die Probleme sind.

Solarzellen sind tatsächlich inzwischen recht günstig. Man zahlt pro Kilowatt installierter Leistung so um die 1300 Euro. Das würde ja erst einmal gut klingen. Das erste Problem ist, dass von dieser installierten Leistung über das Jahr ungefähr 800 kWh Strom produziert werden (das ist optimistisch, in Bayern ist es etwas mehr, in Hamburg etwas weniger). Oder anders gesagt, von den 8760 Stunden, die das Jahr hat, läuft die Anlage nur sehr wenige 100 Stunden wirklich voll, die meiste Zeit nur halb und in der Nacht natürlich gar nicht (im obigen Bild angedeutet). Wolken sind ein weiteres Problem, denn sie verursachen erhebliche Schwankungen in den Zellen, so dass ein kleiner Strompuffer grundsätzlich notwendig ist, um arbeiten zu können (diesen Puffer werden wir im weiteren erst einmal ignorieren, weil wir ohnehin eine Batterie einkaufen müssen, dazu gleich mehr). Ein weiterer, wenn auch kleiner Wermutstropfen ist der begrenzte Wirkungsgrad des Wechselrichters, der auch nur bei 95 bis 98% liegt. Böse Zungen würden mir jetzt Erbsenzählerei vorwerfen, aber fünf Prozent Verlust sind ganz erheblich. 

Ausbeute einer Solarzelle über einen Sommertag (stark geglättet)

Ebenso dummerweise wird nachts auch Strom gebraucht, d.h. es muss gespeichert werden (auf die Winterproblematik gehen wir später ein). Im Unterschied zu Leuten mit flexiblem Lebenslauf können wir die Energie leider nicht im Netz speichern (und ausgerechnet hat das auch keiner), daher brauchen wir einen in der realen Welt existierenden Puffer. Die Nutzung von Batterien (man verzeihe mir die flapsige Verwendung des Wortes Batterie, wo eigentlich Akkumulator stehen müsste) ist dabei recht teuer. Das Speichern von nur einer Kilowattstunde erzeugt Batteriekosten von ungefähr 1000 Euro, d.h. um nur ein Solarmodul von einem Kilowatt installierter Maximalleistung ("Peak") zu speichern, brauchen wir eigentlich schon mehrere solcher Speicher. Aber wir wollen optimistisch bleiben und kaufen nur einen, weil wir davon ausgehen, dass wir tagsüber mehr Strom brauchen als in der Nacht, und somit ein Drittel auch ausreicht (wir brauchen diesen Puffer ebenso zur Glättung über den Tag, siehe oben). Auch hier müssen wir wieder einen Verlust hinnehmen, weil auch die beste Batterie einen maximalen Wirkungsgrad von 90% haben dürfte. Die Batterien halten maximal 15, eher 10 Jahre. Rechnen wir einfach mal mit 12. D.h. zu den Investitionskosten von 1300 Euro kämen dann alleine noch einmal Abschreibekosten für die Batterien von 83 Euro im Jahr dazu. Bei einem Ertrag von 800 kWh, abzüglich weiter 5-8% für Wechselrichter und Batterien sind das dann noch einmal etwa 11 Cent pro kWh die dazu kommen. 

Rechnet man nur die Gestehungskosten bei Solarenergie von vielleicht 15 Cent/kWh dazu (auch optimistisch gerechnet), kommen wir auf einen Strompreis von 26 Cent. Das klingt erst einmal zwar schon ordentlich, aber angesichts dessen, dass wir inzwischen bei 40 Cent auf Verivox angekommen sind, doch ganz positiv. Weil diese Rechnung natürlich ohne den Wirt gemacht worden ist. Nämlich ohne Steuern, Abgaben und Netzentgelte. Nach Auskunft von eon (und ich habe wenig Grund daran zu zweifeln) sind die Stromeinkaufkosten gerade mal ein Viertel des Endpreises (über 50% sind Steuern und Abgaben, etwa ein Viertel Netzentgelte)., d.h. wenn wir den Strom nicht selber verwenden können, wird er um einen Faktor vier teurer. Selbst wenn wir das EEG komplett rausrechnen (EEG auf erneuerbaren Strom ist ja eigentlich unsinnig), so wäre der Faktor immer noch drei. D.h. der entstehende Strom muss für mindestens 80 Cent verkauft werden. 

Jetzt kann man dem natürlich -zurecht- entgegenhalten, dass die Stromspeicherung in Batterien natürlich schlecht ist, und wir lieber Pumpspeicherwerke verwenden sollten, die natürlich billiger sind. Dem würde ich entgegenhalten, dass das zwar richtig ist, wir dann aber zum einen Wirkungsgrad verlieren (das beste Pumpspeicherkraft kann die 70% nicht überschreiten), zum anderen den Strom auch weiter leiten müssen, was Leitungsverluste mit sich bringt. Am Ende wird man damit vielleicht noch einmal 3 oder 4 Cent sparen, aber das macht den Kohl nicht fett, zudem wir insbesondere Wolkenschwankungen auch irgendwie ausgleichen müssen. Es wird eher deswegen notwendig sein, weil wir in Deutschland nur schwer Batterien für 42 Gigawattstunden produzieren können (was wir alleine für die heute existierende Photovoltaik ja bräuchten). Ein solcher Akku würde nach obigen Preisen 42 Milliarden Euro kosten und fast 500.000 Tonnen wiegen (und wenn er hoch ginge hätte das vermutlich Super-Gau Qualität :) ). 

Ich fasse diesen ersten Teil einmal kurz zusammen: Die heutige Photovoltaik Technik kann den einzelnen Hausbesitzer entlasten, weil sie Strom für sich für 25-30 Cent produzieren kann (in der Realität etwas mehr, weil wir den Winter außen vor gelassen haben). So lange man ihn mit Steuern und Abgaben in Ruhe lässt und da wir in Deutschland die höchsten Strompreise der Welt haben, kann das knapp wirtschaftlich sein (wenn auch teuer). Für die Gesellschaft selber ist das ganze dagegen deutlich teurer, so erzeugter Strom müsste mindestens 80 Cent/kWh kosten. 

Im zweiten Teil werde ich dann zur Betrachtung von Windenergie und zum "Winterproblem" kommen. Kommentare sind aber gerne schon vorher willkommen. 

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Llarian

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