27. März 2022

Anmerkungen zur Energiewende (3): Die Sache mit dem Strom - Teil 2

Im heutigen Beitrag soll es erst einmal um das Gegenstück zur Photovoltaik, nämlich um den Windstrom gehen. 

Bevor wir uns den Zahlen widmen, sollte man ein paar Worte zu den Unterschieden verlieren: Wind hat sicher den Vorteil, dass er auch nachts weht, damit erscheint er auf den ersten Blick gegenüber der Photovoltaik im Vorteil. Auch weht er nicht nur im Sommer, sondern gerade im Winter, die Rotoren schneien nicht zu und gerade diese neigen, aufgrund ihrer großen Trägheit, auch weniger zum Zappeln als einzelne Sonnenkollektoren das tun. Eigentlich wäre damit der Windstrom ja der eindeutige Gewinner, wenn da nicht ein ganz gewaltiger Nachteil wäre: Der Windstrom zappelt tageweise. Und nicht zu knapp. 

Hier muss ich gleich den ersten Seitenhieb verteilen. Sieht man sich die Berichte und Webseiten der grünen Lobby an, so meint man, es sei doch alles gut, man brauche nur mehr Windräder, dann wäre das Energieproblem schon gelöst. Beispielsweise hier. Man betrachte hier insbesondere Abbildung 2. Man möchte meinen, durch die suggerierte Gleichmäßigkeit würde man einfach nur mit entsprechend mehr Windrädern hochskalieren. Aber die Abbildung ist stark manipuliert. Und zwar geglättet, um genau zu sein. Um mal den Gegensatz zu zeigen, das folgende Bild habe ich auf der Webseite von TenneT erzeugt und es zeigt nur den dort eingespeisten Windstrom im Jahr 2021. Die Daten sind (alleine aufgrund der Größe von 365 Tagen) natürlich geglättet, aber eben nicht so sehr, dass man die Riesenabweichungen nicht sehen würde. 
Windstromeinspeisung 2021 im Netz von TenneT.  (© TenneT TSO GmbH 2022)

Man könnte auch sagen: Der Wind macht was er will. Was jetzt eigentlich nicht wirklich ein Geheimnis ist. Auch wenn es minimal vorgreift, so ist der Tagesverbrauch an Strom (nicht an Primärenergie!) in Deutschland über das Jahr erstaunlich stabil (Abweichungen durch Jahreszeit liegen bei maximal 20%, eher weniger, Stromheizungen sind tatsächlich noch selten, trotz den per grüner Gesetzgebung mehr und mehr erzwungenen Wärmepumpen). Man hat noch einige Unterschiede zwischen Wochentagen und Wochenende, aber so groß sind auch diese nicht (Wohnen muss der Bürger auch am Wochenende und Teile der Industrie, gerade der Schwerindustrie die viel Strom verbraucht, arbeitet auch am Wochenende). Vereinfacht, bzw. mit einer Prise Salz, kann man sagen, man braucht an fast jedem Tag die selbe Menge Strom (etwa 1,5 Tera-Watt-Stunden). Und jetzt überlege man sich, wie man das mit dem Input der Abbildung erreichen will. 

Selbst wenn wir optimistischerweise davon ausgehen, dass die Aussage der Ökolobby richtig wäre, dass sich Wind und Solarenergie sehr gut ergänzen (und damit die windarme Zeit im Sommer sehr gut mit Solarstrom ergänz wird), so sieht man spätestens an den deutlichen Lücken im Winter, in denen kaum nennenswerter Solarstrom geerntet werden kann, dass man ein gewaltiges Problem hat. 

Der naive, und dennoch gerade von grünen Politiker immer wieder insinuierte Ansatz, man baue einfach ein zehnfaches an Windrädern und schon habe man das Problem erschlagen, wird hier eindeutig wiederlegt. Denn zehnmal "null" ist immer noch "null". Im Unterschied zu der Behauptung "irgendwo weht immer der Wind" sind die Einspeisemengen von Windrädern stark korreliert, d.h. wenn Flaute in Bayern ist, dann ist mit erhöhter Wahrscheinlichkeit auch Flaute in Sachsen. Wetter hängt zusammen (das sollten doch eigentlich gerade die Grünen wissen). Sieht man sich die Einspeisungen von verschiedenen Netzbetreibern  in Deutschland (beispielsweise TenneT oder 50Hertz) , dann springt einem die Korrelation auch ins Gesicht. 

Okay, zweite wichtige Aussage, die wir festhalten wollen sind die Kosten. Jetzt könnte man ganz brav bei der Windlobby nachschlagen welche Gestehungskosten Windstrom so hat und man würde ein Antwort zwischen 4 und 8 Cent pro kWh (Onshore) bekommen. Ich bin da aus zwei Gründen etwas zurückhaltender. Erstens zeigt sich die Verlässlichkeit der Lobby in den oben genannten Zahlen schon ganz gut, zum anderen würde es mich wundern, warum in anderen Ländern, wo ja auch Wind weht, nicht zehntausende von Windrädern gebaut werden, sondern stattdessen neue AKWs geplant werden. Deswegen möchte ich die Zahlen selber überschlagen. Zunächst die Kosten für das Windrad selber, diese werden zwischen 770 und 1030 Euro pro Kilowatt installierter Leistung veranschlagt, so kostet ein 1MW Windrad so knapp unter einer Million Euro. Das erscheint, weil es keine Prognosen über zukünftiges Wetter enthält, durchaus glaubwürdig. Ebenso werden Windräder auf 20 Jahre geplant, danach sind sie zumindest abgeschrieben, und tatsächlich übersteigt der Wartungsaufwand an der Stelle gerne den Wert der Stromausbeute. Des weiteren haben wir Kosten für Wartung (etwa 2-2,5 Prozent der Investitionssumme pro Jahr), sowie Kosten für die Entsorgung, die das Wirtschaftsministerium derzeit (in meinen Augen etwas sehr(!) optimistisch) mit 80 Euro pro kW installierter Leistung schätzt (aber nehmen wir es mal hin). Ohne Berücksichtigung der Pacht oder den Kauf des Grundstücks, rechnen wir also pro kW Kosten von 900 Euro (Mittelwert Installation), zuzüglich 20 Jahren Wartung (+45%, also +405€), und Abriss (+80€), also insgesamt 1385€. Die Investition selber müsste man verzinsen, aber aufgrund der derzeitigen Zinspolitik ("wir hams ja" und "whatever it takes, lets party!") kann man das derzeit, auch mit einer Prise Salz, vernachlässigen. 
Jetzt kommt dann die Ausbeute. Installierte Leistung hat mit realer Leistung bei Windrädern bekanntlich wenig zu tun, die tatsächliche Ausbeute liegt wohl um die 15% (diesen Wert habe ich aus dem Netz, ich werde ihn selber noch ausrechnen, daher bleibt er hier erst mal als vorläufiger Platzhalter, sieht man sich die Kurve oben an, erscheint er aber auch durchaus nicht unrealistisch). Das Jahr hat bekanntermaßen 8760 Stunden (Schaltjahre dann 24 mehr), auf 20 Jahre sind das dann 175.320 Stunden (5 Schaltjahre, für die Erbsenzähler). Davon 15% sind dann 26280 kWh erwartete Ausbeute. Bei einer Investition von 1385€ ergibt das dann 5,2 Cent pro kW. Klingt gut, oder? Ja, wenn man die Rechnung ohne den Wirt, in dem Fall, den Bauern macht. Das sind 5,2 Cent ohne Grundstück. Man geht bei einer WKA von einem Verbrauch von etwa 7000 m^2 an Fläche für Windrad und Kranstellfläche aus, was bei einer Installation von meinetwegen 7MW (großes Windrad), in der Tat den Preis nicht wirklich hochtreibt (da käme dann pro kW installierter Leistung tatsächlich der Preis eines Quadratmeters Feld dazu, das geht gegen die 1385€ tatsächlich ziemlich unter). Aber: Es genügt ja nicht nur das kleine Grundstück zu kaufen oder zu pachten. Der Bauer, dem das ganze Feld gehört, will auch was verdienen, denn man kann ja nicht Windrad hinter Windrad bauen. 
Ich habe keine aktuelleren Zahlen gefunden, aber laut Handelsblatt wurden bereits 2013 in der Spitze 13% des Umsatzes als Pacht verlangt. Und damit sind wir bei einer ersten Abschätzung von 6 Cent pro kWh. Minimum! (Denn Kosten für tatsächliche Zinsen, Versicherungen, Zuwege, Leitungen, Planungen, Projektkosten, etc. etc. pp. haben wir nicht einmal eingerechnet).
 
Wichtig ist zu beachten, wir gehen von einer tatsächlichen Ernte von 15% aus. Sind es weniger, wird der Preis natürlich höher. Ich habe beispielsweise gelesen, dass in Baden-Württemberg aufgrund des schwachen Windes, teilweise die tatsächliche Leistung bei 5% der installierten Leistung liegt (kann das aber (noch) nicht verifizieren). Wenn das stimmen sollte, dann wäre der minimale Gestehungspreis in BaWü bei 18 Cent pro kWh. Für Offshore Anlagen liegt der Preis ohnehin noch einmal höher, da Installation und Wartung deutlich teurer sind. Die Windlobby nennt im Schnitt etwas doppelt so hohe Preise, so dass ein Range von 10-14 Cent real erscheint. 

Wir wollen im Weiteren mit sechs Cent rechnen und gehen erst einmal von onshore aus. Super, kann ich jetzt hören, jetzt hat er das ausgerechnet, was schon vorher alle gesagt haben. Naja, nicht ganz: Zum einen sind vier Cent nicht sechs Cent, zum anderen ist mir wichtig zu betonen, dass diese sechs Cent unter extrem optimistischen Annahmen zustande kommen. Wenn wir zehnmal so viel Windräder bauen (was ja wohl der grüne Plan ist), werden sich die Kosten nicht erniedrigen wie manche meinen. Die "economy of scale" ist bei der Menge an produzierten Windanlagen bei weitem nicht mehr so stark. Zum anderen werden die Standorte in Zukunft kaum besser werden als die heute ausgewählten, im Gegenteil. Die besten sind mit Sicherheit schon weg. Jede weitere Mengenerhöhung wird die Effizienz herabsetzen. Ich maße mir aber keine Schätzung darüber an. 
­
Llarian

© Llarian. Für Kommentare bitte hier klicken.