7. Mai 2017

Marginalie: Political correctness und Beleidigung

­Eine Lächerlichkeit, eigentlich. Allerdings eine Lächerlichkeit, die leider allzu typisch für den öffentlich rechtlichen Rundfunk in Deutschland (der sich in einem Anfall von totale Absurdität gerne als Wächter der demokratischen Gesellschaft verkauft) ist. So hat der ansonsten auch nicht gerade für allzu feinen Humor bekannte Moderator Christian Ehring in der Sendung Extra-3 vom NDR die AfD-Politikerin Alice Weidel in ziemlich direkter Art als "Nazi-Schlampe" bezeichnet. Als Begründung für diese Verbalinjurie führt Ehring, respektive der NDR, die Forderung von Weidel an, die politische Korrektheit gehöre auf den Müllhaufen der Geschichte.

Nun, unabhängig davon, ob die politische Korrektheit auf besagten Müllhaufen gehört, so gehört die verbale Inkontinenz von Herr Ehring leider gar nicht erst in den Erfassungsbereich eben jener Korrektheit. Es ist schlicht eine Beleidigung, noch dazu eine ziemlich platte und abstossende. Und mit einiger Wahrscheinlichkeit auch justiziabel. Bei political correctness dagegen geht es ja nahezu explizit um Dinge, die gerade nicht justiziabel sind. Wenn man nicht mehr erwähnen soll, dass diese und jene Gruppe vielleicht besonders kriminell ist, wenn man keine Kommentare mehr über die Attraktivität dieser oder jener Personengruppe äussern soll, wenn man bestimmte Wörter nicht mehr benutzen soll, weil sie beleidigend verstanden werden können (nicht sind), dann hat das gerade den Character von Dingen, die eben gerade nicht rechtlich verfolgbar sind. Man mag vielleicht den Begriff einer "Negerkusses" für politisch unkorrekt halten, aber man kann niemanden dafür haftbar machen, der ihn verwendet. Ganz anders dagegen die Bezeichnungen Nazi oder Schlampe, die beide ehrabschneidend sind und im Kontext von politischer Korrektheit nicht einmal vorkommen (man darf auch Zweifel haben, ob Herr Ehring, der ja so politisch korrekt sein möchte, Probleme damit hat, das Wort Nazi dann und wann für Personengruppen zu verwenden, die ihm nicht passen).

Besonders perfide allerdings ist das Verhalten des NDR nach einer Abmahnung durch Alice Weidel. Denn natürlich kann es passieren das ein Kaberettist (und diese Rolle sollte man auch Herrn Ehring nicht von vorneherein absprechen) auch mal über das Ziel hinaus schiesst. Und der NDR kann auch schlechterdings jede Sendung und jeden "Gag" von vorneherein darauf prüfen lassen, ob sie doch so rechtlich in Ordnung sind. In einem solchen Fall rudert man zurück, gibt ein gedämpftes "Ja, war vielleicht nicht so okay" von sich und revidiert das Ganze. Aber das tut der NDR nicht. Nein, er stellt sich hinter die Behauptung und meint, das ist okay so. Und natürlich habe weder Ehring noch die Redaktion Weidel persönlich beleidigen wollen. Dazu kann man nur sagen: Doch. Genau das war der Sinn. Und genau das ist auch passiert. Es ist grotesk anzunehmen, man könne sich hinstellen, jemanden einen Idioten heissen und dann nachschieben, man habe ihn damit aber nicht persönlich beleidigen wollen. Doch, natürlich wollte man das. Und natürlich ging es hier darum eine AfD-Politikerin persönlich zu beleidigen.
Aber nicht nur diese (doch recht offenkundige) Veralberung des Aussenstehenden fällt negativ auf, es ist auch diese vollkommene Neutralität gegen die Folgen. Denn mit aller Sicherheit wird Frau Weidel sich mit ihrem Unterlassungsbegehren rechtlich durchsetzen. Nur juckt das beim NDR ja keinen. Die Strafe zahlt ja, wenn überhaupt, der Gebührenzahler. Und die Strafen sind gering. "Extra3" freut sich über Publicity und man hat mal wieder über die AfD gelacht. Und der ganze stinkende Brei wird uns dann verkauft als etwas was die Demokratie verbessern soll. Oder was der NDR dafür hält.

Llarian

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