Am Sonntag wird im bevölkerungsreichsten Bundesland ein neuer Landtag
gewählt. Und wie das vor einem Urnengang so ist, besteht direkte
Proportionalität zwischen dem Niveau der von Politikerseite getätigten
Aussagen und der Länge des Zeitraums bis zur Öffnung der
Abstimmungslokale.
Hannelore Kraft, Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin, inszeniert sich gerne als Urheberin des Programms oder - kongenial ausgedrückt - Heilsversprechens Kein Kind zurücklassen. Der Name stammt offenkundig aus Übersee, doch das Sozialpädagogen- und Kümmerergeschwurbel, mit dem die Initiative angepriesen wird, ist typisch für die Erben des aufgeklärten Absolutismus: Da ist von zu hohen Schwellen die Rede und sinngemäß davon, dass die Eltern dort abgeholt werden müssen, wo sie stehen. So spricht "Mutter Staat", wie Zettel die obrigkeitlichen Fürsorge-Anmaßungen in seinem Interview mit Cora Stephan treffend nannte.
Aber bei den Sozialdemokraten aus dem Westen des Westens Deutschlands kann man natürlich auch anders. Wenn ein bestimmter Bürger (allerdings nicht des Landes Nordrhein-Westfalen) unbotmäßig wird und eine gegen ihn verhängte Sanktion in Frage stellt, taucht Vater Staat fast wie Thomas Hobbes' Leviathan aus dem Nichts auf und ruft den Aufmüpfigen zur Ordnung.
Dem nordhrein-westfälischen Justizminister Thomas Kutschaty, der von Beruf Rechtsanwalt ist, braucht man die Voraussetzungen eines Widerrufs der Strafaussetzung nicht zu erklären. Unmutsäußerungen über eine rechtskräftige Verurteilung reichen dafür bei weitem nicht aus und bilden auch keinen Anlass, dem von der Strafaussetzung Begünstigten strenger auf die Finger zu schauen oder ihm dergleichen anzudrohen. Die Verfassung kennt ja nicht von ungefähr das Grundrecht der Meinungsfreiheit.
Eine rechtskräftige Verurteilung beseitigt zwar die Unschuldsvermutung. Doch Rechtskraft und Rechtsrichtigkeit sind zwei Paar Stiefel. Auch rechtsirrige Urteile erwachsen in Rechtskraft, wenn sie nicht bekämpft werden. Im Juristenjargon ist deshalb das Bild vom "Leichentuch der Rechtskraft" geläufig. Ein rechtskräftiges Urteil ist auch keineswegs sakrosankt, weder prozessual, sonst dürfte es die Möglichkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens schlechterdings nicht geben, noch im juristischen Diskurs, sonst wären die zum Teil extrem kritischen Entscheidungsbesprechungen in Fachzeitschriften subversive Akte und keine Beiträge zu einer eventuellen Verbesserung der richterlichen Spruchpraxis.
Das ist die hässliche neue Welt des despotischen Paternalismus, wie sie die Sozialisten jeglicher Couleur so inbrünstig herbeisehnen: auf der einen Seite grenzenloses Verständnis und hoheitliche Empathie für all jene, die den Status des Benachteiligten für sich reklamieren können; auf der anderen Seite der totalitäre Kampf gegen diejenigen, die als stark oder als Gefahr für die gewünschte Gesellschaftsordnung imaginiert werden, mag man sie nun als Rechte, als Neoliberale, als Reiche oder als alte, weiße Männer apostrophieren.
Inhaltlich ist die nordrhein-westfälische SPD am Ende. Man kann eigentlich nur hoffen, dass sich das auch im Wahlergebnis niederschlägt.
Hannelore Kraft, Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin, inszeniert sich gerne als Urheberin des Programms oder - kongenial ausgedrückt - Heilsversprechens Kein Kind zurücklassen. Der Name stammt offenkundig aus Übersee, doch das Sozialpädagogen- und Kümmerergeschwurbel, mit dem die Initiative angepriesen wird, ist typisch für die Erben des aufgeklärten Absolutismus: Da ist von zu hohen Schwellen die Rede und sinngemäß davon, dass die Eltern dort abgeholt werden müssen, wo sie stehen. So spricht "Mutter Staat", wie Zettel die obrigkeitlichen Fürsorge-Anmaßungen in seinem Interview mit Cora Stephan treffend nannte.
Aber bei den Sozialdemokraten aus dem Westen des Westens Deutschlands kann man natürlich auch anders. Wenn ein bestimmter Bürger (allerdings nicht des Landes Nordrhein-Westfalen) unbotmäßig wird und eine gegen ihn verhängte Sanktion in Frage stellt, taucht Vater Staat fast wie Thomas Hobbes' Leviathan aus dem Nichts auf und ruft den Aufmüpfigen zur Ordnung.
Dem nordhrein-westfälischen Justizminister Thomas Kutschaty, der von Beruf Rechtsanwalt ist, braucht man die Voraussetzungen eines Widerrufs der Strafaussetzung nicht zu erklären. Unmutsäußerungen über eine rechtskräftige Verurteilung reichen dafür bei weitem nicht aus und bilden auch keinen Anlass, dem von der Strafaussetzung Begünstigten strenger auf die Finger zu schauen oder ihm dergleichen anzudrohen. Die Verfassung kennt ja nicht von ungefähr das Grundrecht der Meinungsfreiheit.
Eine rechtskräftige Verurteilung beseitigt zwar die Unschuldsvermutung. Doch Rechtskraft und Rechtsrichtigkeit sind zwei Paar Stiefel. Auch rechtsirrige Urteile erwachsen in Rechtskraft, wenn sie nicht bekämpft werden. Im Juristenjargon ist deshalb das Bild vom "Leichentuch der Rechtskraft" geläufig. Ein rechtskräftiges Urteil ist auch keineswegs sakrosankt, weder prozessual, sonst dürfte es die Möglichkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens schlechterdings nicht geben, noch im juristischen Diskurs, sonst wären die zum Teil extrem kritischen Entscheidungsbesprechungen in Fachzeitschriften subversive Akte und keine Beiträge zu einer eventuellen Verbesserung der richterlichen Spruchpraxis.
Das ist die hässliche neue Welt des despotischen Paternalismus, wie sie die Sozialisten jeglicher Couleur so inbrünstig herbeisehnen: auf der einen Seite grenzenloses Verständnis und hoheitliche Empathie für all jene, die den Status des Benachteiligten für sich reklamieren können; auf der anderen Seite der totalitäre Kampf gegen diejenigen, die als stark oder als Gefahr für die gewünschte Gesellschaftsordnung imaginiert werden, mag man sie nun als Rechte, als Neoliberale, als Reiche oder als alte, weiße Männer apostrophieren.
Inhaltlich ist die nordrhein-westfälische SPD am Ende. Man kann eigentlich nur hoffen, dass sich das auch im Wahlergebnis niederschlägt.
Noricus
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