8. Mai 2017

Feu tricolore (7): Der bittere Sieg des Emmanuel Macron

Emmanuel Macron hat die Stichwahl zum französischen Staatspräsidenten mit rund 66 Prozent der Stimmen gewonnen. Mit einem Sieg des 39-Jährigen war nach der ersten Runde des Urnenganges weitgehend gerechnet worden, wenn auch vielleicht nicht in dieser Deutlichkeit. Im Vergleich zu 2002, als sich der sogenannte front républicain gegen Marine Le Pens Vater Jean-Marie und hinter dem gaullistischen Kandidaten Jacques Chirac vereinigte und diesem im second tour ein Traumergebnis von über 82 Prozent bescherte, nimmt sich der Erfolg des neuen Hausherrn des Elysée-Palastes freilich bescheiden aus.

Das Politmagazin Le Point spricht deshalb vom "naufrage du front républicain", also dem "Schiffbruch der republikanischen Front". Denn besonders im linken Elektorat scheint der Slogan "Ni Le Pen ni Macron" ("Weder Le Pen noch Macron") nicht ganz wenige Anhänger zu finden. Aber auch das katholische Lager, das im ersten Durchgang im Gesamtbevölkerungsvergleich überdurchschnittlich stark zu seinem bekennenden Glaubensbruder François Fillon tendierte, dürfte mit beiden in der zweiten Runde verbliebenen Kandidaten nicht ganz glücklich gewesen sein.
­
Dies ist eines der Probleme Macrons: Die Angst vor einer Präsidentin aus den Reihen des Front National reicht nicht mehr dazu aus, so gut wie alle Andersdenkenden hinter dem Mitbewerber zu versammeln. Eine doch erhebliche Anzahl von Franzosen empfindet Macron - verglichen mit Le Pen - nicht als das kleinere Übel.

Aber das ist selbstverständlich noch nicht alles: Macron muss sich jetzt und wird sich nach den Nationalversammlungswahlen im Juni dieses Jahres mit einem Parlament auseinandersetzen müssen, das ganz überwiegend nicht seiner Partei La République en marche angehört. Auch wird er einem politisch andersfarbigen Premierminister gegenüberstehen, der in einer solchen cohabitation nicht der Vollstrecker des präsidentiellen Willens, sondern der starke Mann der Innenpolitik mit entsprechender Richtlinienkompetenz und Dekreterlassungsgewalt ist. Macron wird also schon im exekutiven und legislativen Prozess seine Vorstellungen im besten Fall weit weniger ungefiltert durchsetzen können, als dies den meisten seiner Vorgänger möglich war. Im für ihn schlechtesten Fall würde der neue Präsident innenpolitisch kaltgestellt. Er bliebe dann auf seinen domaine réservé in der Außen- und Sicherheitspolitik verwiesen.

Als ob dies noch nicht genug wäre, wird auch der Druck der Straße Macron das Leben als Staatsoberhaupt schwermachen. Frankreich ist ein reformunfähiges Land. Im Hexagone geschehen Veränderungen durch den großen Knall einer Revolution. Bis es so weit ist und die Köpfe rollen (1789 buchstäblich, im 20. Jahrhundert und hoffentlich auch in Zukunft nur sinnbildlich), tritt die träge Masse der politischen Verhältnisse auf der Stelle. Wie will Macron, gegen den schon am Abend seiner Wahl demonstriert wurde, Frankreich eine Agenda 2025 oder auch nur ein Agendalein verordnen, ohne dass dies - von den vorerwähnten Cohabitationshürden abgesehen - an der Besitzstandwahrungsmentalität seiner Landsleute scheiterte?

Und wie wird sich der neue Präsident mit einer EU arrangieren, deren meiste Mitglieder zweifellos nicht den Schmusekurs einschlagen werden, den Deutschlands schlechtester Außenminister aller republikanischen (Weimar und Bonn/Berlin) Zeiten nun auffährt?

Für Macron wird sich der Sieg bei der Präsidentschaftswahl als bitter erweisen. Ihn wird nur mäßig trösten, dass es Le Pen im Falle eines Urnenerfolges nicht besser ergangen wäre als ihm selbst.

Noricus

© Noricus. Für Kommentare bitte hier klicken.