Die Sonntage immer den Künsten!
- Mei Tai, "Unvergeßliche Erinnerungen" (Yì nánwàng), 1963:
藍色的街燈,明滅在街頭,
獨自對窗,凝望月色,星星在閃耀。
我在流淚,我在流淚,沒人知道我,
啊,啊,誰在唱呀,遠處輕輕傳來,
想念你的,想念你的,我愛唱的那一首歌。
白色的毛衣,遺留在身邊,
抱入懷裡,傳來暗香,此心已破碎。
我在流淚,我在流淚,沒人知道我,
啊,啊,誰在唱呀,遠處輕輕傳來,
想念你的,想念你的,我愛唱的那一首歌。
你我的回憶,該是兩相同,
咫尺天涯,為何不見,此身已憔悴。
我在流淚,我在流淚,沒人知道我,
啊,啊,誰在唱呀,遠處輕輕傳來,
想念你的,想念你的,我愛唱的那一首歌。
Auf der Straße das blaue Licht der Lampen
Ich stehe am Fenster, sehe den Mond, die Sterne leuchten
Ich muß weinen - niemand kennt mich hier...
Ach - ach: wer singt da, leise - in der Ferne?
Ich vermisse dich, ich vermisse dich - ich singe es oft.
Nur der Mantel, den du hier gelassen hast
birgt noch deinen Duft. Das Herz ist gebrochen
Ich muß weinen - niemand kennt mich hier...
Ach - ach: wer singt da, leise - in der Ferne?
Ich vermisse dich, ich vermisse dich - ich singe es oft.
Du und die Erinnerung an dich
Das ist jetzt dasselbe.
Ich muß weinen - niemand kennt mich hier...
Ach: wer singt da, leise - in der Ferne?
Ich vermisse dich, ich vermisse dich - ich singe oft dieses Lied.
(xiǎngniàn nǐ de, xiǎngniàn nǐ de - wǒ ài chàng dì nà yī shǒu gē.)
Text: Takao Saeki (22.11.1902-18.3.1981); Musik: Shun'ichi Sasaki (27.9.1907-27.1.1957)
Mai Tei, im Februar 1939 im Bezirk Taoyuan als Tochter eines Landwirts auf Taiwan geboren, begann mit 17 Jahren an einem nationalchinesischen Rundfunksender zu arbeiten und sang ein Jahr später ihre ersten Lieder im Radio. 1960 begann sie ihre Karriere als Sängerin in der Hauptstadt Taipei und wurde einer der ersten großen Stars der dort aufblühenden Popmusik, dem Mandopop, in dem sich Elemente des Shidaiqu, der westlichen Populärmusik und der Japans mischten, nach Zi Wei (紫薇), deren Hit "Serenade der grünen Insel" (綠島小夜曲) 1961 der erste über Taiwan in Singapur, Hongkong und Malaysia erfolgreiche Hit des Mandopop war, und Yao Surong (姚蘇蓉). Insgesamt nahm sie in den 1960er Jahren rund 40 LPs auf, davon allein 14 zwischen 1963 und 1965. Das Stück 意難忘 ist das Titelstück ihrer ersten Langspielplatte. Während der chinesische Text für diese Aufnahme von Shen Xieyang (陳燮陽) übersetzt und ihm kreditiert wurde, entstammt die Melodie dem japanischen Hit "Tokyo Serenade", veröffentlicht im Januar 1951 und gesungen von Yamaguchi Yoshiko (山口淑子).
Es liegt - je nach der Einstellung der Betrachters - eine Ironie der Musikgeschichte darin, daß es sich bei Yamaguchi Yoshiko (oder Otako Yamaguchi, wie sie wenig später nach ihrer Hochzeit hieß), um die unzweifelhaft größte Sängerin des Shidaiqu der Shanghaier Musikszene 1940er handelte. Sie war als Tochter japanischer Einwanderer in Fushun in der Mandschurei geboren, das nach 1932 Teil des japanisch besetzten (beziehungsweise neu gebildeten) Vasallenstaats Mandschukuo war und begann ihrer Karriere 1939 im ebenfalls von den Japanern besetzten Shanghai. In der Kulturszene wurde von der Besatzungsmacht - sowohl was die Literatur, wie auch die Theater und die Musik betraf - den Chinesen ein zunächst erstaunliches Maß an Freiheit des Ausdrucks zugestanden - solange die Stücke und Bücher nicht gegen die Besatzungsmacht gerichtet waren. Versuche direkter Propaganda und pro-Japanischer Beeinflussung blieben überschaubar, zumal sie ohne erkennbaren Erfolg beim Publikum waren. Die Ausnahme bildeten Filme: hier entstanden mehrere Spielfilme, mit denen über die Betonung der Verbundenheit der chinesischen Protagonistin, und des japanischen männlichen Helden die propangandistische Absicht überdeutlich wurde. Li Xianglan, wie ihr Bühnenname auf Mandarin lautete (李香蘭, im Japanischen als Ri Koran wiedergegeben) spielte die Hauptrolle in mehreren dieser Filme, ab dem unpolitischen "Der Hochzeitszug" (蜜月快車) von 1938 bis zum "kontroversesten", d.h. übelsten dieser Filme, 支那の夜 ("Nächte in China" beziehungsweise "Shanghaier Nächte", 上海の夜), in dem sie eine patriotische Chinesin darstellte, deren Widerstand dadurch gebrochen wird, daß ihr Liebhaber, ein japanischer Offizier, sie schlägt und sie ihm als Reaktion in Dankbarkeit verfällt. Der Film wurde beim einheimischen Publikum überaus negativ aufgenommen, und ein Lied daraus, "Suzhou Serenade" (蘇州夜曲), ist bis heute in China verboten. Ihre japanische Herkunft wurde von der Besatzungsmacht nicht bekannt gemacht: sie galt als Chinesin. Eine gewisse Ironie liegt nun wieder darin, daß die Anklage wegen Landesverrates und Kollaboration mit der Besatzungsmacht, die im Herbst 1945 von der nationalchinesischen Regierung gegen sie erhoben wurde, fallen gelassen wurde, als sie ihre japanische Herkunft nachweisen konnte. Diese Episode (falls man sie eine "Episode" nennen möchte) hat die Gültigkeit und Wertschätzung ihrer Lieder in China nicht tangiert: sie sind Klassiker des Shidaiqu, des vom Jazz beeinflussten Populärmusikstils der 1930er und 1940er Jahre: sie zählt verdientermaßen zu den "sieben singenden Sternen" dieser Zeit. Nach ihrer Rückkehr nach Japan im März 1946 spielte Li Xianglan weitere chinesische Stücke ein, die in Taiwan und der chinesischen Diaspora - also in Hongkong, Singapur und Malaysia - erfolgreich waren.
Hier das japanische Original: "Tokyo Serenade"
Während viele Songs, deren Melodie auf denen von Hits aus "Übersee" - in diesem Fall aus Japan, aber zumeist aus Europa und den USA - beruhte, mit einem völlig neu verfaßten Text versehen wurden, handelte es sich hier um eine fast buchstabengetreue Übertragung des Originaltexts (die Varianten sind den unterschiedlichen Reimwörtern geschuldet):
青いランプに夜は更けて
カーテン引く手のやるせなさ
泣けば泪の星空を
ああ、流れくるくるあの頃は
誰が歌うか 東京夜曲(セレナーデ)
白い毛糸の、編みかけの
あなたのジャケットに頬寄せて
移す想いの紅のあと
ああ、消えてくれるないつまでも
ひとり聴いてる 東京夜曲(セレナーデ)
二人一つの想い出の
匂い薔薇(ばら)よ小田急よ
やさしいソファーに 燃える身を
あああ 投げて夢見る 夢の果て
甘い吐息(といき)か 東京夜曲(セレナーデ)
カーテン引く手のやるせなさ
泣けば泪の星空を
ああ、流れくるくるあの頃は
誰が歌うか 東京夜曲(セレナーデ)
白い毛糸の、編みかけの
あなたのジャケットに頬寄せて
移す想いの紅のあと
ああ、消えてくれるないつまでも
ひとり聴いてる 東京夜曲(セレナーデ)
二人一つの想い出の
匂い薔薇(ばら)よ小田急よ
やさしいソファーに 燃える身を
あああ 投げて夢見る 夢の果て
甘い吐息(といき)か 東京夜曲(セレナーデ)
Laß die blauen Laternen die Nacht erleuchten
Die Gardinen wehen steif im nassen Wind
Du weinst, und der Himmel ist voller Sterne
Oh - wenn ich hinausblicke -
Wer singt da die Tokyo-Serenade?
...
Ich höre das Nachtlied Tokyos
Und du wirst eins mit der Erinnerung
(Und ja: der Refrain des Liedes lautet "Tokyo Se-re-na-de" セレナーデ, zu hören bei 01:08-01:12, 02:08-02:12 und in der letzten Zeile.)
Und hier die "Serenade der grünen Insel," in der zweiten Version, die 1961 eingespielt wurde, nach einer ersten, streicherlastigeren, von 1958, In dieser späteren Version wurde das Lied über die Insel hinaus bekannt, angefangen mit den Philippinen. Zi Wei (13.11.1930 - 4.9.1989) 紫薇-綠島小夜曲 / "Serenade der grünen Insel", komponiert 1954 von Zhou Rampling mit einem Text von Yang Zhengzhuan. (Auch des Chinesischen ungeübte Ohren können bei 00:52 das Wort "Taiwan" heraushören.)
Zum Abschluß zwei neuere Instrumentalversionen des Mei-Tai-Liedes - auch um zu zeigen, daß diese großartige Melodie ganz zu Recht zu den Repertoirestücken der chinesischen neueren Musik gehört:
(vom 22.3.2015, und vom 23.11.2014):
U.E.
© Ulrich Elkmann. Für Kommentare bitte hier klicken.