24. April 2011

Was der Benzinwutbürger von der Politik erwartet

Benzinwutbürger (m.)
Kofferwort aus → Benzinwut und → Wutbürger


Democracy is the worst form of government except all those other forms that have been tried from time to time. Es gibt Tage, an denen man in Winston Churchills eh schon pessimistischer Einschätzung nur nach Streichung der zweiten Hälfte des Satzes ein plausible These erkennen kann; an denen die Demokratie nicht nur nicht als Gott, sondern eher als der leibhaftige Gottseibeiuns erscheint.

So z.B. wenn sich gegenwärtig eine breite Mehrheit der Deutschen (60 %) in einer Umfrage dafür ausspricht, der Staat möge doch bitteschön Höchstpreise für Sprit festsetzen (im Osten sind es sogar 71 %.) Eine schöne Forderung, die sich demnächst bestimmt ein Linkspopulist zu eigen machen wird, die aber leider strukturell an genau demselben Denkfehler krankt wie die gleichfalls hochpopuläre Forderung nach Mindestlöhnen.

Zum Vergleich: Wenn der am Markt zu erzielende Lohn für bestimmte Gruppen "zu niedrig" ist, dann kann der Staat (abgesehen von Umverteilungsmaßnahmen) zweierlei tun: Er kann erstens einen Mindestlohn beschließen, der nahe beim Marktlohn liegt. Das wird sich vielleicht bei den nächsten Wahlen für den Politiker ein wenig in Wählerstimmen auszahlen, ist aber nichts anderes als schlechte Symbolpolitik.

Der Staat kann zweitens einen Mindestlohn festsetzen, der über dem Marktlohn liegt. Leider hat dies zur Folge, daß Arbeitsplätze im Niedriglohnbereich (je nach Höhe des Mindestlohns) weniger oder überhaupt nicht mehr angeboten werden. Aller blumigen Sozialrhetorik zum Trotz ("Guter Lohn für gute Arbeit") sind Mindestlöhne faktisch nichts anderes als Arbeitsverbote für Geringqualifizierte.

Ganz ähnlich bei Höchstpreisen für Güter wie Benzin: Wenn momentan nach Steuern ein Gewinn von etwa einem Cent pro Liter (!) für die Mineralölwirtschaft übrigbleibt, dann hätte ein (nicht-symbolischer) Höchstpreis, der im Durchschnitt auch nur minimal unter den jeweiligen Marktpreisen liegt, zur Folge, daß mit dem Verkauf von Benzin auf längere Sicht kein Gewinn oder sogar ein Verlust erwirtschaftet wird.

Nun gilt zwar der Grundsatz "You have to spend money to make money", aber auf Dauer kann es für ein Unternehmen nicht funktionieren, mehr auszugeben als einzunehmen. Ein Höchstpreis für Benzin hätte entsprechend dieselben Konsequenzen wie ein schlichtes Verkaufsverbot für Kraftstoffe.

Bislang hat die Politik durch ein Potpourri ungeschickter Regeln nur dafür gesorgt, daß am morgigen Ostermontag wohl an einigen Tankstellen kein Benzin mehr zu bekommen sein wird. Wenn sich die breite Mehrheit mit ihrer Forderung durchsetzen könnte, würde dieser kurze Versorgungsengpaß flächendeckend zum Dauerzustand. Es fällt nicht schwer, sich die Reaktionen auf einen solchen Zustand vorzustellen.

DrNick

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