21. Mai 2008

Marginalie: Die Medienkampagne für die Wahl Gesine Schwans ist eröffnet

Die Kandidatur von Gesine Schwan für das Amt des Bundespräsidenten wird ein Selbstläufer. Wer daran noch Zweifel hatte, der lese, was Claus Christian Malzahn in "Spiegel Online" heute Nachmittag unter der Überschrift "Warum Deutschland Gesine Schwan braucht" geschrieben hat. Vorspann:
Eine brillante Denkerin, moralisch integer: Die Kandidatur von Gesine Schwan für das Präsidentenamt wäre weit mehr als ein Befreiungsschlag für die kranke SPD. Schwan braucht das höchste Staatsamt nicht - aber Deutschland braucht eine Präsidentin wie Schwan.
Das ist Schritt zwei einer Kampagne, die damit begann, daß im gedruckten "Spiegel" dieser Woche der Chef des Hauptstadtbüros, Dirk Kurbjuweit, einen Verriß der Amtsführung von Horst Köhler verfaßt hatte.

Das Leitmedium hat gesprochen: Daumen runter für Köhler, Daumen rauf für Schwan.

Schon gestern hatte in "Zeit Online" Ludwig Greven unter der Überschrift "Eine Frau an die Spitze!" die Richtung vorgegeben:
Wenn die SPD (...) unter Beweis stellen möchte, dass sie trotz aller Probleme und Schwächen eigene Alternativen durchzusetzen versucht, dann nominiert sie eine eigene Kandidatin. Gesine Schwan wäre dafür prädestiniert wie kaum eine andere.
Wie Malzahn, wie auch schon Heribert Prantl am Montag in der "Süddeutschen Zeitung" weist Greven natürlich darauf hin, daß Gesine Schwan alles andere als eine Sympathisantin des Kommunismus ist.

Das werden auch die Kommentatoren der ARD tun, die uns in den nächsten Tagen erklären werden, daß Deutschland dringend eine Frau als Bundespräsidentin braucht, daß Gesine Schwan die ideale Kandidatin für den Dialog mit Polen ist, daß kein Bundespräsident, auch nicht Horst Köhler, einen Anspruch auf Wiederwahl habe.

Was ja alles stimmt. Nur ein Gesichtspunkt wird, fürchte ich, in dieser Kampagne, die in jetzt angelaufen ist, nicht oder nur am Rande erwähnt werden: Daß eine Wahl von Gesine Schwan mit den vereinten Stimmen der SPD und von "Die Linke" ebenso eine Weichenstellung für die Volksfront im Herbst 2009 wäre, wie
  • die Wiederwahl Lübkes 1964 nach dem Willen Herbert Wehners das Signal für eine Große Koalition sein sollte,

  • die Wahl Gustav Heinemanns 1969 mit den Stimmen von SPD und FDP die Weichen für die sozialliberale Koalition stellte,

  • die Wahl von Karl Carstens 1979 ein Vorbote der Wende von 1981 war,

  • und wie die Wahl Horst Köhlers 2004 das Ende von Rotgrün ankündigte.
  • Wir werden in der bevorstehenden Kampagne für die Wahl Gesine Schwans immer wieder hören und lesen, daß das nichts zu bedeuten habe. Daß es ja schließlich keine magische Beziehung zwischen den beiden Entscheidungen gebe. Daß gerade die ausgewiesen Gegnerin des Kommunismus Gesine Schwan ... usw., siehe oben.

    Nur werden innerhalb der SPD, nachdem man sich für den dritten Wahlgang (für den ersten dürften die Kommunisten wohl selbst jemanden aufstellen) mit "Die Linke" verbündet hat, diejenigen einen schweren Stand haben, die dann noch argumentieren, mit den Kommunisten dürfe es grundsätzlich keine Zusammenarbeit geben.

    Denn die hat es ja dann gegeben. Und es wird sie, wenn das Wahlergebnis es erlaubt, nach diesem Probelauf auch im Herbst 2009 geben.



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