3. April 2007

Zettels Oster-LobhudelEi (1): "Wo bleibt das Positive?"

Kritisieren ist leichter als loben. Kritisieren ist auch meist vergnüglicher als loben.

Ein Buch, einen Film, eine Theateraufführung verreißen - das macht wenig Mühe. Schwächen hat jedes Kunstwerk; die kann man herauspicken und sich an ihnen gütlich tun.

Vergnüglich ist das Kritisieren auch deswegen, weil es den Autor automatisch in eine Position der Überlegenheit bringt. Wer etwas heruntermacht, der steht darüber. Wer etwas lobt, der kann hingegen leicht als ein Kleiner erscheinen, der dazu aufschaut. Kritisieren macht stark.

Und noch dazu ist die Sprache an Sottisen, an Schmähungen, an Invektiven und Insinuationen weit reicher als an Ausdrückens der Anerkennung und des Lobs.



So ist es nicht nur im Feuilletonistischen, sondern auch im Politischen. Man sehe sich die Kommentare der Zeitungen an: Die meisten sind Kritiken. Analysen, wie sie in den "Op-Ed"- Spalten der amerikanischen Presse die Regel sind, wie sie zB auch Jean Daniel und Jacques Julliard im "Nouvel Observateur" wöchentlich schreiben, sind in Deutschland die Ausnahme.

Nicht anders ist es in der Blogosphäre. So ist es auch in der freiheitlich- konservativen Blogokugelzone, der ich mich zugehörig fühle. So ist es auch hier in "Zettels Raum".




Die Woche, die gestern begonnen hat, heißt bei uns die "Karwoche". So, als sei sie sozusagen auf den Karfreitag fokussiert. In Spanien heißt sie viel schöner Semana Santa, und sie ist eine Woche des Feierns und der Feste.

Mir hat das in Spanien immer sehr gefallen, wie man da feierte. Wenn auch manchmal etwas verhüllt.

In diesem Geist (naja ...) möchte ich gern meine Beiträge in dieser Woche schreiben: Good News also.




Den Titel dieses Beitrags werden viele Leser kennen: Er ist einem Gedicht von Erich Kästner entnommen, in dem es heißt:
Und immer wieder schickt ihr mir Briefe,
in denen ihr, dick unterstrichen, schreibt:
"Herr Kästner, wo bleibt das Positive?"
Ja, weiß der Teufel, wo das bleibt.
Das Gedicht endet so:
Die Zeit liegt im Sterben. Bald wird sie begraben.
Im Osten zimmern sie schon den Sarg.
Ihr möchtet gern euren Spaß dran haben .. .?
Ein Friedhof ist kein Lunapark.
Das schrieb Kästner 1930; hellsichtig und also pessimistisch.



Er hatte Grund zum Pessimismus. Als er das Gedicht schrieb, begann eine Zeit, die uns Deutschen wahrlich wenig Positives beschert hat. Denen im Westen für zwanzig Jahre, bis ungefähr 1950. Denen im Osten für fast sechzig Jahre, in denen sie unter Diktaturen leben mußten.

Mir kommt es so vor, als würden wir, wenn wir unsere Gegenwart kritisieren, oft vergessen, wie wunderbar sie ist, gemessen an dieser Vergangenheit. Gemessen auch an den Verhältnissen fast überall in der Welt.

So, wie wiederum die Verhältnisse in den meisten Teilen der Welt heute ungleich besser sind als in fast der ganzen Menschheitsgeschichte.

So, wie unsere Zukunft ungleich hoffnungsvoller ist als die der Menschen, seit ihren Vorfahren der tropische Regenwald verlorenging und sie sich in der menschenfeindlichen Savanne behaupten mußten.



Kurz, das Positive ist überall, mit den Händen zu greifen. Nur können wir es sozusagen schlecht sehen, durch den Rauch der Mahnfeuer, die allüberall glimmen.

Wohin diese Osterwochen- Serie führen wird, weiß ich noch nicht. Aber wenn die Good News mit Händen zu greifen sind, dann sollte es ja nicht schwer sein, sie sich auch vor Augen zu führen.