22. Januar 2009

Israel/Palästina: Das letzte Aufgebot bei Plasberg. Zum Trost etwas Interessantes über die beiden US-Parteien und ihre Haltung zu Israel

Frank Plasberg macht die beste politische Talkshow, die es im Augenblick in Deutschland zu sehen gibt: Straff moderiert; tatsächlich so fair, wie es der Name ankündigt; durch gut recherchierte Einspieler aufgelockert; und meist mit Gästen, die etwas zu sagen haben und die zu streiten wissen.

Nur nicht gestern. Gestern - und das war reichlich verspätet; nachgerade ein thematischer Nachklapp - gab es das Thema: "Blutige Trümmer in Gaza - wie weit geht unsere Solidarität mit Israel?"

Inzwischen haben die letzten Truppen der IDF den Gaza- Streifen wieder verlassen. Nun also endlich stritt man bei Plasberg über diesen Krieg. (Immerhin, man tat es. Anderen fehlte dazu der Mumm).

Nur, wer stritt da? Michel Friedman, Norbert Blüm, Ulrich Kienzle, Rudolf Dreßler und Udo Steinbach. Man tut ihnen sicher nicht Unrecht, wenn man feststellt, daß sie alle den Gipfel ihrer Prominenz und ihres Einflusses hinter sich haben. Für ein aktuelles, noch dazu ein in Deutschland so kontroverses Thema war diese Besetzung das letzte Aufgebot.

Wo waren die aktiven Spitzenpolitiker, wo die die führenden Journalisten, die Publizisten, die sich sonst darum reißen, in dieser Sendung aufzutreten? Wo diejenigen, die ihre Berufung darin sehen, uns die Welt zu erklären?

Nicht da waren sie. Und das dürfte nicht an der Redaktion von "Hart aber fair" gelegen haben.

Sherlock Holmes löste einen seiner berühmtesten Fälle ("Silver Blaze"), weil ihm auffiel, daß etwas nicht stattfand: Ein Hund bellte nicht. Über diese gestrige Sendung, über die Verkrampftheit des deutschen Verhältnisses zu Israel ist alles gesagt, wenn man feststellt, wer nicht teilnahm.



Kommen wir zu etwas Interessanterem zum selben Thema: Wie unterscheiden sich eigentlich die beiden großen amerikanischen Parteien in ihrem Verhältnis zu Israel? Dazu hat gestern Daniel Pipes Informatives geschrieben.

Daß in beiden Parteien die Freunde Israels in der Überzahl sind, ist bekannt. Aber es gibt doch interessante Unterschiede; und es gibt vor allem, wie Pipes zeigt, eine bemerkenswerte Entwicklung in den vergangenen fünfzig Jahren:
  • In einer ersten Zeit (1948-1970) war die Politik der demokratischen Präsidenten Harry S. Truman und John F. Kennedy freundlicher gegenüber Israel als die des Republikaners Dwight D. Eisenhower.

  • In der nächsten Phase (1970-1991) entwickelten republikanische Präsidenten wie Richard Nixon und Ronald Reagan engere Beziehungen zu Israel. Demokraten und Republikaner unterschieden sich damals kaum in ihrem Verhältnis zu Israel.

  • Mit dem Ende des Kalten Kriegs 1991, so Pipes, gab es eine erneute Änderung: Während Demokraten zunehmend Sympathien für die Sache der Palästinenser entwickelten, erwärmten sich die Republikaner noch stärker für Israel.
  • Inzwischen gibt es bei den Republikanern eine - im Schnitt - positivere Einstellung zu Israel als bei den Demokraten. Diese These belegt Pipes durch eine Reihe von Fakten:
  • Anfang dieses Monats verabschiedete der Kongreß eine Resolution, in der "die feste Unterstützung der USA für Israel" unterstrichen wurde. Sie wurde vom Senat ohne Gegenstimme verabschiedet. Dagegen gab es im Repräsentantenhaus fünf Gegenstimmen und 27 Enthaltungen - mit einer Ausnahme nur von Demokraten.

  • Umfragen zeigen regelmäßig mehr Sympathien für Israel bei Wählern der Republikanern als bei denen der Demokratischen Partei. Im März 2007 fragte Gallup zum Beispiel, ob man mehr mit Israel oder mehr mit den Palästinensern sympathisiere. Von den Anhängern der Republikanern gaben 72 Prozent an, daß ihre Sympathie bei Israel liege, von denen der Demokraten 47 Prozent. Unterschiede in derselben Größenordnung (Differenzen von zwischen 20 und 38 Prozent) fanden sich auch in vier weiteren, ähnlichen Umfragen zwischen 2006 und 2008.
  • Soweit Pipes, der abschließend Anzeichen dafür aufzählt, daß die Regierung Obama weniger eindeutig auf der Seite Israels stehen könnte als die Regierung Bush.



    Am Wahlverhalten der amerikanischen Juden hat das bisher offenbar wenig geändert. Im November stimmten laut Ynetnews 78 Prozent von ihnen (nach anderen Quellen 77 Prozent) für Barack Obama; nur 21 Prozent für John McCain.

    Warum? Die starke Neigung der jüdischen Amerikaner, die Demokraten zu bevorzugen, mag historische Gründe haben (die Demokraten waren die Partei der Minderheiten), wohl auch soziologische (in der intellektuellen Mittelschicht, die überwiegend demokratisch wählt, sind die Juden besonders stark vertreten; viele wohnen auch in den demokratisch wählenden Staaten der Ost- und der Pazifikküste).

    Es wird sich zeigen, ob Obama die Änderung in der Israel- Politik vornimmt, die Daniel Pipes erwartet. Und dann darf man gespannt sein, wie die jüdischen Amerikaner bei kommenden Wahlen ihre Stimme abgeben.



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