8. Juni 2007

Randbemerkung: G-8-Gipfel - da war doch noch ein weiteres Thema ...

Welches sind die Themen des G-8-Gipfels? Den meisten politisch Interessierten wird auf diese Frage einfallen: Das Klima, Afrika, die Raketen, die in Polen aufgestellt werden sollen.

Nicht falsch, würde ein Prüfer auf eine solche Antwort sagen, aber Sie haben etwas Wichtiges vergessen.



Die "New York Times" hat in ihrer aktuellen Ausgabe ein Editorial zum G-8- Gipfel; also einen nicht namentlich gezeichneten Kommentar, der die Meinung der Redaktion wiedergibt.

Darin heißt es:
Three (...) issues confront the presidents and prime ministers assembled in Heiligendamm, Germany, this week. They need to apply the brakes to climate change, live up to past pledges on Africa and halt Iran’s rush to develop nuclear weapons technology.

(...) drei Themen sehen sich die diese Woche in Heiligendamm (Deutschland) versammelten Präsidenten und Ministerpräsidenten gegenüber. Sie müssen den Klimawandel bremsen, ihren früher eingegangenen Verpflichtungen gegenüber Afrika nachkommen und das Betreiben des Iran stoppen, die Technologie für Atomwaffen zu entwickeln.
Irans Atomrüstung: Das ist es, das Thema dieses Gipfels, das bei uns kaum öffentliche Resonanz findet.

Kein Wunder - zu den Themen "Klima" und "Afrika" rühren Demonstranten die Trommel; zum Thema "Raketenrüstung" hat Putin seit Wochen trommeln lassen.

Aber der Iran? Er bedroht mit seinen Raketen ja - jedenfalls vorerst - nur Israel. Das freilich tödlich.

Es scheint nicht, daß das diejenigen, die sich in diesen Tagen so über die Maßen engagiert für Frieden und Gerechtigkeit in der Welt einsetzen, besonders stört. Es scheint mir, daß es überhaupt in Europa die Öffentliche Meinung nicht besonders tangiert.



In den USA ist das anders. Der (jetzigen) US-Regierung ist das Schicksal eines demokratischen Landes, das von einer aggressiven Dikatur in seiner Existenz bedroht wird, nicht gleichgültig.

Also steht für Bush dieses Thema im Vordergrund, neben den genannten anderen. Nachdem das Editorial sich mit den Themen Klima und Afrika beschäftigt hat, heißt es dazu:
The most urgent issue is Iran. President Mahmoud Ahmadinejad’s latest warning against further sanctions is a blatant attempt to manipulate divisions among the eight. The warnings should be going in the other direction, with Iran being plainly told that further nuclear experimentation will lead to much tougher penalties. (...)

The United States has taken a firmer diplomatic line than Europe, which still nourishes illusions about Iran’s willingness to respond to arguments alone. Europe needs to wake up to unpleasant realities and increase the pressure. A tough and unified trans-Atlantic stand could bring Russia along as well. To wait any longer on this issue is to court disaster.

Das drängendste Thema ist der Iran. Die jüngste Warnung des Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad gegen weitere Sanktionen ist ein unverhüllter Versuch, Differenzen zwischen den Acht zu schüren. Es muß Warnung in die umgekehrte Richtung geben, indem dem Iran deutlich gesagt wird, daß weiteres nukleares Experimentieren zu härten Sanktionen führen wird. (...)

Die Vereinigten Staaten haben eine härtere diplomatische Linie eingeschlagen als Europa, das immer noch Illusionen über die Bereitschaft des Iran hegt, allein auf Argumente zu hören. Europa muß aufwachen und unschöne Realitäten zur Kenntnis nehmen, und es muß seinen Druck verstärken. Eine harte und einheitliche transatlantische Position könnte auch Rußland einbinden. In dieser Sache noch länger zuzuwarten bedeutet, ein Desaster herauszufordern.
In der Tat, ein Desaster.

Denn solange Ahmadinedschad denselben Fehler macht wie Saddam Hussein im Jahr 2003 - nämlich zu glauben, daß die fehlende Solidarität von Europäern die USA daran hindern würde, einer Gefahr mit militärischen Mitteln zu begegnen -, besteht die Gefahr einer militärischen Zuspitzung. Diesmal dann sehr wahrscheinlich mit der Beteiligung Israels, das den Aufbau einer Atommacht eines Staats, der die Vernichtung Israels zu seinem Ziel erklärt hat, unter keinen Umständen dulden wird.



Präsident Bush ist den Europäern in Sachen Klimapolitik weit entgegengekommen; er ist sozusagen über seinen Schatten gesprungen.

Jetzt sollten die Europäer ihrerseits den USA in Sachen Iran entgegenkommen. Zumal sie damit ja gar nicht primär im Interesse der USA handeln, sondern im eigenen Interesse und dem des Friedens.