Es gibt noch Meldungen, auch jetzt, im fünften Monat der Corona-Krise (oder dem vierten, je nachdem, wann man das pandemische Geschehen für den eigenen Standort als relevant einschätzt), die einem Betrachter der Zeitläufe den Kiefer gepflegt nach unten klappen lassen. Oder ungepflegt, je nach dem Ausmaß der Abgebrühtheit und des Zynismus, der sich mittlerweile eingestellt hat. Hier geht es um den akuten Ausbruch von SARS-CoV-2-Infektionen am Firmenhauptsitz der Tönnies-Holding im Stammwerk in Rheda-Wiedenbrück im Kreis Gütersloh, von dem sich die ersten Nachrichten vor drei Tagen, am 18. Juni, zuerst verbreiteten und deren Befund mit Stand von heute nachmittag ist, daß von rund 7000 Mitarbeitern dort bislang 1331 positiv auf das Coronavirus getestet worden sind (mit dem Stand von heute nachmitag liegen die Ergebnisse von 5899 der insgesamt 6139 durchgeführten Tests vor).
Als Laie, als jemand, der seit nunmehr fünf Monaten das dynamische Infektionsgeschehen verfolgt, fragt man sich: wie konnte es überhaupt zu solchen Zuständen kommen? Daß ein gutes Fünftel der gesamten Belegschaft sich infizieren konnte, daß in einem großen fleischverarbeitenden Betrieb anscheinend keinerlei Tests vorgenommen wurden, um die Möglichkeit einer solchen Entwicklung nach Kräften zu verhindern, daß vor allem nach dem Ausbruch im Schlachtbetrieb von Westfleisch in Coesfeld (das 30 Kilometer von dem Platz entfernt liegt, an dem ich dies schreibe) im Mai anscheinend weder von der Firmenleitung noch von den zuständigen Aufsichtsbehörden zum Anlaß genommen wurde, um prophylaktisch durch Tests (und sei es nur stichprobenartig!) die Sicherheit zu erhöhen. Hier liegt nicht nur ein komplettes (man kann das fett und gesperrt schreiben: ein K O M P L E T T E S) Versagen nicht nur der Firmenleitung, sondern auch der Behörden vor. Daran gibt es nichts zu rütteln.
Man muß sich nicht mit den Einstellungen etwa der Hüpfkids der Fridays-for-Future-Bewegung gemein machen (deren Klimarettungsobsession momentan ja etwas auf Sparflamme kocht), die am Freitag bei den doch recht schütteren Bürgerprotesten gegen diesen Skandal mithüpfte, man muß im Vegetarismus kein Heil sehen oder die moderne Massentierhaltung verdammen, um angesichts solch unglaublicher Resultate die Contenance einzubüßen. Daß nach Angaben des zuständigen Gesundheitsamts die Firma Tönnies für ein volles Drittel ihrer Belegschaft keine Meldeaddressen mitteilte, läßt ahnen, welches Ausmaß an kriminellem Schlendrian hier noch zum Vorschein kommen dürfte. Denn genau das ist der springende Punkt: wäre dergleichen im Februar, auch noch im März vorgefallen (man erinnere sich an das explosive Infektionsgeschehen im Hotspot Kreis Heinsberg), häte man das mit Überforderung, mit Ahnungslosigkeit, verbreiteter Blauäugigkeit ("Grippe...") zwar nicht rechtfertigen, aber doch taxieren können. Nur sind wir mittlerweile vier Monate weiter; wir leben seit drei Monaten mit Kontaktbeschränkungen und Maskenpflicht, jedem, aber auch wirklich jedem müssen die Risiken, die Infektionswege im Schlaf geläufig sein; und ebenso die Trends, die dazu führen können - died dazu führen müssen - daß die Lockerungen wieder zurückgefahren werden, um ein erneutes Ansteigen der Fallzahlen ausbremsen zu können. Im Landkreis Gütersloh werden zur Zeit 21 Covid-19-Patienten stationär im Krankenhaus behandelt; sechs davon auf Intensivstationen; fünf davon sind Mitarbeiter von Tönnies. Heute nachmittag ist vorerst ein zweiter Lockdown für Gütersloh vermieden worden; die Schulen in der Gemeinde bleiben bis zum Beginn der Sommerferien geschlossen.
(Als Blogger erlaube ich mir an dieser Stelle die aus journalistischer Sicht unverzeihliche, aber in unseren Medien absolut gängige Unsitte, meine persönliche Meinung herzusetzen: ich hätte einen strikten Lockdown bevorzugt. Nicht nur, um der Entwicklung des Infektionsgeschehens im größtmöglichen Maß entgegenzuwirken, sondern auch, um alle Betroffenen - und das sind potentiell wir alle! - wissen zu lassen, daß solche Entwicklungen handfeste Konsequenzen nach sich ziehen. Die "Corona-Proteste" der letzten Wochenenden, die immer wiederkehrenden Meldungen über Parties, über überfüllte Seeufer: all das hat keinerlei Folgen nach sich gezogen; der fatale Eindruck, daß die Maßnahmen gegen die Pandemie mittlerweile schlicht überflüssig seien und nur noch behördliche Willkür darstellten, dürfte der Bekämpfung des Virus nicht förderlich sein. Der Eindruck: es gibt ja nur noch wenige Neuinfektionen (in den letzten drei Tagen waren es im Schnitt 540 am Tag) läßt vergessen, daß dies dem Stand der ersten Maiwoche entspricht. Es gibt keinerlei "Herdenimmunität" in der Bevölkerung; ein Freilaufen der Neuinfektionen würde die Fallzahlen wieder neu steil ansteigen lassen. Die noch Maßnahmen, die noch Kraft sind, dienen dem Ziel, eine solche Entwicklung zu verhindern. Wie fatal sich ein blauäugiges Laissez-faire nach überstanden geglaubter Krise auswirken kann, läßt sich derzeit an den Fallzahlen für den US-amerikanischen Bundesstaat Florida ablesen: dort wurde der Lockdown Ende April beendet, die Strände wurden für Besucher freigegeben, die Maskenpflicht aufgehoben. Die neu hinzugekommenen Fallzahlen der letzten Tage lauten: 16. Juni: 2783, 17. Juni: 3207, 19.Juni: 3288, 20. Juni: 4049, was sich zu einer Gesamtzahl von 94.000 seit Anfang Februar addiert.)
(Das "wunderbare Erfolgsmodell Schweden" hat übrigens eine probate Lösung des Seuchengeschehens gefunden, indem es seit dem 18. Juni überhaupt keine Fallzahlen mehr gemeldet hat.)
Ein besondere Note erwächst dem Fall Tönnies aus der Tatsache, daß es einen vergleichbaren Fall aus der letzten Zeit gegeben hat, anhand dem sich die Fallzahlen und die durch die Behörden angeordneten Maßnahmen probat vergleichen lassen. Ich beziehe mich hier auf den in der Überschrift genannten Ausbruch von SARS-CoV-2-Neuinfektionen im südlichen Beijinger Stadtteil Fengtai, der am 13. Juni die Erfolgsbilanz der chinesischen Hauptstadt beendete, in der es seit 55 Tagen keine nachgewiesene neuen Fälle gegeben hatte. Der Xinfadi-Markt (北京新发地农产品批发市场 / Běijīng xīnfādì nóngchǎnpǐn pīfā shìchǎng / "Beijinger Großmarkt für landwirtschaftlicher Erzeugnisse") ist nicht "irgendein" lokaler Markt. Es handelt sich um einen geschlossenen Großmarkt mit insgesamt 110 Hektar Verkaufsfläche auf fünf Ebenen (drei überirdischen und zwei unterirdischen, nicht ganz unähnlich den Pariser Markthallen, Les Halles). Nach eigenen Angaben handelt es sich um den größten Markt Asiens überhaupt; zu Beginn dieses Jahres, vor dem Ausbruch des Coronavirus, wurden dort jeden Tag 20.000 Tonnen Obst, 18.000 Tonnen Gemüse, 1500 Tonnen Fisch und Meeresfrüchte verkauft; der Markt beschäftigt 10.000 Angestellte; alle Agrarprodukte, die in die Volksrepublik importiert werden, werden für die Hauptstadt dort umgesetzt, siebzig Prozent alles Frischobst in Beijing wird dort verkauft; die umgeschlagene Menge beträgt pro Jahr 14 Millionen Tonnen. In der Kalenderwoche 20/2020 wurden in Beijing 50 Neuinfektionen nachgewiesen, von denen die "heimischen" (also nicht durch aus dem Ausland zurückkehrende chinesische Staatsbürger) allesamt auf diesen Markt als Infektionsort zurückgeführt werden konnten. Am 15. Juni wurden 27 Neufälle gemeldet, was die Zahl der neuen Fälle seit Beginn des Ausbruchs auf 106 erhöhte. Bereits am 13. wurden elf Nachbarbezirke rund um den Markt unter Lockdown gestellt; am 15. wurde ein Ausreiseverbot über die Stadt verhängt (es braucht eine Voranmeldung und einen attestierten Test); am 16. wurden sämtliche Schulen der Hauptstadt erneut geschlossen; am 17. wurden mehr als 1000 Passagierflüge von den drei Hauptflughäfen der Stadt ausgesetzt. Die Entwicklung der nachgewiesenen Neufälle für ganz China in den letzten Tagen (also auch "Einträge von außen" war:
17. Juni: 44 Fälle
18. Juni: 28 Fälle
19. Juni: 32 Fälle
20. Juni: 27 Fälle
21. Juni: 26 Fälle (darunter ein "importierter" Fall in Fujian, 3 in der Beijing benachbarten Provinz Hebei, 22 in Beijing)
Zur Zeit gibt es in China 331 aktive Fälle, davon 15 mit schweren Verläufen; die Gesamtzahl der im Lauf der Pandemie registierten Fälle beträgt bislang 83.378, mit insgesamt 4634 Toten.)
Dazu sollte man im Hinterkopf behalten, daß sämtliche der in den letzten acht Tagen aufgetretenen Neufälle einen leichten Verlauf zeigen bzw. keine Symptome zeigen. Und nun setze man im Geist die fünf Tönnies-Mitarbeiter auf den Intensivstationen, von denen zwei künstlich beatmet werden müssen, daneben und vergleiche die Maßnahmen, zu denen sich die jeweilige Obrigkeit bemüßigt fühlt.
Aber das, so vermerkt der kleine Zyniker grimmig, ist auch der Grund, warum China, das den ersten großen, außer Kontrolle geratenen Ausbruch der Seuche in Wuhan sah, eine Bilanz von 58 Fällen pro eine Million Einwohner und 3 Todesfälle pro Million aufzuweisen hat, während Deutschland einen Saldo von 2287 Fällen pro Million Einwohner und 107 Tote pro Million zählt.
Es gibt noch Meldungen, auch jetzt, im fünften Monat der Corona-Krise (oder dem vierten, je nachdem, wann man das pandemische Geschehen für den eigenen Standort als relevant einschätzt), die einem Betrachter der Zeitläufe den Kiefer gepflegt nach unten klappen lassen. Oder ungepflegt, je nach dem Ausmaß der Abgebrühtheit und des Zynismus, der sich mittlerweile eingestellt hat. Hier geht es um den akuten Ausbruch von SARS-CoV-2-Infektionen am Firmenhauptsitz der Tönnies-Holding im Stammwerk in Rheda-Wiedenbrück im Kreis Gütersloh, von dem sich die ersten Nachrichten vor drei Tagen, am 18. Juni, zuerst verbreiteten und deren Befund mit Stand von heute nachmittag ist, daß von rund 7000 Mitarbeitern dort bislang 1331 positiv auf das Coronavirus getestet worden sind (mit dem Stand von heute nachmitag liegen die Ergebnisse von 5899 der insgesamt 6139 durchgeführten Tests vor).
Als Laie, als jemand, der seit nunmehr fünf Monaten das dynamische Infektionsgeschehen verfolgt, fragt man sich: wie konnte es überhaupt zu solchen Zuständen kommen? Daß ein gutes Fünftel der gesamten Belegschaft sich infizieren konnte, daß in einem großen fleischverarbeitenden Betrieb anscheinend keinerlei Tests vorgenommen wurden, um die Möglichkeit einer solchen Entwicklung nach Kräften zu verhindern, daß vor allem nach dem Ausbruch im Schlachtbetrieb von Westfleisch in Coesfeld (das 30 Kilometer von dem Platz entfernt liegt, an dem ich dies schreibe) im Mai anscheinend weder von der Firmenleitung noch von den zuständigen Aufsichtsbehörden zum Anlaß genommen wurde, um prophylaktisch durch Tests (und sei es nur stichprobenartig!) die Sicherheit zu erhöhen. Hier liegt nicht nur ein komplettes (man kann das fett und gesperrt schreiben: ein K O M P L E T T E S) Versagen nicht nur der Firmenleitung, sondern auch der Behörden vor. Daran gibt es nichts zu rütteln.
Man muß sich nicht mit den Einstellungen etwa der Hüpfkids der Fridays-for-Future-Bewegung gemein machen (deren Klimarettungsobsession momentan ja etwas auf Sparflamme kocht), die am Freitag bei den doch recht schütteren Bürgerprotesten gegen diesen Skandal mithüpfte, man muß im Vegetarismus kein Heil sehen oder die moderne Massentierhaltung verdammen, um angesichts solch unglaublicher Resultate die Contenance einzubüßen. Daß nach Angaben des zuständigen Gesundheitsamts die Firma Tönnies für ein volles Drittel ihrer Belegschaft keine Meldeaddressen mitteilte, läßt ahnen, welches Ausmaß an kriminellem Schlendrian hier noch zum Vorschein kommen dürfte. Denn genau das ist der springende Punkt: wäre dergleichen im Februar, auch noch im März vorgefallen (man erinnere sich an das explosive Infektionsgeschehen im Hotspot Kreis Heinsberg), häte man das mit Überforderung, mit Ahnungslosigkeit, verbreiteter Blauäugigkeit ("Grippe...") zwar nicht rechtfertigen, aber doch taxieren können. Nur sind wir mittlerweile vier Monate weiter; wir leben seit drei Monaten mit Kontaktbeschränkungen und Maskenpflicht, jedem, aber auch wirklich jedem müssen die Risiken, die Infektionswege im Schlaf geläufig sein; und ebenso die Trends, die dazu führen können - died dazu führen müssen - daß die Lockerungen wieder zurückgefahren werden, um ein erneutes Ansteigen der Fallzahlen ausbremsen zu können. Im Landkreis Gütersloh werden zur Zeit 21 Covid-19-Patienten stationär im Krankenhaus behandelt; sechs davon auf Intensivstationen; fünf davon sind Mitarbeiter von Tönnies. Heute nachmittag ist vorerst ein zweiter Lockdown für Gütersloh vermieden worden; die Schulen in der Gemeinde bleiben bis zum Beginn der Sommerferien geschlossen.
(Als Blogger erlaube ich mir an dieser Stelle die aus journalistischer Sicht unverzeihliche, aber in unseren Medien absolut gängige Unsitte, meine persönliche Meinung herzusetzen: ich hätte einen strikten Lockdown bevorzugt. Nicht nur, um der Entwicklung des Infektionsgeschehens im größtmöglichen Maß entgegenzuwirken, sondern auch, um alle Betroffenen - und das sind potentiell wir alle! - wissen zu lassen, daß solche Entwicklungen handfeste Konsequenzen nach sich ziehen. Die "Corona-Proteste" der letzten Wochenenden, die immer wiederkehrenden Meldungen über Parties, über überfüllte Seeufer: all das hat keinerlei Folgen nach sich gezogen; der fatale Eindruck, daß die Maßnahmen gegen die Pandemie mittlerweile schlicht überflüssig seien und nur noch behördliche Willkür darstellten, dürfte der Bekämpfung des Virus nicht förderlich sein. Der Eindruck: es gibt ja nur noch wenige Neuinfektionen (in den letzten drei Tagen waren es im Schnitt 540 am Tag) läßt vergessen, daß dies dem Stand der ersten Maiwoche entspricht. Es gibt keinerlei "Herdenimmunität" in der Bevölkerung; ein Freilaufen der Neuinfektionen würde die Fallzahlen wieder neu steil ansteigen lassen. Die noch Maßnahmen, die noch Kraft sind, dienen dem Ziel, eine solche Entwicklung zu verhindern. Wie fatal sich ein blauäugiges Laissez-faire nach überstanden geglaubter Krise auswirken kann, läßt sich derzeit an den Fallzahlen für den US-amerikanischen Bundesstaat Florida ablesen: dort wurde der Lockdown Ende April beendet, die Strände wurden für Besucher freigegeben, die Maskenpflicht aufgehoben. Die neu hinzugekommenen Fallzahlen der letzten Tage lauten: 16. Juni: 2783, 17. Juni: 3207, 19.Juni: 3288, 20. Juni: 4049, was sich zu einer Gesamtzahl von 94.000 seit Anfang Februar addiert.)
(Das "wunderbare Erfolgsmodell Schweden" hat übrigens eine probate Lösung des Seuchengeschehens gefunden, indem es seit dem 18. Juni überhaupt keine Fallzahlen mehr gemeldet hat.)
Ein besondere Note erwächst dem Fall Tönnies aus der Tatsache, daß es einen vergleichbaren Fall aus der letzten Zeit gegeben hat, anhand dem sich die Fallzahlen und die durch die Behörden angeordneten Maßnahmen probat vergleichen lassen. Ich beziehe mich hier auf den in der Überschrift genannten Ausbruch von SARS-CoV-2-Neuinfektionen im südlichen Beijinger Stadtteil Fengtai, der am 13. Juni die Erfolgsbilanz der chinesischen Hauptstadt beendete, in der es seit 55 Tagen keine nachgewiesene neuen Fälle gegeben hatte. Der Xinfadi-Markt (北京新发地农产品批发市场 / Běijīng xīnfādì nóngchǎnpǐn pīfā shìchǎng / "Beijinger Großmarkt für landwirtschaftlicher Erzeugnisse") ist nicht "irgendein" lokaler Markt. Es handelt sich um einen geschlossenen Großmarkt mit insgesamt 110 Hektar Verkaufsfläche auf fünf Ebenen (drei überirdischen und zwei unterirdischen, nicht ganz unähnlich den Pariser Markthallen, Les Halles). Nach eigenen Angaben handelt es sich um den größten Markt Asiens überhaupt; zu Beginn dieses Jahres, vor dem Ausbruch des Coronavirus, wurden dort jeden Tag 20.000 Tonnen Obst, 18.000 Tonnen Gemüse, 1500 Tonnen Fisch und Meeresfrüchte verkauft; der Markt beschäftigt 10.000 Angestellte; alle Agrarprodukte, die in die Volksrepublik importiert werden, werden für die Hauptstadt dort umgesetzt, siebzig Prozent alles Frischobst in Beijing wird dort verkauft; die umgeschlagene Menge beträgt pro Jahr 14 Millionen Tonnen. In der Kalenderwoche 20/2020 wurden in Beijing 50 Neuinfektionen nachgewiesen, von denen die "heimischen" (also nicht durch aus dem Ausland zurückkehrende chinesische Staatsbürger) allesamt auf diesen Markt als Infektionsort zurückgeführt werden konnten. Am 15. Juni wurden 27 Neufälle gemeldet, was die Zahl der neuen Fälle seit Beginn des Ausbruchs auf 106 erhöhte. Bereits am 13. wurden elf Nachbarbezirke rund um den Markt unter Lockdown gestellt; am 15. wurde ein Ausreiseverbot über die Stadt verhängt (es braucht eine Voranmeldung und einen attestierten Test); am 16. wurden sämtliche Schulen der Hauptstadt erneut geschlossen; am 17. wurden mehr als 1000 Passagierflüge von den drei Hauptflughäfen der Stadt ausgesetzt. Die Entwicklung der nachgewiesenen Neufälle für ganz China in den letzten Tagen (also auch "Einträge von außen" war:
17. Juni: 44 Fälle
18. Juni: 28 Fälle
19. Juni: 32 Fälle
20. Juni: 27 Fälle
21. Juni: 26 Fälle (darunter ein "importierter" Fall in Fujian, 3 in der Beijing benachbarten Provinz Hebei, 22 in Beijing)
Zur Zeit gibt es in China 331 aktive Fälle, davon 15 mit schweren Verläufen; die Gesamtzahl der im Lauf der Pandemie registierten Fälle beträgt bislang 83.378, mit insgesamt 4634 Toten.)
Dazu sollte man im Hinterkopf behalten, daß sämtliche der in den letzten acht Tagen aufgetretenen Neufälle einen leichten Verlauf zeigen bzw. keine Symptome zeigen. Und nun setze man im Geist die fünf Tönnies-Mitarbeiter auf den Intensivstationen, von denen zwei künstlich beatmet werden müssen, daneben und vergleiche die Maßnahmen, zu denen sich die jeweilige Obrigkeit bemüßigt fühlt.
Aber das, so vermerkt der kleine Zyniker grimmig, ist auch der Grund, warum China, das den ersten großen, außer Kontrolle geratenen Ausbruch der Seuche in Wuhan sah, eine Bilanz von 58 Fällen pro eine Million Einwohner und 3 Todesfälle pro Million aufzuweisen hat, während Deutschland einen Saldo von 2287 Fällen pro Million Einwohner und 107 Tote pro Million zählt.
U.E.
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