Silvester ist jedes Jahr der große Tag der Jahresrückblicke. Die selbst ernante Elite des deutschen Fernsehens hört sich beim Reden zu und schwadroniert darüber was im letzten Jahr so alles passiert ist (und wird versuchen so ungefähr all das, was wirklich passiert ist, möglichst diskret zu umschiffen, "regionale" Ereignisse schaden da nur).
Eigentlich eine gute Gelegenheit mal die Gegenfrage zu stellen: Nicht "Was ist 2017 passiert?" sondern "Was bringt 2018?".
Es gibt, nach dem bescheidenen Dafürhalten des Protokollanten, keinen besseren Abschluß für diese kleine Reihe von Jahresendklängen, als Coda des Jahresausklangs, als die Walzermelodie, die蔡琴, Tsai Chin 1984 gesungen hat: 最後一夜, zuìhòu yī yè, "Die letzte Nacht".
"Manche unserer Gegner können es sich nicht verkneifen, uns in der Zuwanderungsdiskussion in die rechtsextreme Ecke zu rücken, nur weil wir im Zusammenhang mit der Zuwanderung auf die Gefahr von Parallelgesellschaften aufmerksam machen. Das, liebe Freunde, ist der Gipfel der Verlogenheit, und eine solche Scheinheiligkeit wird vor den Menschen wir ein Kartenhaus in sich zusammenbrechen. Deshalb werden wir auch weiter eine geregelte Steuerung und Begrenzung von Zuwanderung fordern."
Mein Vorschlag ist nun: ich möchte Herrn Gauland bitten, demnächst eine Rede vor dem Deutschen Bundestag mit genau diesen Worten zu eröffnen, Wort für Wort. Allerdings, ohne diese Passage als Zitat kenntlich zu machen. Das sollte im Nachhinein erfolgen, wenn die Empörung im Plenum und den Medien zur erwartbaren Orkanstärke angeschwollen ist.
Zwei Dinge: zum einen ist die Passage nicht völlig unbekannt und auch des öfteren, etwa von Henryk M. Broder, zitiert worden. Allerdings ist das Kurzzeitgedächtnis unseres polit-medialen Komplexes so auf schiere Tagesaktualität und den Verlust jeglicher Kontinuität abgestellt, daß dies das Überraschungsmoment garantieren würde. Zudem wird der Wahrheitsgehalt - daß Frau Merkel sich diese Aussage zuschreiben lassen muss - in keiner Weise tangiert.
Zum anderen: dergleichen wäre allein in seiner Wirkung auf Dritte von Belang. Wir dürfen getrost davon ausgehen, daß Frau Merkel sämtliche Äußerungen, die sie in der Vergangenheit getätigt hat, null und nichtig sind, so gleichgültig, wie ihr das zukünftige Schicksal dieses Landes, die Flüchtlinge oder auch nur die gegenwärtige Regierungsbildung ebenfalls und unübersehbar sind.
Da an dieser Stelle gestern schon von Parodie, Travestie, Persiflage, ironisierender Brechung und satirischer Inversion die Rede war, ein zweites Sa/eitenstück.
Stille Nacht, heilige Nacht...
Drei Männer aus dem Morgenland ritten von Haus zu Haus;
Diese waren wissenschaftlich ihrer Zeit voraus.
In der Nacht, heilige Nacht...
Kaspar, Melchior, Balthasar, die Namen der Herren sind.
Sie hatten Weihrauch und Edelstein als Geschenk fürs Jesuskind.
Stille Nacht, Wundernacht...
Manche Hausfrau beneidet gewiß die Dame im Morgenland
Da wird keine Weihnachtsgans gerupft, kein Schinken in der Hand
Dort leidet man nicht an Sodbrennen, an keiner Chaosband...
Im Morgenland gibts etwas Echtes, zum Beispiel die Pferde und die Kamele,
zur Abwechslung wackelt dort die Erde,
wir sitzen im Dreck, müssen kennenlernen A B C und noch mehr D...
Stille Nacht, heilige Nacht...
Hast du die Dromedare satt? Wir reiten ins Morgenland!
Wir gründen eine Buschfabrik und werfen Bananen in den Sand.
Zugegeben: Es ist manchmal recht billig auf den öffentlich, rechtlichen Rundfunk einzuprügeln, denn so richtig gerne zaht niemand das Zwangsgeld und der Mutantenstadel ist auch eine recht universelle Zielscheibe. Dennoch legt ja der ÖR allergrößten Wert darauf, dass es sich um eine Demokratieabgabe (klingt ja auch besser als Zwangsgeld) handele, und man damit die überragend guten Informationen und das Korrespondentennetz bezahlen müsse, dass den deutschen Zuschauer (oder Hörer) sehr gut informiere.
(Eine Klarstellung vorweg: es handelt sich hierbei NICHT um einen Liveleak aus dem Willy-Brandt-Haus, und gezeigt wird nicht, unerachtet der Physiognomie des Herrn in der Mitte, die dortige Parteiführung bei der Ausarbeitung der Kokotulationsbedingungen, die man der CDU Ende Januar, oder Februar, oder irgendwann später, überreichen wird. Auch bei der aus Binnensicht des Trios linksaußen positionierten, in der Wolle rot gefärbtenPerson handelt es sich - trotz des Wortschatzes und der hyperaktiven Hibbeligkeit - nicht um die Fraktionsvorsitzende, die demonstriert, wie sie sich die Umsetzung der Handlungsmaxime Bätschi! konkret vorstellt.)
Am vergangenen Dienstag (vor Weihnachten) kam es in Berlin Schöneberg, direkt vor einem israelischen Restaurant zu einem antisemitischen "Vorfall". Ein 60 jähriger Mann, vermutlich leicht angetrunken, vermutlich Biodeutscher, nahm eine ins Schaufenster eines Restaurants gestellte Menora zum Anlass seine Meinung über Israel und über Juden im Allgemeinen, zum besten zu geben. Was dabei herauskam war ein Schwall allerfeinsten Antisemitismusses, angefangen vom "Ihr seid verrückt" bis zu "Ihr gehört in die Gaskammer". Eine Besonderheit besteht darin, dass ein (qualitativ durchaus gutes) Video von dem Vorfall existiert, das eventuell entschuldigende Interpretationen schwierig macht und durchaus für sich selber spricht. Das Video ist durchaus ein guter Beleg dafür, dass Antisemitismus nicht immer von den klassischen Stereotypen des Islamfanatikers oder dem kahl rasierten Stumpfnazi kommen muss. Es dürfte sich eher um genau den in Deutschland zunehmend virulenten Antisemitismus handeln, der aus der Mitte der Gesellschaft kommt.
Kennen Sie Ulf Poschardt? Nein? Muss man nicht unbedingt kennen, ist der derzeitige Chefredakteur der Welt. Und Herr Poschardt hat, wie vielleicht so mancher andere, etwas Langeweile am heiligen Abend gehabt und daher etwas getwittert. Er schrieb:
Wer soll eigentlich noch freiwillig in eine Christmette gehen, wenn er am Ende der Predigt denkt, er hat einen Abend bei den #Jusos bzw. der Grünen Jugend verbracht?
Es handelt sich nämlich um eine wortgetreue Übersetzung der Verse Josef Mohrs (1792-1848), zu denen Franz Xaver Gruber (1787-1863) 1816 die Melodie des wohl bekanntesten Weihnachtslieds überhaupt schrieb.
Besteht eigentlich die Gefahr, daß im verminten Geländer der PC, der Politischen Korrektheit, die man, aus guten, sachlich triftigen Gründen und aufgrund der schieren Genervtheit ob der Penetranz, mit der man von ihren Vertretern behelligt wird, ganz unweihnachtlich zum Teufel wünschen mag, und zwar rund um die Uhr und ganzjährig - mit der wir aber, for the time being, vorerst und wohl auch auf Jahre oder Jahrzehnte hinaus, geschlagen sind - besteht also das Risiko, daß im Frostklima der "verstatteten Diktion" selbst ein so harmloses Faktum wie die Rückstrahlfähigkeit von Dihydrogenmonoxid in Bereich des sichtbaren Lichts in festem Aggregatzustand den Türstehern und Conciergen zum Gegenstand des Ärgernisses gereicht? Mit anderen Worten: könnte es so weit kommen, daß die Erwähnung der Tatsache, daß Schnee dem menschlichen Auge als weiß erscheint, übel notiert wird, als zumindest latenter Rassimus?
Derzeit wirbt ein Verlag mit einer 30 cm großen Anzeige für ein Weihnachtsbuch mit diesem Rilke-Vers: „Es gibt so wunderweiße Nächte, drin alle Dinge Silber sind./ Da schimmert mancher Stern so lind,/ als ob er fromme Hirten brächte zu einem neuen Jesuskind.“
Wer ist dieses neue Jesuskind? In Friedrich Schleiermachers „Weihnachtsfeier“ war es, gendergerecht schon damals (1806), ein musikalisch begabtes kleines Mädchen als Symbol für eine christlich-festliche Geselligkeit. Schleiermacher wurde lange unterschätzt oder sogar als halber Atheist verdächtigt. Jetzt gilt er als der Kant in der Theologie.
... eine kleine Frage mal zu diesem Komischen Kürzel "KoKo", das du vor vor ein paar Tagen, vor zweien? vor drei? vier? - in den Ring des Diskurses, die Agora der Öffentlichkeit, die mediale Arena geworfen hast.
Zuvor ein kleines Beiseit-Gesprochen: ich tue jetzt einfach einmal so, als sei dieses Sonderangebot, diese einmalige Gelegenheit zum politisches Winterschlußverkauf, immer noch gültig. Schließlich ist es schon länger als 48 Stunden her, daß es durch die Kanäle rauschte. Und es ist nun einmal ein Factum brutum, daß keine Nachricht, keine Meldung unserer Medien eine Haltbarkeit von mehr als zwölf Stunden besitzt. Danach verschwindet sie - und zwar egal um worum es sich dabei handelt, ohne jede Folge, ohne jede Konsequenz weit hinten in einem nachgerade prähistorischen Hinterland, in einer opaken Nebelkammer, die in diesem Land, aber nicht nur dort, sondern allgemein in Europa und im Westen, an die Stelle eines zetigeschichtlichen Gedächtnisses getreten ist - ein kollektiver Gedächtnisverlust, der jegliche Einordnung eines Gescheehns, jede Gewichtung, jedes Aufzeigen von Tendenzen unmöglich macht. Eine reine Gegenwart (Theologen sprechen hier von einem nunc stans, von einem Stillstand der Zeit), die sich über alles legt und nicht nur alle Aussichten aus die Zukunft unmöglich macht, sondern auch jeden Blick zurück auf das Terrain, das man beim Flug in diese Gegenwart hinter sich gelassen hat. Walter Benjamins Engel der Geschichte brauchte heute nicht mehr mit aufgerissenen Augen auf eine Trümmerhalde des Gewesenen zu starren, die er nicht wieder zusammenfügen kann, er befände sich im Blindflug in einer Wolkendecke ohne Lücken. Alzheimerpatienten muß die Welt so erschienen, wenn sie ahnungslos um ihren Selbst- und Zeitverlust nur noch dem unmittelbaren, momentanen Erleben ausgeliefert sind, ohne irgendeine facette davon jemals mit Sinn füllen zu können, weil ihr gesamtes Gedächtnis und ihre daraus erwachsende Persönlichkeit gelöscht sind.
2017 war filmtechnisch betrachtet ein vergleichsweise langweiliges Jahr, sowohl im positiven wie im negativen Sinne. Die wenigen guten Filme kann man an einer Hand abzählen, aber auch die Zahl der Stinker war vergleichsweise übersichtlich. Langweilig eben. Und nicht so richtig viel dabei für das man eine echte Kritik schreiben müsste. Bis mir dann am vergangenen Wochenende der Film "Valerian - Die Stadt der tausend Planeten" begegnete. Zu diesem Film gibt es einiges zu sagen und deshalb soll er hier mit einem kleinen Review geadelt werden. Als Warnung sei vorweg geschickt: Dieser Artikel enthält Spoiler und ob er sich mit vernünftigen Gedanken beschäftigt kann ich auch nicht garantieren.
Wieder einmal hat es Trump geschafft die Medien damit zu überraschen, daß er einfach nur ein Wahlversprechen umgesetzt hat: Die USA verlegen ihre Botschaft in Israel in die Hauptstadt Jerusalem. Übrigens hat das der US-Kongreß schon 1995 beschlossen, es fehlte nur noch die Zustimmung des Präsidenten. Man kann also wirklich nicht von einer überhasteten Entscheidung sprechen.
Jetzt dominieren in den deutschen Medien natürlich die Journalismus-Lehrlinge, die das "gefährlich" und eine "Gefahr für den Friedensprozeß" nennen. Ein "Friedensprozeß", der aber schon 2000 durch die palästinensische Ablehnung von Camp David am Ende war, inzwischen hat Palästinenser-Diktator Abbas die Gespräche auch offiziell abgebrochen. Es gibt den "Friedensprozeß" schon längst nur noch in den Wunschträumen westlicher Intellektueller.
Befürchtet werden muß jetzt natürlich, daß Hamas und Co. den Anlaß für neue Terrorangriffe nutzen, die entsprechenden Ankündigungen sind ja schon publiziert.
Das heißt aber letztlich nicht viel. Es fehlt den Terroristen nie an Motivation für solche Angriffe. Beschränkt werden diese nur durch die israelischen Gegenmaßnahmen, nicht durch den Verzicht auf "Provokationen". Beeinflußbar ist in Maßen nur der Zeitpunkt solcher Angriffe, denn die Palästinenser nutzen diese natürlich für ihre Propaganda und werden jetzt schon lange vorbereitete Attentate als Antwort auf Trumps Entscheidung präsentieren.
Sowohl die peinlichen Reaktionen in Deutschland und Westeuropa wie der übliche arabische Terror sind aber letztlich Nebensächlichkeiten.
Viel wichtiger ist die Aussicht, daß die Anerkennung Jerusalems als israelische Hauptstadt ein wichtiger Schritt zum Frieden sein kann.