13. April 2009

Wahlen '09 (2): Die SPD beherrscht den Wahlkampf. Wird die FDP reagieren?

In einem Interview mit Oliver Hoischen und Markus Wehner von der FAZ hat der ehemalige Generalsekretär der SPD Olaf Scholz dem Vorsitzenden der FDP Westerwelle kräftig auf die Schulter geklopft: "Guido Westerwelle ist ein intelligenter, beweglicher Politiker. Mit dem man regieren kann". Und ein paar Sätze später: "Wir sind bereit für eine Ampelkoalition mit Grünen und der FDP".

SPD-Wahlkampf, wohin man blickt. Auch an diesem Oster- Wochenende dominiert die SPD wieder die überregionalen Medien.

Die "Welt" hat einen Bericht über den Wahlkämpfer Peer Steinbrück ("In der Krise wissen die Deutschen es zu schätzen, dass er Schuldige präsentiert. Dabei betreibt Peer Steinbrück vor allem eines: Wahlkampf").

Sowohl die "Süddeutsche Zeitung" als auch "Spiegel- Online" bringen ausführlich eine dpa-Meldung über einen Vorstoß Franz Münteferings in der "Bild-Zeitung", das Grundgesetz durch eine neue Verfassung zu ersetzen.

Der offensichtliche Adressat sind die Wähler im Osten, denen Müntefering schmeichelt. "Spiegel- Online":
"Aber die allermeisten Menschen, die in der DDR gelebt haben, hatten keinen Dreck am Stecken. Sie haben versucht, so menschlich zu leben wie es eben ging." Diese Menschen, die sich nichts zuschulden kommen ließen, hätten "ein Recht, stolz zu sein auf das, was sie unter schweren Bedingungen geleistet haben". Die Westdeutschen hätten nach dem Krieg mehr Glück gehabt, weil ihnen die Alliierten zu Wohlstand und Demokratie verhalfen. Zugleich übte Müntefering Kritik an der Überheblichkeit der Westdeutschen.
Im gedruckten "Spiegel" 16/209, der am Samstag erschien, befaßt sich der Aufmacher des Ressorts Deutschland I mit dem Wahlkampf; und auch hier steht die SPD ganz im Vordergrund. ("Die SPD läutet in einer Woche den Wahlkampf ein. Sie will mit einer Anti- Merkel- Strategie und einem linken Wahlkampf punkten ...").



Scholz nun also setzt die Charme- Offensive der SPD in Richtung FDP fort. Ob Guido Westerwelle sehr glücklich war, als er das las, was Scholz da im Stil einer Schüler- Beurteilung über ihn geäußert hat, sei dahingestellt. Die Strategie der SPD jedenfalls wird immer deutlicher:

Links will man Wähler bei den Kommunisten abschöpfen (Steinmeiers Lob der Ostermarschierer; jetzt Münteferings Vorstoß in Richtung Osten; Ruf nach höherer Besteuerung der "Reichen" usw.); und zugleich zur Mitte hin der FDP so heftige Avancen machen, daß sie kippt und in eine Ampel geht.

Am Ende des FAZ-Interviews gibt Scholz seine Wahlprognose ab: "Wir werden aufholen und am Ende sogar leicht vor der Union liegen". Noch vor wenigen Monaten hätte das reichlich aufschneiderisch geklungen. Inzwischen führt die SPD einen perfekten Start in den Wahlkampf vor, während die Union in Schreckstarre verharrt.

Ich halte Scholz' Prognose, was das Aufholen angeht, für nur allzu realistisch. Daß man gleich die Union überholen wird, mag Wunschdenken sein, oder vielmehr Wahlkampf- Getöse. Aber das ändert nichts an den positiven Aussichten der SPD, wie das in diesem Blog vor zwei Wochen zu lesen war:

In den Umfragen liegen Schwarzgelb und die Volksfront nahezu gleichauf. Aber die SPD wird - so, wie es im Augenblick aussieht - den besseren Wahlkampf führen. Nach dem 27. September wird es unter diesen Bedingungen zu Schwarzgelb nicht reichen. Dann wird die FDP mit Zuckerbrot und Peitsche (nämlich dem moralischen Druck, sich ihrer "staatspolitischen Verantwortung" nicht zu entziehen) in die Ampel geholt werden.

Dort würde sie, die FDP, das Dasein eines Kümmerlings fristen. Zurück kann sie dann nicht mehr, wenn sie erst einmal gesprungen ist. Aber die SPD kann sich ihrer jederzeit mit Hilfe der Kommunisten entledigen. Sie muß das gar nicht wirklich tun; allein diese Option wird die FDP in einer solchen Koalition zum Kuschen zwingen. Sie säße in der babylonischen Gefangenschaft der SPD.

Das ist das Szenario, das ich im Augenblick für das wahrscheinlichste halte. Aber vielleicht erkennt man ja im Thomas- Dehler- Haus noch die Falle; und die FDP legt sich doch noch fest, nach dem 27. September nicht in ein Kabinett Steinmeier einzutreten.

Das wäre nicht nur gut für die FDP. Es würde nicht nur die Chancen von Schwarzgelb erhöhen, doch noch im Wahlkampf in die Offensive zu gehen; nämlich gemeinsam. Sondern es würde auch den SPD- Strategen einen Strich durch die Rechnung machen.



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