6. April 2009

Zitat des Tages: "Frieden und Sicherheit einer Welt ohne Atomwaffen" strebt Obama an. Wäre denn eine Welt ohne Atomwaffen friedlich und sicher?

So today, I state clearly and with conviction America's commitment to seek the peace and security of a world without nuclear weapons.

(So verkünde ich heute mit Klarheit und aus Überzeugung die Verpflichtung Amerikas, den Frieden und die Sicherheit einer Welt ohne Atomwaffen anzustreben).

Präsident Obama gestern in seiner Rede auf dem Hradschin- Platz in Prag.



Kommentar: Wäre eine Welt ohne Atomwaffen dank der Abwesenheit dieser Waffen friedlich und sicher? Ich sehe dafür keinen Anhaltspunkt.

Seit es Atomwaffen gibt, hat sich etwas Bedeutsames in der Weltpolitik geändert: Konflikte zwischen Großmächten werden seither nicht mehr militärisch ausgetragen.

Das ist außerordentlich bemerkenswert, denn es widerpricht allen Erfahrungen der Weltgeschichte.

Wenn sich zwei Großmächte gegenüberstanden, wie in der zweiten Hälfte des Zwanzigsten Jahrhunderts die USA und die UdSSR, dann führte ihr beiderseitiges Machtstreben unweigerlich zum Krieg; oft zu wiederholten Kriegen, bis ein Sieger feststand. Ägypten und Babylonien; Griechenland und das Perserreich; Rom und Karthago; das Arabische Reich und das Abendland; Spanien und England; Preußen und Österreich; Frankreich und Preußen.

So war es bis zum Zweiten Weltkrieg, einschließlich diesem. Aber seither ist es nicht mehr so. Als die Spannungen zwischen den USA und der UdSSR nach 1945 stetig wuchsen, erwarteten viele den Dritten Weltkrieg. Er fand nicht statt.

Das nukleare Gleichgewicht hat es verhindert, daß die USA und die UdSSR in den Krieg gegeneinander gezogen sind. Die Atomwaffen haben es später ebenso verhindert, daß das aufstrebende China seinen Konflikt mit der UdSSR militärisch austrug. Sie verhindern es heute, daß der sich abzeichnende Hegemonial- Konflikt zwischen China und den USA in einen Krieg münden wird.

Ein Krieg zwischen Atommächten ist als Mittel der Machtpolitik ausgeschlossen, denn er würde zu ihrer beider Vernichtung führen. Man hat dafür das Gleichnis der zwei Skorpione in einem Glas verwendet. Solange sie einander nicht attackieren, leben sie. Sticht der eine zu, dann bleibt dem anderen noch Zeit zum Zustechen, bevor sie beide sterben. Also sticht keiner zu.



Man kann mit guten, mit ausgezeichneten Gründen wünschen, daß die Atomwaffen, dieses Teufelszeug, wieder aus der Welt verschwinden. Man wäre dann immerhin vor einer Auslöschung großer Teile der Menschheit in einem atomaren Inferno sicher. Aber daß damit auch Frieden und Sicherheit ihren Einzug halten würden, ist nicht zu erkennen. Die Welt wäre weiter so unfriedlich und so unsicher wie eh und je. Sehr wahrscheinlich wäre sie noch unsicherer und noch weniger friedlich.

Nicht nur würde es wieder Kriege zwischen Großmächten geben können, vielleicht Weltkriege. Sondern Staaten, die sich allen Verboten zum Trotz Atomwaffen verschaffen, hätten dann die Möglichkeit, sich gegenüber jedem anderen Staat, selbt gegenüber jeder Großmacht, zur Hegemonie aufzuschwingen. Einige Atomraketen würden Millionen- Heere aufwiegen, ja übertreffen. Ein außerordentlicher Anreiz also zur heimlichen Atomrüstung. Wie will man diese verhindern?

Wie leicht es ist, Kontrollen zu umgehen, zeigen Nordkorea und der Iran. Wenn sie atomar gerüstet sein werden, wird man sie unter den heutigen Bedingungen durch Gegendrohungen in Schach halten können. In einer Welt nach den Vorstellungen Obamas nicht mehr.



Was haben sich also die Berater Präsident Obamas gedacht, als sie sich entschlossen, die USA auf die Verpflichtung festzulegen, eine Welt ohne Atomwaffen anzustreben? Haben sie wirklich durchdacht, wie die Welt aussehen wird, wenn dieses Ziel erreicht ist? Haben sie überlegt, wie man dann den Dritten, den Vierten Weltkrieg, wie man die Hegemonie atomarer Schurken verhindern kann?

Vielleicht ist das alles durchdacht. Ich bezweifle es aber. So, wie ich bezweifle, daß Obama sein anderes großes Versprechen wirklich durchdacht hatte. Er machte es am 3. Juni 2008:
... I am absolutely certain that generations from now, we will be able to look back and tell our children that this was the moment when we began to provide care for the sick and good jobs to the jobless; this was the moment when the rise of the oceans began to slow and our planet began to heal.

... bin ich vollkommen sicher, daß wir Generationen später zurückblicken und unseren Kindern sagen können, daß dies der Augenblick war, als wir begannen, den Kranken Versorgung den Arbeitslosen gute Arbeit zu geben; daß dies der Augenblick war, als sich der Anstieg der Ozeane verlangsamte und unser Planet zu heilen begann.
Der "Augenblick", den Präsident Obama meinte, war derjenige, an dem seine eigene Nominierung zum Präsidentschafts- Kandidaten feststand. Sie können sich das Video dieser Rede hier ansehen.

Das Versprechen, den Anstieg der Ozeane zu verlangsamen und die Welt zu heilen, machte der Kandidat Obama; da mag dergleichen Vollmundigkeit noch angehen. Aber die Verpflichtung, eine Welt ohne Atomwaffen herbeizuführen, ist am 5. April 2009 der Präsident Barack Obama im Namen der Vereinigten Staaten von Amerika eingegangen.

Auch Präsident Kennedy hatte seine Amtszeit mit einem großen Versprechen begonnen; nämlich dem, innerhalb eines Jahrzehnts Menschen auf dem Mond landen zu lassen. Das war äußerst ehrgeizig; es war ein mutiges Ziel. Aber doch eines, dessen Realisierbarkeit, dessen Chancen und Risiken genau abgewogen waren. So, wie man das vom Präsidenten der Vereinigten Staaten erwartet.



Für Kommentare bitte hier klicken.