11. April 2009

Zitat des Tages: "Ein großer Erfolg der Ostermarschierer". Anmerkungen zum dreifachen Steinmeier

Die europäische Bewegung, die vor 50 Jahren mit der Kampagne für nukleare Abrüstung begann, kann nach langen politischen Auseinandersetzungen einen großen Erfolg verbuchen.

Frank-Walter Steinmeier in einer Erklärung zu den diesjährigen Ostermärschen.

Kommentar: Dieses Satz Frank-Walter Steimeiers ist aus drei Gründen interessant.

Erstens als ein Satz des Ministers Steinmeier. Der "große Erfolg", den Steinmeier den Ostermarschierern attribuiert, besteht nämlich nach seiner Ansicht in der "jüngste(n) Erklärung der Präsidenten Barack Obama und Dmitrij Medwedjew, die Atomwaffenarsenale massiv zu reduzieren". Und daraus wiederum leitet er ab, daß die USA ihre Atomwaffen aus Deutschland abziehen sollten. Die "Süddeutsche Zeitung":
Im Magazin Spiegel forderte Steinmeier den Abzug der letzten in Deutschland lagernden US-Atomwaffen und geht damit auf Gegenkurs zu Kanzlerin Merkel. "Diese Waffen sind heute militärisch obsolet", sagte der SPD-Politiker. Er werde sich dafür einsetzen, dass die verbliebenen Sprengköpfe abgezogen würden.
Hier ist das Bemerkenswerte, daß sich der Minister Steinmeier (wieder einmal) über die Kabinettsdisziplin und die Richtlinienkompetenz der Kanzlerin hinwegsetzt. Ohne einen entsprechenden Kabinettsbeschluß prescht er in einer so wichtigen Frage vor; so als sei er der Oppositionsführer und nicht der Vizekanzler dieser Regierung.

In keinem ordentlich regierten Staat gibt es so etwas. Aber von Steinmeier sind wir es inzwischen gewohnt. Seine Eigenmächtigkeit ging ja schon so weit, daß er dem noch nicht einmal im Amt befindlichen Barack Obama einen anbiedernden "Offenen Brief" schrieb, statt in Abstimmung mit der Kanzlerin die üblichen diplomatischen Kanäle zur Kontaktaufnahme zu nutzen.

Bemerkenswert ist der Satz zweitens als ein Satz des Linken Steinmeier. Dieser graue Mann, der die Karten immer so eng an die Brust drückt, daß er sie selbst kaum sehen kann, gilt seltsamerweise als ein Mann der Mitte, ja manchmal als SPD-Rechter. Nichts deutet aber darauf hin, daß er das ist.

Bevor er die Laufbahn der Grauen Eminenz einschlug, hat er sich politisch sehr eindeutig positioniert, und zwar ganz linksaußen in der SPD; dort, wo auch die Zusammenarbeit mit Kommunisten nicht tabuisiert ist. Als er kürzlich Mitglieder der Partei "Die Linke", die nicht auf der orthodoxen Parteilinie sind, als "Sektierer" bezeichnete, da bediente sich Steinmeier noch einmal der Diktion, die er damals gelernt haben dürfte.

Die Bewegung "Kampf dem Atomtod", die Bewegung der jetzt von Steinmeier gerühmten Ostermarschierer also, wurde teils von diesem DKP-nahen (anfangs noch KPD-nahen) Flügel der SPD getragen, teils von der KPD bzw. DKP selbst sowie von sogenannten "undogmatischen Linken". An solche Leute ist Steinmeiers jetzige Erklärung offensichtlich adressiert.

Und damit sind wir bei dem Wahlkämpfer Steinmeier. Die Führung der SPD hat es traditionell vermieden, sich mit den Ostermarschierern zu solidarisieren. Wenn Steinmeier es jetzt ostentativ tut, dann schlägt der Wahlkämpfer Steinmeier damit zwei Fliegen mit einer Klappe:
  • Zum einen biedert er sich bei Linken an. Den Kommunisten soll das Wasser abgegraben werden, indem Steinmeier sich in die linke Tradition stellt, die die Partei "Die Linke" für sich reklamiert.

  • Indem Steinmeier diese Tradition mit der jetzigen Politik des Präsidenten Obama verknüpft, schlägt er zugleich das Thema an, das außenpolitisch den Wahlkampf der SPD bestimmen dürfte: Wir, die SPD, sind im Tritt mit der neuen US-Regierung. Wir wollen das, was auch Obama will. Die Kanzlerin hingegen wird man mit Bush in Verbindung bringen; sie als nicht mehr auf der Höhe der Zeit befindlich darstellen.
  • Der erwähnte "Offene Brief" Steinmeiers hat das bereits Anfang des Jahres angekündigt: Steinmeier will sich im Wahlkampf als derjenige präsentieren, der den besseren Draht zu den USA des Präsidenten Obama hat. Etwas von Obamas Glanz soll auf ihn fallen.



    Nicht schlecht ausgedacht. Bestens ausgedacht als flankierende Maßnahme zu dem Konzept für einen innenpolitischen Wahlkampf, auf das die SPD-Spitze sich am vergangenen Dienstag laut "Spiegel- Online" verständigt hat.

    Und die Union? Die Kanzlerin ist mit dem Regieren beschäftigt. Die CDU-Zentrale scheint noch damit befaßt zu sein, herauszufinden, wann denn die nächsten Bundestagswahlen stattfinden.



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