12. April 2009

Zettels OsterfragerEi (4): Warum sind wir Deutschen (bisher) in der Krise so gelassen geblieben? Ganz anders als die Franzosen

Es mag Zufall gewesen sein, aber es hatte etwas Symbolisches: Die Demonstrationen gegen den Nato-Gipfel in Baden-Baden und Straßburg blieben auf der deutschen Seite überwiegend friedlich, während sie jenseits des Rheins fast schon den Charakter einer Aufruhr annahmen; mit Brandstiftungen, Plünderungen und diversen sonstigen Gewalttaten als Krönung des "Friedensmarschs".

Aufruhr - damit kann man in diesen Tagen Manches in Frankreich kennzeichnen. Nicht nur Aktionen, sondern auch die Stimmung in einem Teil der Bevölkerung; einem freilich großen Teil, vielleicht der Hälfte.

Bereits im Januar gab es eine Aktion, die von den französischen Kommunisten und ihren Verbündeten als "Generalstreik" deklariert wurde. Im März wiederholte sich das Spektakel.

Ich habe damals darauf hingewiesen, daß nicht "die Franzosen" demonstrierten, sondern nur eine Minderheit. Aber die Unterstützung für diese Minderheit ist doch ganz erheblich. Eine Umfrage nach den Demonstrationen im März ergab die "Solidarität" von nicht weniger als 62 Prozent der Befragten mit den Demonstranten; was immer hier unter Solidarität zu verstehen ist.

Bezeichnend, auf eine makabre Weise bezeichnend, ist die Haltung der Franzosen zu den sogenannten Séquestrations de PDG. Was ist das? Extremisten bemächtigen sich des Sptzenmanagers eines Unternehmens und halten ihn mehr oder weniger lang gefangen. So widerfuhr es kürzlich den Chefs von Sony France, von 3M in Pithiviers; so widerfuhr es fünf Managern von Caterpillar in Grenoble.

Und wie finden die Franzosen das? Sie sind tief gespalten. Heute erscheint dazu eine Umfrage, über die der Nouvel Observateur gestern vorab berichtete.

Drei Meinungen waren vorgegeben, zwischen denen die Befragten sich entscheiden sollten. 27 Prozent entschieden sich für "Das ist ein Vorgehen, das ich angesichts der Schwere der Krise billige". Nur 23 Prozent wählten "Das ist ein Vorgehen, das ich ablehne und das bestraft werden sollte". 50 Prozent entschieden sich für ein Sowohl-als-auch: "Das ist ein Vorgehen, das ich ablehne, das aber straffrei bleiben sollte".



Man stelle sich vor, was in Deutschland los wäre, wenn Extremisten Mitglieder der Leitung ihrer Unternehmen gefangen setzen würden! Aber wir brauchen uns das nicht vorzustellen, denn es wird nicht stattfinden.

Während - nein, nicht "die Franzosen", aber doch die, grob gesagt, linke Hälfte der französischen Gesellschaft in Aufruhr ist; während in Frankreich der Kommunist Olivier Besancenot monatelang in den Umfragen als der "beste Gegenspieler " von Nicolas Sarkozy an der Spitze lag, interessieren wir Deutsche uns vor allem dafür, daß die Abwrackprämie nicht vorzeitig ausläuft.

Wie kommt es, daß Deutsche und Franzosen so verschieden auf die Krise reagieren? Liegt es an der jeweiligen aktuellen Situation? Liegt es an historischen Traditionen? Gibt es noch andere Gründe?

Warum bewahren wie Deutschen kühlen Kopf; in einem nachgerade atemberaubenden Maß? Die schlimmste Krise seit 1929 wird uns prophezeit. Wir aber planen weiter unseren Urlaub, freuen uns auf das neue Auto, interessieren uns mehr für den Niedergang von Bayern München als für den der deutschen Exportwirtschaft.

Oder ist das gar nicht so? Beschreibe ich hier nur eine Oberfläche, unter der es brodelt?



Es ist Tradition in diesem Blog, daß zu Ostern eine kleine Sonder- Serie läuft. Im Jahr 2007 war es Zettels Oster- LobhudelEi, in der ich u.a. ein positives Bild unserer Geschichte seit 1945 gezeichnet habe. Vergangenes Jahre begann die Serie Zettels OsterfragerEi, die jetzt ihre Fortsetzung findet.

Wie immer bei der OsterfragerEi bitte ich um Antworten. Wie immer gibt es dazu einen Thread in "Zettels kleinem Zimmer". Wer seine Meinung beisteuern möchte, sich dort aber nicht anmelden mag, der kann mir gern auch eine Mail schicken; ich füge sie dann in den Thread ein. Die Adresse sehen Sie, wenn sie rechts oben auf das kleine Bild von Zettels Haus klicken und dann unter Contact auf Email.



Die Titelvignette zeigt die Signatur Karls des Großen, des letzten Herrschers von sowohl Deutschland als auch Frankreich. Sie ist copyrightfrei, weil der Urheber schon länger als 70 Jahre tot ist.