9. Juni 2007

Randbemerkung: Ein erstaunlicher Sender - "Al Jazeera English"

Seit Ende vergangenen Jahres ist ein neuer Nachrichtensender im Stil von CNN auf Sendung: "Al Jazeera English". Ich habe ihn erst jetzt entdeckt, als ich wieder einmal einen Sendersuchlauf gestartet habe.

Ich habe nicht viel von ihm erwartet. "Al Jazeera" - dieser Sender taucht ja bei uns meist in den Nachrichten auf, wenn es um Verlautbarungen oder Videos von Terroristen geht.

Nun habe ich diesen Sender einige Tage regelmäßig gesehen. Und bin aus dem Staunen nicht herausgekommen.

Berichterstattung nicht allein über den Nahen Osten, sondern über Ereignisse weltweit. Mit einem Schwerpunkt fast eher in Asien als in der arabischen Welt.

Eine weitgehend faire, objektive Berichterstattung. Keine pro- westliche, das ist wahr. Aber eben auch keine anti- westliche.

Heute hat zum Beispiel David Frost erst eine Sprecherin der Palästinenser interviewt und anschließend die israelische Botschafterin in London. Er hat - soweit ich das beurteilen kann - beide gleich hart und gleich fair befragt, wie es die Art guter britischer Journalisten ist.



Gestern habe ich ein Interview von Anand Naidoo gesehen, einem anderen Star- Journalisten, den "Al Jazeera" eingekauft hat.

Der Befragte war der senegalische Präsident Abdoulaye Wade, ein knorriger, herrischer Einundachtzigjähriger. Nach Jahrzehnten in der Opposition, nach Gerichtsverfahren und Gefängnis war er am Ende, vor sieben Jahren, doch noch an die Macht gekommen.

Er sagte unter anderem sinngemäß, die Ölpreise seien so stark gestiegen, daß jetzt die entwickelten Länder - er nannte die USA, Europa und interessanterweise auch China - die zusätzlichen Kosten für Afrika übernehmen müßten.

Naidoo hielt dem entgegen, daß es ja auch afrikanische Ölstaaten gebe, und daß die Erlöse aus deren Erdöl überwiegend auf Schweizer Konten der Herrschenden landeten, statt für die Entwicklung Afrikas eingesetzt zu werden.

Darauf antwortete Wade - ich bezeuge es, was ich wohl muß, weil es so absurd ist - , er habe die Frage nicht verstanden, weil anscheinend der Ton gestört sei. Daraufhin wiederholte Naidoo die Frage. Und nun antwortete Wade, indem er etwas über die Preisbildung auf den Ölmärkten erzählte.

Auf die Frage ging er auch beim zweiten Anlauf mit keinem Wort ein. Naidoo resignierte wohl an dieser Stelle; jedenfalls hat er die Frage nicht ein drittes Mal gestellt.



Also, mir scheint, es lohnt, "Al Jazeera English" zu verfolgen.