26. März 2020

Konzepte

Gestern habe ich mich darüber ausgelassen, dass es kein Konzept gibt, sondern nur stochern im Nebel und vor einiger Zeit hat ein Zimmermann vorgeschlagen, doch einfach mal Ideen zu sammeln, was in der Krise zu tun ist. Das ist eigentlich gar keine schlechte Idee, denn mäkeln kann natürlich jeder, aber sich Gedanken zu machen, wie man es besser machen könnte, ist eine andere Ebene.

Bekanntlich gibt es in Deutschland gut 80 Millionen Bundestrainer, insofern gibt es keinen Grund warum es nicht auch 80 Millionen Chefvirologen geben soll. Und warum nicht? Gemessen an dem, was die Bundesregierung abliefert (oder eher nicht abliefert), glaube ich nicht, dass sich diese 80 Millionen Chefvirologen dümmer anstellen würden. Im Gegenteil, frei von politischen Überlegungen und der Macht der eigenen Person, lässt es sich oftmals deutlich freier denken. 

Und so lade ich jede ein sich auch im kleinen Zimmer mal Gedanken zu machen, was man eigentlich tun könnte, um die Lage zu verbessern. Und sei es nur im kleinen. Und vielleicht, und nur ein kleines vielleicht, liest es ein anderer, der es irgendwo weitergibt und irgendwohin trägt. 

Meine eigenen Ideen möchte ich natürlich ebenso anbringen, wobei ich gerne zugebe, dass mir die Ideen fürs Große eher nicht so nahe liegen. Ideen wir "wir müssen jetzt 20 Millionen Menschen isolieren" finde ich zum einen wenig praktikabel,  noch bin ich arrogant genug solche Maßnahmen wirklich letzten Endes erfassen zu können oder zu wollen. Ich denke kleine Dinge, die aber "out of the box" gedacht sind, sind deutlich nützlicher. So fand ich beispielsweise die Personalkooperation zwischen Aldi und McDonalds ausgesprochen pfiffig. Das ist nicht die Rettung der Menschheit, aber es ist eine schöne Idee abseits des Mainstreams. 

Doch genug herum geschwafelt, ich hätte noch folgende Ideen:

1. In Deutschland gibt es derzeit 28.000 Intensivbetten mit Beatmungsgeräten. Letzteres dürfte die kritische Komponente sein, denn die diversen Geräte, die auf Intensivstationen so rumstehen, werden eigentlich gar nicht alle gebraucht. Was es braucht sind Atemgeräte. Entgegen dem was einige Leute glauben ist Sauerstoff selber keine knappe Größe. Ich komme aus der Stahlindustrie und da wird soviel Sauerstoff erstellt, dass das bischen was in Atemgeräte fließen kann in der Größenordnung lächerlich liegt. Was fehlt sind die Beatmungsgeräte. Marktführer für Beatmungsgeräte ist in Deutschland die Firma Drägerwerk, ein 15.000 Mann Unternehmen mit etwa 2,5 Milliarden Euro Umsatz im Jahr (und einer bisher ausgesprochen schlechten Rendite). Die Aktien gehen zwar derzeit durch die Decke, aber sie hat einen Wert von um die 2 Milliarden Euro. Der Bund hat 10.000 Atemgeräte bei Dräger bestellt (das ist auch ein Grund für den Aktienboom). Das dumme ist, Dräger wird lange, sehr lange brauchen um die Dinger herzustellen. Weil man eben nicht mehrere Jahresproduktionen in zwei Monaten herstellen kann. Das blöde ist hier: Wir haben hier Know-How, aber wenig Produktionskapazität. Warum geht der Bund nicht hin und kauft die Firma Dräger, oder auch nur das Know-How dazu und stellt die Daten einen Tag später ins Internet? Und ermöglicht damit hunderten von chinesischen, koreanischen, taiwanesischen, aber auch deutschen und amerikanischen Unternehmen von heute auf morgen die Dinger schnell zusammenzukloppen. Gleichzeitig ermöglicht man den Ingenieuren bei Dräger ihr Wissen schnell weiterzugeben und jedem zu helfen, die Dinger schnell zu bauen. Ja, die würden kaum die selbe Qualität haben, aber in Situationen in Italien oder Spanien ist eine mittelmäßige Maschine, die vielleicht nicht 10 Jahre lang hält und nie einen Fehler macht, deutlich besser als GAR KEINE Maschine. 
Ich mache jede Wette, in weniger als drei Monaten wäre der Markt überflutet mit chinesischen Maschinen und zwar in zehntausender Stückzahlen. Damit könnte fast jedes europäische Land seine Atemgeräte in dieser Zeit vervielfachen.Ja, es braucht auch noch Personal. Aber das kann man schulen. Und nicht jeder, der Hilfsdienste leistet um Menschenleben zu retten, muss eine examinierte Fachkraft sein. Die Kosten sind im Vergleich zu dem, was uns derzeit der Lockdown kostet, grotesk lächerlich.

2. Ebenso braucht es Atemmasken.Und eben nicht nur in Krankenhäusern. Wenn die Bundesregierung verkündet sie habe Atemmasken im zweistelligen Millionenbereich bestellt, bzw. wenn es ein Problem ist, dass fünf Millionen Masken in Kenia verschwunden sind, dann kann man nur müde husten (no pun intended). Wenn wir uns als Gesamtheit schützen wollen, dann wäre es sinnvoll für einige Zeit generell Masken in der Öffentlichkeit zu tragen (so wie es in Tschechien derzeit angeordnet ist). Warum? Weil es vor allem vor Infektionen durch stille Träger schützt. Es ist sicher richtig, dass eine einfache Maske nur begrenzt davor schützt angesteckt zu werden (begrenzt nebenbei, Schutz ist es dennoch). Es schützt dagegen deutlich mehr, wenn der, der es hat, eine trägt. Und die Kosten sind nicht so sensationell. Auch heute nicht. Jetzt wird man mir sicher entgegen, es gäbe ja gar keine Masken. Aber das ist schlicht falsch. Das ist eine Frage des Geldes. Wenn die Bundesregierung derzeit keine bekommt, dann hat das nicht zuletzt damit zu tun, dass sie meint, wenn sie Millionen bestellt, auch entsprechende Rabatte zu bekommen. Und in der Folge bekommt sie wenig. Man kriegt durchaus welche, wenn man nicht zu sehr auf den Preis drückt. Ich habe mir als Privatier vor drei Wochen welche bestellt. Und das war überhaupt kein Problem. Die kamen -natürlich- aus China, bzw. aus einem europäischen Lager eines chinesischen Verkäufers. Und seit Anfang der Woche sind sie da. Das war überhaupt kein Problem. Was Deutschland bräuchte wären hunderte von Millionen Masken pro Monat. Und die Dinger sind ja kein Hexenwerk, wer bereit ist etwas mehr als nur ein paar Cent pro Maske zu zahlen, der findet auch einen Produzenten. Nur ist dieses Denken eben nicht das der Bundesregierung und ihrer Beschaffungsstelle. So simpel das klingt: Selbst ein Tuch vor dem Mund ist besser als keins. 

3. Testen. Testen. Und nochmal testen. Diese Botschaft ist, obwohl sie permanent auch von den echten Virologen gehämmert wird, immer noch nicht angekommen. Südkorea hat es in kürzester Zeit geschafft hunderttausende von Leuten zu testen. Wenn in Deutschland aus Kostengründen auf Tests verzichtet wird, ist das ein nicht zu rechtfertigendes Armutszeugnis. Selbe Geschichte: Wer zahlt, kriegt auch Tests. 

4. Heimisolation. So ein Schwachsinn. Die Chinesen haben rein statistisch festgestellt, dass 80% aller Infektionen in der Familie statt finden. Wenn ich jemanden nach Hause schicke, dann steckt der mit nahezu absoluter Sicherheit alle seine mit ihm lebenden Angehörigen an. Was gleich aus zwei Gründen verheerend ist. Zum einen gehören dann die Angehörigen zum selben Pool, der potentiell ein Atemgerät braucht (die ja eben knapp sind), zum anderen ist die Chance, dass mehrere Angehörige dass dann auch weiter verbreiten auch nicht null. Bei wem Corona nachgewiesen wird, der muss ernsthaft isoliert werden. Wo? Zum Beispiel in den Containerstätten, die wir für Merkels Gäste gebaut haben, aber noch besser in den tausenden von Hotels, die jetzt leer stehen. Die Hoteliers gehören genau zu der Gruppe, die ohnehin mit dem Rücken an der Wand stehen und es ist besser, zigmal besser, wenn der Bund zwei Wochen die Hotelrechnung für einen "Corona-Isolanten" bezahlt, als das dieser weitere Familienangehörige ansteckt. 

5. Fieberscanner. Das verstehe ich noch am Allerwenigsten. In nahezu alle asiatischen Ländern sind Fieberscanner an nahezu allen öffentlichen Punkten wie Flughäfen oder Bahnhöfen zu finden. Man wendet immer dagegen ein, dass damit ja nicht alle erkannt werden, weil es auch (jede Menge) Corona Fälle gibt, die kein Fieber entwickeln. Das stimmt.  Aber die Hälfte der Leute, die Fieber entwickeln, die kann man erkennen. Und wer jetzt einwenden möchte, das merkt man doch selber, so muss ich sagen: Nein, das tut man nicht. Ich bin aufgrund meiner Kinder ein Mensch gewordenes Fieberthermometer. Ich kann unterscheiden ob ein Kind normal temperiert ist, oder ob es über 38 hat. Durch Stirnfühlen. Aber ich merke nicht, wenn ich selber 37,8 habe. Und wie gesagt, ich kann das ziemlich gut, besser als die meisten vermutlich. Ein Scanner aber kann das. Und die kosten doch nicht die Welt. Herrschaftszeiten, selbst wenn man jedem erwachsenen Deutschen ein Stirnthemometer schenken würde und sich jeder morgens messen würde, würde das noch keine halbe Milliarde Euro kosten. Und natürlich gibt es tonnenweise false positives. Allerdings: Wo ist das Drama? Mit 38 Grad sollte man auch so nicht groß rausgehen. Andere Infekte muss man auch nicht verbreiten. Vielfach wird argumentiert, dass man mit solchen Methoden viel übersieht. Das stimmt auch. Und trotzdem ist es sinnvoll. Wir kommen derzeit nicht mehr dahin, dass wir den Einzelnen "Patienten null" finden und suchen, wir müssen den Verbreitungsgrad in der Masse reduzieren. Dazu ist das sehr gut geeignet. 

Das wären die ersten fünf, die mir so die letzten Tage durch den Kopf gingen. Vielleicht hat jemand noch bessere Ideen. Oder einen Grund warum das alles Unsinn ist. Keine Sorge, ich bin da nicht nachtragend. 


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Llarian

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