Ganz Deutschland liegt im Lockdown. Fast ganz Deutschland. Die Chinesen legten es vor, die Italiener notgedrungen nach und jetzt eben auch die Deutschen. Die Chinesen haben das Problem fast besiegt, die Zahl der Neuansteckungen ist nahezu null, die ersten Beschränkungen sind bereits aufgehoben, mit weiteren ist zu rechnen. Nun sollte eigentlich Italien auch dahin kommen, oder? Tut es aber nicht. Im Gegenteil. Während in China zwei Wochen nach dem Lockdown die Zahlen dramatisch einbrachen, passiert das Ganze in Italien leider nicht. Und dieser Autor versteigert sich zu der Prognose, das wird in Deutschland nicht anders sein.
Warum? Weil es zwei zentrale Unterschiede zwischen der chinesischen und der europäischen Situation gibt und gab. Der erste ist der Grad der Schwere. Die Chinesen hatten zu Beginn ihres Lockdowns eine deutlich bessere Ausgangslage als Italien heute. In Italien ist der Virus überall, in China war er zunächst auf den Großraum Hubei eingeschränkt mit nur sehr seltenen Infektionen in anderen Landesteilen. Weit wichtiger ist aber der andere Unterschied: Die Chinesen verfolgten mit dem Lockdown ein Konzept und isolierten jeden, der mit dem Virus infiziert war durch ein dreistufiges Verfahren (Körperscan/Fieber -> CT -> Corona-Test). Nach positivem Test erfolgte eine sofortige Isolation. Dieses Konzept ging auf.
In Italien dagegen, genau wie auch in Deutschland, gibt es eigentlich gar kein Konzept (oder man hat es zumindest nicht so laut verkündet, dass dieser Autor es mitbekommen hätte). Der Lockdown ist erfolgt, und vermutlich werden wir auch eine deutliche Reduktion der Neuansteckungen beobachten (böse Zungen würden sagen, dass passiert in Deutschland ohnehin, weil bei weitem zu wenig getestet wird), aber das Problem wird sich nicht in zwei, auch nicht in vier Wochen lösen. Dafür ist die Erkennung zu schlecht (welche Erkennung eigentlich?), die Asiquote wiederum zu hoch. Oder anders formuliert: Selbst wenn das Land vier Wochen in Lockdown gehen würde (und das wäre schon brutal), ist das Virus noch lange nicht platt. Und wenn der Lockdown dann aufgehoben würde, so ginge der ganze Kram von vorne los.
Prinzipiell ist dieser Autor, auch wenn das kontrovers ist, der Meinung, dass man auch hohe Preise zahlen kann, wenn dadurch einigen hunderttausend Menschen das Leben, egal ob das nun 10 oder 50 Jahre sind, gerettet wird. Die Kosten sind hoch, aber der Gewinn ist es auch. Aber, und das ist das entscheidende aber, was bekommen wir denn derzeit für unser Geld? Nicht viel. Denn der Preis wird bezahlt, der Gewinn ist dagegen fragwürdig. In Italien ist inzwischen aufgrund der katastrophalen, kriegsähnlichen Situation in den Krankenhäusern, der politische Irrsinn ausgebrochen. Man legt die Produktion des ganzen Landes nieder, damit wird der Preis den man zahlt, noch einmal potenziert. Aber wieder: Mit welchem Nutzen? Kann man das Virus so besiegen? Das ist zumindest nicht übermäßig wahrscheinlich.
Wer meint, er könne es den Chinesen gleich tun, der muss auch ihre Methoden genau betrachten. Besser noch verstehen. Der Lockdown ist nur ein Mittel zum Zweck gewesen, aber nicht der Zweck selbst. Nur ihn zu kopieren ist nicht zielführend. Und es ist auch fragwürdig, ob es überhaupt noch möglich wäre, China zu kopieren, denn wie schon erwähnt, die Ausgangslage ist eine gänzlich andere.
Jetzt kann es ja sein, dass das auch alles Unsinn ist. China soll ja (das sagen zumindest Politik und Presse) gar kein Vorbild sein, und in Deutschland macht man ja bekanntlich alles besser. Die deutsche Presse wird ja nicht müde zu erzählen, dass die Frau Bundeskanzler alles vom Ende her zu denken pflegt. Nun, das könnte ja sein (nein, nicht lachen, es könnte ja wirklich sein). Aber dann wäre es ja schön, wenn Sie uns dieses Ende einmal mitteilen würde. Was ist denn ihr Konzept? Und diese Frage darf man eigentlich nahezu allen europäischen Ländern stellen. Einer kopiert den anderen, weil er glaubt, das machen zu müssen, was alle machen, aber so richtig wissen wo man hin will, das verkündet kaum jemand.
Das ist ernsthaft erschreckend. Ich möchte mich nicht auf den Standpunkt stellen (wie das einige "Prominente" tun) und den Tod von einigen hunderttausend Menschen hinnehmen, weil es eben zu teuer wäre sie zu retten. Das erscheint mir menschenverachtend zu sein. Aber umgekehrt stellt sich auch die Frage, ob man diesen Menschen hilft, indem man erst vorher massiv das Land beschädigt, und am Ende doch nichts erreicht.
Wenn man die Zeit (und wir reden von maximal(!) sechs Wochen) nutzen könnte um zehntausende von Beatmungsgeräten zu bauen und zu installieren, um damit hunderttausend Menschen zu retten: Super. Das wäre ein Konzept, wenn es denn aufgeht.
Ebenso wäre es denkbar zu sagen, wir nutzen die Zeit, um Abermillionen Menschen zu testen und konsequent(!) zu isolieren. Wir nehmen das, was die Chinesen getan haben, und setzen noch was drauf. Auch denkbar.
Man könnte sogar (ethisch mehr als fragwürdig) gezielt gesunde, junge Menschen unter kontrollierten Bedingungen anstecken, um schnell zu einer Herdenimmunität zu kommen und durch die ganzen dann Immunen den Wirtschaftsbetrieb wieder aufrecht erhalten zu können. Auch das wäre ein Konzept.
All das wär denkbar und auch noch einiges mehr, aber dafür müsste es ein solches Konzept geben. Ich sehe keins. Ich sehe nur einen Überbietungswettbewerb in politischem Handeln. Und wenn man sieht wie die Deutschen das honorieren (CDU plus 5 Prozent und das bei wochenlanger Ignoranz und totaler und andauernder Inkompetenz bei dem Thema), dann habe ich keine großen Hoffnungen, dass es sich für einen Politiker lohnt, ein echtes Konzept vorzulegen. Man macht einfach was alle machen (dann kann einem keiner was vorwerfen). Und dafür wird man noch gelobt.
Nach derzeitiger Lage sehe ich vor allem drei Möglichkeiten, was passieren könnte.
1. Wir finden sehr, sehr schnell einen Impftstoff. Oder der Sommer hilft.
2. Die Durchseuchung ist bereits gigantisch und die Zahlen sinken über die Herdenimmunität alleine. Dann wäre Corona ein Riesenhoax gewesen.
3. Wir müssen die Maßnahmen lockern, sie werden ohnehin immer brüchiger, dadurch steigen die Fälle wieder an, am Ende werden nur durch das Abflachen der Kurve einige Menschen mehr gerettet. Aber sterben werden sehr viele.
Man kann also an Wunder glauben (oder auf eins hoffen, auszuschließen ist es nicht), man kann unterstellen, dass das alles nur Panikmache war (auch nicht so absurd) oder man zuckt mit der Schulter darüber, dass man ein Vermögen bezahlt hat ohne viel dafür zu bekommen.
Llarian
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